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ENERGIE/067: EU-Minister gegen Zwangsverkauf der Energienetze (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 15.10.2008

Liberalisierung der Energiemärkte: Minister gegen Zwangsverkauf der Netze


Die 27 EU-Energieminister haben sich Mitte Oktober auf eine Linie beim Energie-Binnenmarktpaket geeinigt, welches die Machtkonzentration auf europäische Energieriesen abzubauen sucht und für mehr Wettbewerb unter den Energielieferanten auf Europas Strom- und Gasmärkten führen soll. Langfristig sollen die Energiepreise dadurch gedämpft werden.

Die von der EU-Kommission dazu vorgeschlagene eigentumsrechtliche Entflechtung von Produktion und Netzbetrieb der Energieunternehmen lehnten die Minister weiterhin ab. Stattdessen folgen sie dem französisch-deutschen Kompromiss, der einen "Dritten Weg" in dieser Frage vorsieht: Die Mitgliedstaaten sollen in Zukunft sowohl im Strom- als auch im Gassektor die Wahl zwischen beiden Systemen haben. Entscheidet sich ein Staat dafür, auf eine weitgehende eigentumsrechtliche Entflechtung zu verzichten, muss er eine unabhängige Übertragungsgesellschaft (independent transmission operator, ITO) etablieren. Die Energieunternehmen würden zwar Eigentümer der ITO bleiben, müssten aber bestimmte Auflagen einhalten, um deren Unabhängigkeit im Tagesgeschäft zu garantieren. Die wichtigste Vorschrift wäre dabei, dass die ITO anderen Strom- und Gaslieferanten einen "fairen und nicht-diskriminierenden Netzzugang" gewähren müssten.

Auf Druck einiger Mitgliedstaaten einigte sich der Rat allerdings darauf, dass es Energieproduzenten verboten werden soll, Fernleitungsgeschäfte von Energieunternehmen aus europäischen Ländern aufzukaufen, in denen eine vollständige eigentumsrechtliche Entflechtung eingeführt wurde.

Parlament, Rat und Kommission werden nun gemeinsam nach einem Kompromiss suchen, damit das Paket noch im Frühjahr 2009 verabschiedet werden kann. Im Juni hatten die Parlamentarier zumindest im Stromsektor darauf beharrt, dass nur die vollständige eigentumsrechtliche Entflechtung zu einer Liberalisierung der Märkte führen könne. Außerdem hatten die Parlamentarier einen bevorzugten Netzzugang für erneuerbare Energien sowie die Möglichkeit für Regierungen, den Unternehmen Investitionen in Effizienzmaßnahmen vorzuschreiben, gefordert. (mv)

Weitere Informationen
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=
IP/08/1484&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 35/08, 16.10.2008
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 15.10.2008
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2008