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MEMORIAL/199: 18. März 1314 - Der letzte Hochmeister des Templerordens auf dem Scheiterhaufen verbrannt (Gerhard Feldbauer)


Vor 805 Jahren wurde der letzte Hochmeister des Templerordens auf dem Scheiterhaufen verbrannt

Es ging um Besitz und Vermögen

von Gerhard Feldbauer, 18. März 2019



Abbildung: Bibliotheque Nationale de France [Public domain]

Jacques de Molay - historische Darstellung eines unbekannten Künstlers, entstanden im 19. Jahrhundert
Abbildung: Bibliotheque Nationale de France [Public domain]

In diesen Tagen gibt es in der Geschichte der katholischen Kirche zwei Tage der Erinnerung an das Ende des legendären Ordens der Tempelritter. Es sind der Geburtstag und der Todestag des letzten Hochmeisters Jacques de Molay, der vor 775 Jahren, am 16. März 1244 geboren und zwei Tage nach seinem 70. Geburtstag, am 18. März 1314 auf dem Scheiterhaufen in Paris verbrannt wurde. Sich mit seinem Tod und damit dem Ende der Tempelritter zu befassen, heißt, die vielfältigen Gesichtspunkte der Rolle der geistlichen Ritterorden im Geschichtsprozess ihrer Zeit zu sehen. Sie waren von ihrer Zusammensetzung her Standesorganisationen des weltlichen und geistlichen niederen und mittleren Feudaladels, die während der Kreuzzüge entstanden und den Zielen der feudalen Expansion dienten. Durch ihre Teilnahme gewannen ihre Führungen politische, ökonomische und militärische Macht und erwarben zahlreiche Besitzungen in vielen Ländern.

Drei der bekanntesten und über den lokalen Rahmen hinaus Bedeutung erlangenden waren neben den Templern die Johanniter, auch Hospitaler oder Malteser genannt, und der Deutsche Orden. Ihre weitverzweigten Organisationen sicherten ihnen auch nach dem Scheitern der unter dem Kreuz im Nahen Osten geführten Eroberungsfeldzüge in Europa großen Einfluss, wie besonders an der Ostexpansion des Deutschen Ordens (der nach 1945 als geistlicher Orden in der BRD wiedergegründet wurde) und seinem Einfluss auf die deutsche Geschichte sichtbar wird. [1]


Graphik: François Marius Granet [Public domain]

1265 wird Jacques de Molay zum Ritter des Templerordens geweiht - Gemälde von Marius Granet (1777-1849)
Graphik: François Marius Granet [Public domain]

Auch der Malteserorden [2] existiert heute weiter, zählt 13.500 Mitglieder mit Niederlassungen in 90 Ländern, agiert wie ein Staat mit diplomatischen Vertretungen (Botschaftern) in 107 Staaten. Neben durchaus anerkennenswerten karikativen Aufgaben (von denen sein Hilfsdienst bei der Notarztversorgung in zahlreichen Städten zeugt) ist ebenso sein klerikalreaktionäres Wirken zu sehen, so seine Einflussnahme auf die Wahl des Polen Karol Wojtyla zum Papst Johannes Paul II. [3] oder die Beschuldigung seiner Verwicklung in den Mord an dem christdemokratischen Parteiführer Aldo Moro 1978 in Rom. Nicht zuletzt ist hier auch zu sehen, dass hochrangige NATO-Militärs wie Alexander Haig zu seinen Mitgliedern zählten.

Als Papst Urban II. 1095 auf dem Konzil von Clermont zum Kreuzzug nach dem Orient aufrief und damit dass Signal für die Eroberungszüge unter dem Kreuz gab, war der Feudalismus in Europa gerade in seine voll entfaltete Etappe eingetreten. Die Kirche war im frühen Mittelalter mit den Feudalstaaten aufs engste verbunden, sie rechtfertigte die Feudalordnung und bildete ihren ideologischen Überbau. Ihr Machtzentrum war Ende des 11. Jahrhunderts das Römisch-deutsche Reich. In Gestalt der Entwicklung ausgedehnter Ware-Geld-Beziehungen gab es bereits erste Vorzeichen der sich in seinem Schoss herausbildenden neuen kapitalistischen Produktionsweise.


