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ITALIEN/091: Spaltung der Sozialdemokraten Ursache für PD-Niederlage in Ligurien (Gerhard Feldbauer)


Spaltung der Sozialdemokraten Ursache für PD-Niederlage in Ligurien

Linke warnen vor Unterschätzung der rechtsextremen Gefahr

von Gerhard Feldbauer, 3. Juni 2015


Die sozialdemokratische Demokratische Partei (PD) von Partei- und Regierungschef Matteo Renzi hat am Sonntag in fünf der sieben Regionen (Ländern) mit rund 26 Millionen Wählern gewonnen. Trotzdem herrscht Katzenjammer. Dass die PD in Venetien, der Hochburg der rassistischen Lega Nord verlieren würde, war einkalkuliert worden. Nicht aber, dass die Sozialdemokraten in Ligurien mit der Hafenstadt Genua, einer traditionsreichen Arbeitermetropole, ausgezeichnet mit der Goldmedaille des antifaschistischen Widerstandes, vom Kandidaten der faschistoiden Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi und der Lega geschlagen würde. So drehten sich am Dienstag, dem Nationalfeiertag der Bildung der Italienischen Republik, die am 2. Juni 1946 im Ergebnis des Sieges über den Faschismus proklamiert wurde, die Berichte in vielen Medien um die Frage nach den Ursachen eines verschenkten Sieges. Renzi versuchte erstmal, mit einem Besuch bei dem italienischen Truppenkontingent in Herat (Afghanistan) der Debatte zu entkommen. Zurückgekehrt beharrte er weiter, die Wahlsiege in fünf Regionen seien "ein sehr positives Ergebnis" und er werde seine Politik "der Erneuerung der Partei" und der "Veränderung des Landes" unverändert fortsetzen. Für die Wahlniederlage in Ligurien machte er die PD-Linken verantwortlich.

Aber am Dienstag kam die Flut der Kritik an seinem autoritären Führungsstil, seiner gegen die Gewerkschaften und die Arbeiter gerichteten Arbeitsmarktreform und der Ausschaltung des linken Parteiflügels aus jeder Mitsprache in der Partei über ihn. Die linksliberale Repubblica hielt ihm vor, dass dieser Regierungskurs "zu seiner ersten entscheidenden Niederlage" führte und er damit "die Spaltung der Partei" bewirkt habe. Renzis Politik, so das Blatt weiter, habe dazu geführt, dass sich in Ligurien, wo die PD zwei Wahlperioden (zehn Jahre) regierte, die Linken in der PD, der Linkspartei SEL, sowie Kommunisten und die Gewerkschaften mit dem früheren Chef der CGIL, Sergio Cofferat, hinter den aus Protest gegen Renzis rechte Politik aus der PD ausgetretenen Luca Pastorin stellten, der neun Prozent Stimmen erzielte. Renzi habe jede Erörterung eines gemeinsamen Kandidaten abgelehnt und auf der seinen Kurs unterstützenden Kandidatin Rafaella Paita bestanden. "Die Spaltung der Partei" habe den Sieg der FI und der Lega Nord ermöglicht. Der SEL-Vorsitzender Nichi Vendola nannte das Wahlergebnis den "härtesten Schlag", den der rechte Kurs Renzis erhalten habe.

Beobachter in Rom halten es nicht für ausgeschlossen, dass das linke Protestvotum in Ligurien ein Signal werden kann, dass sich die SEL und die linke PD-Basis entschließen könnten, eine neue Linkspartei ins Leben zu rufen. Auch in der Partei der Kommunistischen Neugründung (PRC) sind solche Überlegungen im Gange.

Aus dem Partisanenverband ANPI und von Kommunisten wird warnend darauf verwiesen, dass sich die extreme Rechte nach dem Zerfall der FI Berlusconis unter Lega-Chef Matteo Salvini neu sammelt, während die PD unter Renzi einer Vertiefung ihrer Spaltung entgegen gehe. Von Kommunisten des Contrepiano wird auf die Regionalwahlergebnisse der verschiedenen rechtsextremen Gruppierungen verwiesen: Lega 12,5, FI 10,7 und die faschistischen Fratelli Italiens mit 4,2. Deren zusammengenommen 27,4 Prozent steht die PD mit 23,7 Prozent gegenüber.

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2015

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