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STANDPUNKT/063: Kritik am nuklearen Sicherheitsgipfel in Den Haag (IPPNW)


IPPNW - 26. März 2014
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

"Solange Atomwaffen existieren, sind wir nicht sicher" (Obama, 2013)



Die Ärzteorganisation IPPNW kritisiert die Ergebnisse des nuklearen Sicherheitsgipfels in Den Haag als "Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe, Atomwaffen weltweit zu beseitigen". Auch wenn die nukleare Sicherheit wichtig ist: Die humanitären Folgen eines Einsatzes bleiben aus medizinischer Sicht das zentrale Thema. Zwei Staatskonferenzen zum Thema humanitäre Folgen von Atomwaffen in Norwegen 2013 und Mexiko 2014 haben diese Ansicht bestätigt. Noch in diesem Jahr treffen sich wieder Staaten in Wien, um darüber zu sprechen wie ein Atomwaffeneinsatz und seine katastrophalen Folgen für die Menschheit verhindert werden können.

Nukleare Sicherheit wurde auf dem Gipfel in Den Haag weitgehend auf das Thema Diebstahl von Materialien für den Bau von Atomwaffen begrenzt. Damit erkennen die nuklearen Lieferländer und Atomwaffenstaaten zwar an, dass ihre massiven Vorräte an spaltbaren Materialien ein Sicherheitsrisiko darstellen. Gleichzeitig halten sie trotz der Lehren aus Tschernobyl und Fukushima weiterhin an der zivilen Atomenergie fest. Die Gefahr, denen die Menschen aufgrund aller Atomkraftwerke weltweit ausgesetzt sind, wird verschwiegen.

Das Risiko für die Menschheit, das die 17.000 Atomwaffen weltweit darstellen (ca. 2.000 befinden sich auf höchster Alarmstufe) wurde in der Erklärung aus Den Haag nicht erwähnt. Ein Bruchteil der Tausenden von Unfällen mit Atomwaffen in den letzten knapp 70 Jahren hat der Autor Eric Schlosser in seinem Buch "Command and Control" beschrieben. Atomwaffen gehen verloren, Atomraketen explodieren, Flugzeuge mit Atomwaffen stürzen ab und U-Boote mit Atomwaffen an Bord sinken. Es gab eine Reihe von Fehlalarmsituationen, in denen die Welt bereits am Abgrund stand und das Glück hatte, dass vernünftige Leute zufällig die richtigen Entscheidungen trafen. Gleichzeitig mehrten sich in letzter Zeit Berichte über Alkohol- und Drogenmissbrauch, Schummeleien bei Eignungstests und schlechte psychische Zustände bei den US-Soldaten, die die Atomwaffen warten und sicherstellen sollen.

Die USA haben sicherlich die höchsten Sicherheitsstandards aller Atomwaffenstaaten. Über die Situation in Russland, China, Indien, Pakistan, Israel oder Nordkorea wissen die Experten sehr wenig. "Das größte Sicherheitsproblem besteht heute in der Gefahr, dass eine oder mehrere Atomwaffen eingesetzt werden, ob absichtlich oder aus Versehen, von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren," sagt Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin der IPPNW.

Die gesamte nukleare Kette birgt Gefahren für Mensch und Umwelt. Uran wird abgebaut, um Atomwaffen zu bauen sowie Atomkraftwerke zu betreiben. Es wird transportiert, verarbeitet und angereichert, bei der Wiederaufarbeitung wird Plutonium gewonnen. Bei all diesen Prozessstufen entstehen negative Gesundheitsfolgen. Die Herstellung von Atomwaffen und ihre Tests bergen weitere Gefahren. Nach wie vor ist die Frage der Entsorgung ungelöst und die Übergangslösungen belasten die Umwelt. Die IPPNW klärt über diese Probleme der nuklearen Kette auf. Die Ärzteorganisation fordert nicht nur die Ächtung und Abschaffung der Atomwaffen, sondern einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie und ein Verbot des Uranabbaus.


Die IPPNW ist eine berufsbezogene, friedenspolitische Organisation, die 1981 von einer Gruppe von Ärzten aus den USA und Russland gegründet wurde. Ihre Überzeugung: Als Arzt hat man eine besondere Verpfl ichtung zu sozialer Verantwortung. Daraus entstand eine weltweite Bewegung, die 1984 den UNESCO-Friedenspreis und 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Heute setzen sich Mediziner und Medizinerinnen der IPPNW in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten für eine friedliche, atomtechnologiefreie und menschenwürdige Welt ein.

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Quelle:
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2014