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MEMORIAL/026: Die Unterstützung Mussolinis für den Putsch Francos gegen Volksfrontspanien (Gerhard Feldbauer)


Die Unterstützung Mussolinis für den Putsch Francos gegen Volksfrontspanien

Von Gerhard Feldbauer, Dezember 2011


In Spanien errang die Volksfront aus Kommunisten, Sozialisten, der Union General del Trabajo und Linksrepublikanern bei den Corteswahlen am 16. Februar 1936 einen überwältigenden Wahlsieg. Ihre Regierung unter dem republikanischen Schriftsteller Azana y Díaz (ab Mai Präsident) garantierte die Autonomie Kataloniens und der Basken und leitete bürgerlich-demokratische Reformen ein. Am 17. Juli 1936 putschte General Sanjurjo von der Kolonie Spanisch Marokko aus gegen die rechtmäßig gewählte Regierung der Volksfront. Nachdem er mit einem Flugzeug abgestürzt war, riss Francisco Franco die Führung an sich. Der Staatsstreich der klerikalfaschistischen Reaktion brach jedoch auf dem Festland in den meisten Garnisonsstädten am Widerstand der Volkskräfte zusammen. Seine Niederschlagung wurde nur durch die sofortige, bereits vor Beginn des Putsches abgesprochene bewaffnete Intervention Hitlerdeutschlands und Mussoliniitaliens verhindert.(1) Mit 20 Militärtransportern Ju 52 wurden als erstes 15.000 Mann Elitetruppen der Putschisten von Marokko nach Cadiz eingeflogen.

Nachdem Franco sich am 29. September zum Chef des "Nationalen Spanien" proklamiert hatte, anerkannten ihn unmittelbar danach Hitler und Mussolini als "Chef der einzigen legitimen Regierung Spaniens". Am 24. November schloss Italien mit der Putschistenregierung ein Abkommen über umfangreiche militärische Unterstützung.(2) Franco honorierte das vier Tage später in einem Wirtschaftsabkommen mit ungewöhnlich weitreichenden Zusagen. Beide Seiten legten "die Modalitäten für die Nutzbarmachung ihrer wirtschaftlichen Quellen - insbesondere ihrer Rohstoffe" fest. Eine große Anziehungskraft übten auf Rom die Quecksilberminen von Almaden aus.

Für Mussolini waren zwei Gesichtspunkte entscheidend, in den nun ausbrechenden Bürgerkrieg einzugreifen. Er befürchtete weitreichende Auswirkungen eines Volksfrontspaniens auf den antifaschistischen Widerstand im eigenen Land und darüber hinaus auf Frankreich und weiter im Mittelmeerraum, worin er eine Gefährdung der italienische Expansionsziele sah. Zweitens verhieß die italienische Intervention wirtschaftliche, militärstrategische und politische Vorteile. Die militärischen Aspekte wurden deutlich, als Italien zeitweise die Balearen besetzte und damit die Mittelmeerstützpunkte Großbritanniens und Frankreichs bedrohte.


Papst Pius IX. an der Seite Francos

Unter dem Kommando des vorherigen Geheimdienstchef, General Mario Roatta, stellte Mussolini ein zunächst vier Divisionen umfassendes Interventionskorps auf. Roatta führte den Decknamen Mancini und nannte sich "Chef des Stabes der Freiwilligentruppen". Eingesetzt wurden jedoch reguläre Truppen, die in italienischen Uniformen kämpften. Bereits am 31. August 1936 trafen weitere 20 italienischen Flugzeuge in der Hafenstadt Vigo ein. Bis Ende 1936 wurden in Südspanien in Cádiz und Sevilla und im Norden in Aranda del Duero Stützpunkte, auf Mallorca eine Bomberbasis für Angriffe auf Barcelona, Valencia und weitere Städte errichtet.

Mussolini und der italienische Faschismus agierten im trauten Verein mit der katholischen Kirche. Papst Pius IX., den Franco als Ersten über seinen Staatsstreich informierte, wandte sich zur Unterstützung der Putschisten an die Weltöffentlichkeit und arbeitete eng mit Hitler und Mussolini zusammen. Die Jesuitenzeitschrift "Civiltá Cattolica" schrieb am 2. Januar 1937, in dem faschistischen Putsch habe sich "eine hundertmal gesegnete und ruhmreiche Haltung" gezeigt. Aktiv unterstützte das klerikalfaschistische Opus Dei (Werk Gottes) das Franco-Regime. Acht seiner Mitglieder traten in die Regierung des "Caudillo" ein. Die Katholische Kirche wurde zu einer der wichtigsten Stützen Francos. Der sie beherrschende Klerus jubelte dem Chef des Mörderregimes zu und begrüßte ihn mit dem "Führergruß" Hitlers und Mussolinis.


