Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

ITALIEN/062: Referendumsergebnis in Spanien gibt Separatisten Italiens Auftrieb (Gerhard Feldbauer)


Referendumsergebnis in Spanien gibt Separatisten Italiens Auftrieb

Lega-Rassisten plötzlich solidarisch mit Internationalisten Kataloniens

von Gerhard Feldbauer, 14. November 2014



Wie nicht anders zu erwarten feiern die italienischen Separatisten enthusiastisch die Referendumsergebnisse in Katalonien, so wie sie bereits das Votum in Schottland begrüßten. Der Mythos des von der Lega Nord seit Jahren popularisierten unabhängigen Staates Padanien erhalte "neuen Auftrieb", schrieb "La Repubblica". Er erfasse nicht nur den Norden von Veneto bis Piemont, sondern auch die Inseln (Sardinien und Sizilien) und selbst die "roten" Regionen wie die Lombardei. Matteo Salvini, der 2013 Nachfolger des wegen Korruptionsaffären zurückgetretenen Lega-Gründers Umberto Bossi wurde, rufe "zur Schlacht für die Unabhängigkeit". Im Veneto seien 53 Prozent dafür, "Rom Addio" zu sagen. Während Berlusconis Partei im Bündnis mit den AN-Faschisten früher die Politik des "Los von Rom" der Lega abgelehnt habe, unterstützten in der Forza Italia heute 45 Prozent eine Trennung.


Freiheitliche möchten "heim nach Österreich"

Wiederhall auch in Südtirol, wo der Generalsekretär der Freiheitlichen Partei Südtirols, Simon Auer, "eine Signalwirkung für Südtirol" ausmacht und ihr Parteiobman, Walter Blaas, "den Weg Kataloniens einschlagen will". Die Freiheitlichen wollen schon seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges weg von Italien und am liebsten "heim nach Österreich", wo sie bis 1918 zur Habsburger Monarchie gehörten, ehe Italien Südtirol als Kriegsbeute für seinen Übertritt 1915 auf die Seite der Entente erhielt. Allerdings ist es in Südtirol, wo die Südtiroler Volkspartei (SVP) den Landeshauptmann (Regierungschef) stellt, und auf eine stärkere Autonomie setzt, für die Separatisten schwerer, Mehrheiten zu finden.


Ausgesprochen heuchlerisch

Ausgesprochen heuchlerisch wird es, wenn sich jetzt die für ihren offenen Rassismus und extreme Ausländerfeindlichkeit bekannten Legisten, die sich bei ihrer Gründung Anfang der 1990er Jahre an der faschistische Blut und Boden-Ideologie orientierten, ihre Anhänger in Fußballstadien den Holocaust feierten, Ausländer durch die Straßen jagten und auch zu Tode prügelten, in der letzten Regierung Berlusconi (2008 bis 2011) das schärfste Gesetz gegen Einwanderer in der EU durchsetzten, plötzlich den für ihren Internationalismus bekannten Katalonen Solidarität bekunden und sich an deren Kampf für das Selbstbestimmungsrecht ein Beispiel nehmen wollen. Der EU-Parlamentarier der Lega Gianluca Buonanno macht eine Kehrtwende und verurteilte plötzlich sogar die Sanktionen gegen Russland. Reine Demagogie ist auch, wenn die Separatisten eine Trennung vom Euro oder den Austritt aus der EU propagieren. Denn für ihre Unabhängigkeit suchen sie gerade Unterstützung aus Brüssel.

Die Separatisten vor allem der Lega Nord nutzen für ihren Unabhängigkeitskurs geschickt die wirtschaftliche Stagnation und die Abwälzung neuer Krisenlasten durch Premier Renzi auf die Volksschichten. Die im "Sparpaket" der Regierung in Rom vorgesehenen Ausgabenkürzungen treffen auch das Budget der Regionen und Kommunen. Der reiche Norden will für den armen Süden, der als Reservoir von Agrarprodukten und Millionen nach dem Krieg nach Norden abgewanderten billigen Arbeitskräften seinen wirtschaftlichen Aufstieg ermöglichte, keine Subventionen mehr aufbringen. Vordergründig geht es deshalb um wirtschaftliche und finanzielle Aspekte und darum, sich dem Spardiktat der EU zu entziehen, was von einflussreichen Kapitalkreisen unterstützt wird. Die Steuern (im Veneto, einer der reichsten Regionen Europas, gehen von jährlich 70 Mrd. Euro 20 an Rom) sollen in den Regionen (Ländern) verbleiben.


Lega stellt in zwei Ländern Regierungschef

Die Verelendung hat im Norden noch nicht das Ausmaß wie im Süden erreicht, vor allem im Veneto und in Südtirol, gibt es einen verhältnismäßig besseren Lebensstandard und eine geringere Arbeitslosigkeit. Das Versprechen, das zu erhalten, führt der Lega auch Arbeiterschichten zu. Im Veneto ist die Lega wie auch in der Lombardei stärkste Partei und stellt die Regierung, in mehreren Städten, so in Verona, den Bürgermeister.

Wie ANSA am 13. November meldete, griffen in Rom in der Nacht zum Mittwoch etwa 50 vermummte rassistische Schläger mit Messern und Schlagstöckern ein Flüchtlingsheim an und verletzten mehrere afrikanische Kinder und Jugendliche schwer.

*

Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2014


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang