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ITALIEN/222: Mattarella gewährt rassistischer Lega und rechter M5S-Partei letzte Frist zur Regierungsbildung (Gerhard Feldbauer)


Sergio Mattarella gewährt rassistischer Lega und rechter M5S-Partei letzte Frist zur Bildung einer Regierung

von Gerhard Feldbauer, 11. Mai 2018


Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat dem Chef der rassistischen Lega, Matteo Salvini, und dem politischen Führer der rechten Fünf Sterne-Bewegung (M5S), Luigi Di Maio, eine nochmalige Frist von 48 Stunden gewährt, um eine gemeinsame Regierung zustande zu bringen. Er traf diese Entscheidung, nach dem sich abgezeichnet hatte, dass seine Absicht, eine "neutrale" Techniker-Regierung einzusetzen, am zu erwartenden Widerstand der beiden Parteien im Parlament scheitern würde und als Ausweg nur noch Neuwahlen in Frage kämen.

Bei den Wahlen am 4. März hatte das faschistisch-rassistische Bündnis von Lega, Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi und den Fratelli/Brüdern Italiens (FdI) 37 Prozent, M5S 32 Prozent erreicht. Bisher beanspruchten sowohl Salvini als auch Di Maio in einer Koalitions-Regierung den Posten des Premiers. Außerdem hatte Berlusconi, der als Chef der Allianz mit der Lega und den FdI ausgebootet worden war, bisher eine Koalition von M5S und Lega abgelehnt. Nun versucht er zu retten, was zu retten ist und stimmte zu. Er schränkte allerdings ein, seine FI werde das Kabinett nicht im Parlament unterstützen und beteuerte gleichzeitig, er werde die Koalition fortsetzen. Die Südtirol News nannten es am Donnerstag in ihrem Online-Portal skandalös, dass "ein verurteilter Steuerverbrecher" sich nun "als Vertrauensmann" der Demokratie aufspielen könne. Di Maio, der seinerseits die Teilnahme der FI des Ex-Premiers abgelehnt hatte, um demagogisch eine Abkehr vom Faschismus vorzutäuschen, macht nun ebenfalls eine Kehrtwende und will deren Stimmen akzeptieren.

Den Weg zu den jetzigen Verhandlungen hatte zuletzt Di Maios Verzicht auf den Posten des Premiers und sein Angebot an Salvini, eine dritte Person als Regierungschef zu benennen, freigemacht. Es bestehe laut La Repubblica vom Donnerstag bereits Einigkeit darüber, dass Salvini Innenminister werde, während Di Maio das Außenressort erhalten soll. ANSA war ferner zu entnehmen, eine Frau könnte als Premier auserkoren werden. Die Rede ist von gleich drei Kandidatinnen: Lucrezia Reichlin, Wirtschaftsexpertin und Professorin an der London Business School, Marta Cartabia, derzeit Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts und die frühere Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt RAI, und Anna Maria Tarantola.

Am Freitag meldete ANSA, dass die Verhandlungen über einen Regierungsvertrag "bedeutende Schritte vorwärts" machten. Beide Parteichefs hätten jedoch Mattarella um eine Verlängerung der Frist bis Montag gebeten. Di Maio wolle, dass eine Regierung binnen zehn Tagen vorgestellt wird, da der 20. Mai die letzte Möglichkeit sei, und dass der Staatschef andernfalls das Parlament auflösen solle, um für den 22. Juli Neuwahlen anzusetzen. Ob es bei der ursprünglich von Di Maio und Salvini angekündigten zeitlichen Begrenzung eines möglichen Kabinetts M5S-Lega bis Dezember und Neuwahlen im Frühjahr 2019 bleibt, ist noch offen.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2018

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