Graphik: © Sémhur, freigegeben unter CC BY-SA 4.0 creativecommons.org/licences/by-sa/4.0/deed.de, via Wikimedia Commons

Das "Heilige Römische Reich" um das Jahr 1000
Graphik: © Sémhur, freigegeben unter CC BY-SA 4.0
creativecommons.org/licences/by-sa/4.0/deed.de, via Wikimedia Commons

Die katholische Kirche verfolgte mit den Kreuzzügen weitreichende Ziele. Es ging ihr nicht nur um die Eroberung des Heiligen Landes, das war nur der Deckmantel globaler strategischer Ziele, der ihrer Glorifizierung und Mystifizierung diente. Zunächst wollte sie die Herrschaft über die byzantische Kirche zurückgewinnen und die an die islamischen Staaten verlorenen ehemaligen Provinzen Ostroms zurückerobern. Global ging es um den Ausbau ihrer politischen und geistigen Führungsposition in Europa und darum, sie auf die übrige Welt auszudehnen. Gleichzeitig untermauerte die Kirche damit ihren weltlichen Führungsanspruch gegenüber den Kaisern und Königen. Die Kreuzzüge waren so "eine wichtige Trumpfkarte im Spiel gegen die rivalisierenden römisch-deutschen Kaiser" [4]. Ihre weitverzweigten Organisationen sicherten ihr auch nach dem Scheitern der Eroberungsfeldzüge im Nahen Osten in Europa großen Einfluss.


Abbildung: Guillaume de Tyr [Public domain]

Hugo von Payens und Gottfried von Saint-Omer bei König Balduin II. von Jerusalem - Darstellung aus dem 13. Jahrhundert
Abbildung: Guillaume de Tyr [Public domain]

Der geistliche Ritterorden der Templer wird nach dem ersten Kreuzzug 1119 in Jerusalem gegründet. Der Chronik nach waren es neun französische Ritter mit Hugo von Payns an der Spitze, die den Grundstein legten, um vorgeblich Jerusalem zu verteidigen und die Pilger zu schützen. Mit dem Eintritt unterwarfen sie sich drei großen Forderungen des Mönchtums: Keuschheit, Armut und Gehorsam. Das hinderte ihre Obrigkeiten nicht, sich "auch mit der Anhäufung von irdischen Reichtümern und mit der Ausbeutung Tausender Leibeigener" zu befassen. [5] Und sie wollten Gott nicht in der friedlichen Abgeschiedenheit eines Klosters dienen, sondern auf dem Schlachtfeld. Aufgenommen werden nur erfahrene Ritter. Sie tragen weiße Mäntel mit einem roten Kreuz. An der Spitze des Ordens steht der Großmeister, gefolgt von einem Stellvertreter, dem Seneschall, und einem Marschall. Ihre Waffen sind Lanze, Schwert und Dolch. Ihre Kriegskleidung ist ein Kettenhemd, Helm und Schild. Der Orden galt als einer der "zuverlässigsten" der katholischen Kirche; seine "Mitglieder zeichneten sich durch blinde Ergebenheit gegenüber dem päpstlichen Stuhl aus. Man konnte ihnen alles Mögliche nachsagen, aber keine (ihnen dann vorgeworfene) Häresie". [6]


Graphik: MapMaster [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)]

Die Kreuzfahrerstaaten in der Levante um 1135 zwischen dem Ersten und Zweiten Kreuzzug
Graphik: MapMaster [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)]

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurden die Templer aus Palästina vertrieben. Viele kehrten nach Frankreich zurück, wo der Orden über 1000 Niederlassungen zählte und über großen Reichtum verfügte. Das führte dazu, dass dort auch ihr Schicksal unter der Herrschaft Clemens V. besiegelt wurde. Dessen Pontifikat beherrschten mehrheitlich die französischen Kardinäle. Der Papst selbst hatte seinen Sitz in Avignon in Frankreich genommen. Unter diesem Papst wucherte ein besonders übler Nepotismus. Sieben seiner Verwandten hatte er zu Bischöfen bzw. Erzbischöfen ernannt. Zeitgenossen sprachen von einem "klementinischen Jahrmarkt", als "Kreditunternehmen für geistliche Würden, die der Papst jedem zahlenden Schmarotzer verlieh". [7]