Der "Duce" schickte zwei Armeekorps

Die Interventionstruppen wuchsen auf zwei Armeekorps an. Die motorisierten Truppen waren modern ausgerüstet und bewaffnet; verfügten über 800 Kampfflugzeuge sowie 8.000 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. 90 Kriegs- und Transportschiffe versorgten die eigenen und die Franco-Truppen. Sie blockierten republikanische Häfen und beschossen Küstenbefestigungen. In der Luftwaffe waren insgesamt 5.699 Militärflieger und 312 zivile Piloten im Einsatz. Sie flogen nach italienischen Angaben 86.420 Einsätze, darunter 5.318 Bombenangriffe, bei denen 11.584 Tonnen Bomben abgeworfen wurden. Die italienische Armeezeitschrift "Force Armate" berichtete in ihrer Juni-Ausgabe 1939, dass in Spanien 100.000 vollausgerüstete Offiziere und Soldaten des stehenden Heeres sowie der Schwarzhemdenverbände eingesetzt waren. Der Kämpfer in den Internationalen Brigaden Fritz Teppich schätzte ein, dass zuzüglich Sondereinheiten und Luftwaffe und beträchtlichen Marineeinheiten, "mindestens 120.000 bis 150.000 italienische Interventen gegen die Republik gekämpft haben."(3)

Die italienische Luftwaffe griff zusammen mit der Legion "Condor" Hitlerdeutschlands die Stellungen der republikanischen Armee an und bombardierte Städte.(4) Es sei an den Angriff der "Legion "Condor" auf die nordspanische Stadt Guernica y Luno in der Provinz Biskaya nördlich von Bilbao erinnert, die am 26. April 1937 völlig vernichtet wurde.(5) "Die ganze Stadt mit ihren 7.000 Einwohnern und den 3.000 Flüchtlingen ist langsam und systematisch in Stücke zerschlagen worden", schrieb der Spanienkorrespondent der Londoner Times.(6)


3.354 Italiener kämpften in den Interbrigaden

Zum Kampf gegen die von Hitlerdeutschland und Mussoliniitalien unterstützten Franco-Faschisten kamen der Spanischen Republik bis Herbst 1938 etwa 40.000 bis 50.000 Antifaschisten aus 54 Ländern zu Hilfe, von denen die meisten in den Internationalen Brigaden kämpften. Darunter befanden sich etwa 10.000 Franzosen, 5.000 Deutsche und Österreicher, 3.354 Italiener und 2.800 Nordamerikaner und Kanadier. Mehr als die Hälfte der Interbrigadisten sind nach einer Einschätzung von Teppich/Fecht gefallen, darunter 3.000 Deutsche und Österreicher. Die Internationalen Brigaden fügten den Faschisten besonders in den Schlachten um Madrid, bei Teruel, Guadaljara und Brunete empfindliche Niederlagen zu. Auf Beschluss des sogenannten Nichteinmischungskomitees, dem sich die Regierung der Spanischen Republik fügte, mussten die Internationalen Brigaden im Sommer 1939 aufgelöst werden.

Außer Mexiko war die UdSSR das einzige Land, das der rechtmäßigen Spanischen Regierung bis zuletzt beistand. Ohne diese Hilfe wäre die Republik nie in der Lage gewesen, sich länger als einige Monate zu verteidigen. Ungeachtet faschistischer U-Boot-Sperren lieferte sie nicht nur Waffen und Munition, sondern Lebensmittel, Medikamente, Brennstoffe und viele andere Versorgungsgüter. Sowjetischen Angaben zufolge waren 2014 Militärspezialisten in Spanien.

In einem Brief vom 15. Mai 1937 an das spanische Volk schrieb Mao Tse Tung: "Wir, die Kommunistische Partei Chinas, die antijapanische Rote Volksarmee und die Sowjets halten den Krieg, den die spanische republikanische Volksarmee führt, für den heiligsten Krieg auf der ganzen Welt. Dieser Krieg wird nicht nur für die nationale Existenz Spaniens geführt, sondern auch im Interesse der unterdrückten Völker der ganzen Welt, denn die spanische Regierung kämpft gegen den deutschen und italienischen Faschismus, der gemeinsam mit den spanischen Meuterern die Kultur der Welt und die Grundlagen der menschlichen Humanität vernichtet. Die spanische Regierung und das spanische Volk kämpfen gegen den deutschen und italienischen Faschismus, der im Bunde mit den japanischen Faschisten steht, die in China einfallen."(7)


