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ITALIEN/188: Rechte entfesselt Hetzkampagne gegen Gesetz zum Verbot faschistischer Propaganda (Gerhard Feldbauer)


Italiens extreme Rechte entfesselt Hetzkampagne gegen Gesetz zum Verbot faschistischer Propaganda

Zerstrittene Linke steht dem hilflos gegenüber

von Gerhard Feldbauer, 19. September 2017


Gegen das vergangene Woche im Parlament verabschiedete Gesetz zum Verbot faschistischer Propaganda entfesselt die extreme Rechte von Berlusconis Forza Italia (FI) über die faschistischen Fratelli/Brüder Italiens (Fd) bis zur rassistischen Lega Nord Matteo Salvinis mit ihren Vortrupps eine bisher beispiellose Hetzkampagne, um seine noch ausstehende Annahme im Senat zu verhindern.

Das Gesetz sieht vor, dass künftig die Verherrlichung des Faschismus, Propaganda für das faschistische Regime, so das Zeigen des Führergrußes, mit dem sich Hitler und Mussolini mit erhobenem rechten Arm grüßen ließen, unter Strafe gestellt und mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden können. Derartige Verherrlichung des faschistischen Regimes unter Diktator Benito Mussolini haben sich in jüngster Zeit gehäuft: Am Strand bei Venedig mit Ausstellungen über den "Duce", mit Gedenkkundgebungen auf dem Zentralfriedhof in Mailand für gefallene Soldaten der sogenannten Repubblica Sociale Italiano (RSI), in seinem Heimatort Predappio, wo Mussolini in einem Ehrenhain begraben ist, mit Feiern zu seinem 134. Geburtstag, mit der Zurschaustellung im Internet eines Hetzblattes zur Erinnerung an die von Mussolini 1937 erlassenen Rassengesetze. Bei allen Veranstaltungen wurden Mussolini und Hitlerbilder, keltische und Hakenkreuze und der "Führergruß" gezeigt, das faschistische Regime gefeiert und eine Wiedererrichtung verkündet. Jüngster Akt ist der Aufruf der faschistischen Forza Nuova, anlässlich des 95. Jahrestages von Mussolinis "Marsch auf Rom" der Errichtung der faschistischen Diktatur, einen Erinnerungsmarsch in die Hauptstadt durchzuführen. Die FN ist bekanntermaßen ein Vortrupp der FdI, der FI und der Lega, die offen verkünden, die vom sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) geführte Regierung zu stürzen. Als weitere faschistische Sturmtruppen agieren, wie die römische La Repubblica schreibt, Casa Pound und andere "schwarze Ex-Terroristen" wie die der früheren Ordine Nuovo, die unter dem Wahlspruch der deutschen SS "Unsere Ehre heißt Treue" und dem keltischen Kreuz unzählige Verbrechen begingen. Wenn sie, wie La Repubblica hervorhebt, den PD-Abgeordnete Emanuele Fiano, der das Gesetz vorlegte, an solche Zeiten erinnern, betreiben sie offene Mordhetze. Fiano ist Sohn einer Familie, die in Auschwitz umgebracht wurde.

Die Hetze gegen das antifaschistische Gesetz setzten Berlusconi und Salvini, wie La Repubblica, das linke Fatto quotidiano und weitere Medien am Montag berichteten, am Wochenende in den Mittelpunkt ihrer Veranstaltungen zur Eröffnung der Kampagne zu den Parlamentswahlen im Frühjahr 2018. Salvini verurteilte das Vorgehen gegen das "Ventennio" (die 20 Jahre der Herrschaft Mussolinis) und erklärte, sollte das Gesetz angenommen werden, werde er es als Premier beseitigen. Berlusconi wies zwar Salvinis Anspruch auf die Führung der Centro Destra (rechten Mitte, wie sich das faschistisch-rassistische Bündnis verharmlost), zurück, bekannte sich aber, wie sein Hausblatt Il Giornale am Montag schrieb, zum gemeinsamen Wahlbündnis. Unterstützung erhielt er aus Brüssel, wo sein Parteifreund und Präsident des EU-Rates, Antonio Tanja, ihn als Führer der extremen Rechten feierte und ihm vollen Erfolg wünschte.

PD-Chef Renzi beharrt weiter darauf, als Spitzenkandidat zu den Wahlen anzutreten. Laut Medienberichten könnte er danach, wenn er keine Mehrheit erhält, eine Koalitionsregierung mit Berlusconi bilden, der sich "als liberale und moderate Alternative mit Erfahrung präsentiert" und "der Königsmacher" werden könnte. Berlusconi äußerte sich mit keinem Wort zu Renzi, der ihm ein Bündnis angeboten hat.

Während die extreme Rechte ihre Meinungsverschiedenheiten hintenanstellt und in einem Wahlbündnis antritt, steht die zerstrittene Linke der Entwicklung bisher hilflos gegenüber.

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2017

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