Abbildung: Unknown derivative work by JPS68 [Public domain]

Papst Clemens V. - Darstellung aus der Palatinischen Bibliothek in Rom
Abbildung: Unknown derivative work by JPS68 [Public domain]

König Philipp IV. (der Schöne), der sich den Reichtum der Templer selbst aneignen wollte, ließ 1307 zahlreiche Templer verhaften und ihren Besitz beschlagnahmen. Sie wurden der Häresie, Homosexualität, Sodomie und der Gotteslästerung angeklagt. Viele legten unter der Folter Geständnisse ab. Clemens V. segnete "die vom König organisierte Ausrottung des Tempelordens" und löste ihn 1312 auf. Sein letzter Hochmeister Jacques de Molay wurde am 18. März 1314 in Paris gegenüber der Kirche Notre Dame auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als Ergebnis "wanderten die ungeheuren Schätze (..) in die Truhen seiner Richter; die Führer der Templer aber, die unter der Folter ihre Häresie eingestanden hatten, endeten ihr Leben auf dem Scheiterhaufen oder in den Kasematten der Inquisition". [8]


Abbildung: Anonymous Unknown author [in Deutschland gemeinfrei]

Philipp IV. im Kreis seiner Familie: Karl der Schöne, Philipp der Lange, Isabella, Philipp IV., Ludwig der Zänker und Karl von Valois (v.l.n.r.) - Miniatur aus dem 14. Jahrhundert
Abbildung: Anonymous Unknown author [in Deutschland gemeinfrei]

Zu den vielen Legenden, die sich "um den Templerorden ranken", gehört, dass Molay den beiden Hauptschuldigen, dem König und dem Papst, auf dem Scheiterhaufen prophezeit haben soll, dass "sie binnen Jahresfrist vor Gotts Richterstuhl zutreffen". Fakt ist, dass Clemens bereits einen Monat später, am 20. April 1314 starb. König Philipp wurde, erst 46 Jahre alt, am 29. November von einer rätselhaften Krankheit dahingerafft. [9]

Eine Gedenktafel am Pont Neuf auf der Île de la Cité in Paris verweist auf den Scheiterhaufen, auf dem er verbrannt wurde und auf seinen Fluch, den er gegen das Königshaus der Kapetinger und das Papsttum geschleudert haben soll.


Foto: PHGCOM [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]

Gedenktafel am Pont Neuf in Paris zur Hinrichtung Jacques de Molays am 18. März 1314
Foto: PHGCOM [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]


Fußnoten:

[1] Siehe im Schattenblick den Beitrag von Gerhard Feldbauer "Staatsgründung Preußens vor 400 Jahren - reaktionäre Ursprünge bei den Kreuzrittern" unter:
www.schattenblick.de → Infopool → GEISTESWISSENSCHAFTEN → GESCHICHTE → MEMORIAL/188 vom 21.08.2018

[2] Sein voller Name lautet: "Der souveräne Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta".

[3] The Harvard Crimson Newspaper, 30. Juli 1976, auch Christian Feldmann: Benedikt XVI., der bayerische Papst, Regensburg 2005, S. 118.

[4] Walter Zöllner: Geschichte der Kreuzzüge, Berlin/DDR 1983, S. 28f.

[5] J. R. Grigulevic: Ketzer - Hexen - Inquisitoren. Geschichte der Inquisition, Berlin/DDR 1980, S. 199.

[6] Grigulevic, a.a.O., S. 200.

[7] Hans Kühner; Lexikon der Päpste, Wiesbaden1977, S. 214. Notre Dame-Kirche.

[8] Grigulevic, a.a.O., S. 199.

[9] Uli Weyland: Strafsache Vatikan, München 1994, S. 180 f.

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Quelle:
© 2019 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2019

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