André Malraux war Flieger in der republikanischen Luftwaffe

André Malraux, der in der Luftwaffe der Spanischen Republik als Flieger kämpfte, sagte zur Entwicklung in Spanien: "Das Wesentliche in den dreißiger Jahren war der Antifaschismus. Besondere Gesichtspunkte standen nicht im Mittelpunkt, wichtig war vielmehr das Zusammenführende, das Gemeinsame. Diese Tatsache überstrahlte alles andere." (8) Insbesondere bewahrheitete sich diese Aussage in Italien. Die Intervention, mit der Mussolini einen Einfluss des Sieges der Volksfront in Spanien auf Italien verhindern wollte, hatte gegenteilige Auswirkungen. Über 3350 italienische Antifaschisten gingen nach Spanien und leisteten in den Reihen der Internationalen Brigaden einen großen Beitrag im Kampf gegen den Faschismus. 1.119 Interbrigadisten gehörten der IKP an, 310 der ISP, die übrigen waren größtenteils parteilos. Unter den Interbrigadisten befand sich der IKP-Vorsitzende Luigi Longo, zunächst Politkommissar des Bataillons, später der Brigade Giuseppe Garibaldi, das alle Antifaschisten des Landes vereinigte. Longo übernahm später als Generalinspekteur im Range eines Divisionsgeneral das Kommando über alle Internationalen Brigaden.
Unter seinem Kampfnamen "Gallo" wurde er als einer der führenden Militärs der Spanischen Republik bekannt.(9)

Kommandeur der Garibaldi-Brigade war Ilio Barontini, der zusammen mit 27 italienischen Kommunisten in den Reihen der Armee Haile Selassies gegen die im Oktober 1935 in Äthiopien zur kolonialen Unterjochung des Landes eingefallenen Mussolini-Truppen gekämpft hatte.(10)


"Heute in Spanien, morgen in Italien"

Am 13. November 1936 prägte Carlo Rosselli, einer der Führer der Giustizia e Libertà (11) in einer Rede in Radio Barcelona für den Kampf der Antifaschisten seines Landes die prophetische Losung "Heute in Spanien, morgen in Italien". (12) Sie wurde zum Schwur, mit dem die italienischen Antifaschisten in den Kampf zogen. Bei der Verteidigung von Madrid im November 1936, bei Guadaljara nördlich der Hauptstadt im März 1937, bei Brunette westlich von Madrid im Juli 1937 trafen die Garibaldiner direkt auf die Mussolini-Truppen. Sie stoppten die Angriffe auf und fügten den Faschisten schwere Verluste zu. Das vermittelte den Antifaschisten in Italien die Gewissheit, dass die Flamme des Widerstandes noch brannte und die Macht des Faschismus nicht unüberwindbar war."(13)

Ein besonderes Fiasko erlitten die italienischen Interventen im März 1937 als sie nördlich von Madrid in Richtung Gudalajara eine Großoffensive starteten. Mit vier Divisionen und einem Riesenaufgebot von Flugzeugen, Panzern und Geschützen wollten sie, unterstützt von Franco-Divisionen und Hitlers Legion "Condor" die republikanische Front durchbrechen. Der "Duce" stachelte die italienischen Legionäre in einem Telegramm an Roatta an, die Offensive müsse unbedingt "mit dem Sieg gekrönt werden." Die junge Volksarmee bereitete den italienischen Faschisten, unterstützt von der XI. und XII. Internationalen Brigade jedoch eine vernichtende Niederlage.


Kommunisten und Sozialisten in Aktionseinheit

Der Auftrieb, den der Kampf in Spanien der Widerstandsbewegung in Italien gab, zeigte sich vor allem darin, dass Kommunisten und Sozialisten sich weiter annäherten. Das zwischen ihnen 1934 geschlossene Aktionseinheitsabkommen wurde am 27. Juli 1937 mit einem klaren antiimperialistischen Bekenntnis vertieft. Beide Arbeiterparteien stellten sich als Ziel, "die Beseitigung des Faschismus und Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft". Als eine Etappe auf diesem Weg nannten sie die "Errichtung einer demokratischen Republik unter Führung der Arbeiterklasse", die "dem Volk Brot, Frieden und Freiheit sichert und die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die ökonomischen Grundlagen der Reaktion und des Faschismus vollständig zu zerstören". Dazu wurden als grundlegende Aufgaben "die Nationalisierung des Monopolkapitals in der Industrie und im Bankwesen und die Vernichtung jeder Art von Feudalismus auf dem Lande" genannt. Das Abkommen verwies auf die drohende Gefahr eines europäischen oder Weltkrieges, die durch die Kapitulationspolitik der Westmächte gegenüber den faschistischen Provokationen und Erpressungen erhöht werde. "Wenn ein solcher Konflikt dennoch ausbrechen sollte, wird ihn das Proletariat zur Grabstätte des Faschismus machen." (14)

