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ITALIEN/333: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 30.5.2020 (SB)



Die staatliche italienische Nachrichtenagentur "ANSA" hat am 30. Mai Äußerungen des Gouverneurs der Bankitalia, Ignazio Visco, zur Wirtschaftslage wiedergegeben. Demnach rechnet der Chef der italienischen Zentralbank für das laufende Jahr mit einem Produktionsrückgang von 9 Prozent, bei negativeren Hypothesen sogar um 13 Prozent. Die wirtschaftliche Erholung würde in Italien auch 2021 sehr langsam vonstatten gehen. Es werde "einige Zeit dauern, bis wir zu einer normalen Situation zurückkehren, die sich vermutlich von der unterscheidet, an die wir bis vor einigen Monaten gewöhnt waren", so Viscos Einschätzung. Wie er betont, könne die "mittelfristige Tiefe der Rezession Auswirkungen auf die Bankbilanzen haben".

Der Anstieg der wertgeminderten Kredite müsse rechtzeitig angegangen werden, wobei alle möglichen Instrumente, einschließlich der für die Umstrukturierung und deren Verkauf, genutzt werden müssten. Falls erforderlich sollten Lösungen verfolgt werden, die "die Stabilität des Systems gewährleisten". Es werde "eine neue Beziehung zwischen Regierung, Realwirtschaft und Finanzunternehmen, Institutionen und Zivilgesellschaft" gebraucht, die man einen "neuen Gesellschaftsvertrag" nennen könnte. Dazu müsse man zu einer "geordneten Konfrontation" und einem "konstruktiven Dialog" kommen.

"ANSA" zufolge hat Visco appelliert: "Jedes Land muß die von den europäischen Institutionen bereitgestellten Ressourcen pragmatisch, transparent und vor allem effizient nutzen." Aber, so mahnt der Chef der Bankitalia, diese europäischen Gelder seien "niemals frei", weil "europäische Schulden jedermanns Schulden sind". Der jüngste EU-Vorschlag mit dem 750-Milliarden-Fond sei "eine wichtige Chance" für Italien und es gelte, "die sich bietenden Möglichkeiten besser zu nutzen als in den letzten Jahrzehnten."

Weiter warnt Visco vor einer "Untergrundwirtschaft und Steuerhinterziehungen", die zu einer effektiven Steuerbelastung führten, die zu hoch sei und die "vollständig Einhaltung der Regeln behindere". Steuerhinterziehungen und nicht deklarierte Maßnahmen bewirkten "Ungerechtigkeiten und tiefgreifende Verzerrungseffekte, die die Unternehmen hinderten, zu wachsen und Innovationen zu entwickeln". Das erfordere "ein tiefgreifendes Umdenken in der Steuerstruktur, das die Erneuerung des Sozialschutzsystems berücksichtigt". Die Steuerbelastung müsse zugunsten produktiver Faktoren neu zusammengesetzt werden.

31. Mai 2020


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