Erst nach dem Abzug der Internationalen Brigaden gelang es den Faschisten, darunter italienische Verbände, am 28. März 1939 in Madrid einzumarschieren. Pius XII. der am 2. März gerade sein Pontifikat begonnen hatte, stellte sich wie sein Vorgänger an die Seite des Faschismus. In einer Botschaft an Franco heißt es: "Die von Gott als wichtigster Diener der Evangelisation der Neuen Welt und als uneinnehmbares Bollwerk des katholischen Glaubens auserwählte Nation hat soeben den Anhängern des materialistischen Atheismus unseres Jahrhunderts den erhabensten Beweis dafür geliefert, dass über allen Dingen die ewigen Werte der Religion und des Geistes stehen." (15)


Fußnoten:

(1) Bereits am 15. Juli erhielten italienische Fliegeroffiziere Befehl, sechs Flugzeuge nach Spanisch Marokko zu fliegen. Fritz Teppich/Tom Fecht (Hg.): Spaniens Himmel. Volksfront und Internationale Brigaden gegen den Faschismus 1936 - 1939. Elefantenpress, Berlin 1996, S. 54.

(2) I Giorni della Storia d' Italia. Dal Risorgimento a Oggi. Novara 1991, S. 465.

(3) Teppich/Fecht, S. 66, 77.

(4) Zu den Fliegern der "Legion Condor" gehörte der damalige Oberleutnant von Görings Luftwaffe Hannes Trautloft, der sich rühmte, am 19. November 1936 am "größten Luftangriff, den Madrid bisher auszuhalten hatte" teilgenommen zu haben. Trautloft baute die Luftwaffe der Bundeswehr mit auf und stieg zum Generalleutnant auf. Teppich/Fecht, S. 14 f.

(5) Pablo Picasso hat ihr sein berühmtes Gemälde sowie 18 Radierungen gewidmet.

(6) Zit. in Ebenda, S. 68.

(7) Veröffentlicht in Kommunistische Internationale, Heft 9/1937, S. 853-855. Zit. in Teppich/Fecht, S. 87.

(8) Ebenda, S. 8. Der französische Schriftsteller Malraux gehörte zu den vielen hervorragenden Geisteswissenschaftlern, die in den Reihen der Spanischen Republik kämpften. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er Mitglied der französischen Résistance, 1945/46 unter De Gaule Minister für Kultur, 1958-69 erneut Kulturminister.

(9) Nach einer schweren Verwundung kam er 1939 nach Frankreich, wurde in Paris verhaftet, ins Konzentrationslager Vernet eingeliefert, von dort 1941 nach Italien ausgeliefert und eingekerkert. Nach dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 übertrug ihm das Nationale Befreiungskomitee das Kommando eines Stellvertretenden Befehlshabers der Partisanenarmee. Der andere war in paritätischer Zusammensetzung Sandro Pertini von der ISP.

(10) Aginform. Foglio di Corrispondenza comunista, Rom, Nr. 51 - Novembre 2005. Siehe auch G. Feldbauer: Mussolinis Überfall auf Äthiopien. Eine Aggression am Vorabend des Zweiten Weltkrieges. Pahl Rugenstein Verlag 2006, S. 53.

(11) Gerechtigkeit und Freiheit, 1929 in Frankreich gebildete antifaschistische Widerstandsgruppe, aus der sich 1943 die radikaldemokratische kleinbürgerliche Aktionspartei formierte.

(12) Zusammen mit seinem Bruder Nello wurde er während eines Einsatzes in Frankreich am 9. Juli 1937 von Agenten des faschistischen Geheimdienstes SIM Mussolinis in Bagnoles-sur-l'Orne (Normandie) ermordet. Siehe Giorni, S. 468.

(13) Martin Blinhorn: Mussolini und das faschistische Italien. Mainz 1984, S. 58.

(14) Palmiro Togliatti: Il Partito Comunista Italiano, Rom 1961, S. 81.

(15) Dietmar Stübler: Geschichte Italiens. 1789 bis zur Gegenwart, Berlin 1987, S. 156.


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Quelle:
© 2011 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2011