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PFLANZEN/062: Der Adlerholzbaum bedroht ... (SB)



Wenn eine Substanz nur ganz selten vorkommt oder unter sehr schwierigen Bedingungen abzubauen, beziehungsweise zu verarbeiten ist, wird sie sehr teuer, manchmal sogar wertvoller als Gold. So verhält es sich mit einem Holz des Adlerholzbaums, genauer gesagt mit dem Harz und dem daraus gewonnenen Öl. Es enthält einen Duftstoff genannt "Oud", das ist ein arabisches Wort für "Holz". Bereits seit dem Altertum wurde dieser Duft in Indien, Ägypten, Israel und der arabischen Welt sehr geschätzt. Die Methode das Harz und das Öl dieses Baumes zu gewinnen hat mittlerweile dazu geführt, dass seine Art kurz vor dem Aussterben steht. Wir sehen uns das im Folgenden einmal genauer an.


Die Grafik zeigt die grünen länglichen Blätter, die kleinen Früchte und die Blüten - Grafik: 1839, by W. Saunders, Public domain, via Wikimedia Commons

Illustration von Aquilaria malaccensis (Adlerholzbaum-Art)
Grafik: 1839, by W. Saunders, Public domain, via Wikimedia Commons



Der Adlerholzbaum

Verschiedene Arten dieses Baums wachsen in Thailand, Vietnam, Kambodscha, Malaysia oder Indonesien. Der Adlerholzbaum ist ein großer, langsam wachsender und immergrüner Laubbaum, der bis zu 40 Meter hoch werden kann. Sein Stamm weist einen Durchmesser von 1,5 bis 2,5 Metern auf, er wird oftmals von Brettwurzeln gestützt, die sich unten um den Stamm herum gebildet haben. Erst im Alter von 7 bis 9 Jahren wachsen die ersten Blüten und in Folge die Früchte heran. Es dauert also eine ganze Weile, bis sich dieser Baum fortpflanzen kann. Über viele Jahrhunderte konnte der Adlerholzbaum die Wälder der oben genannten Länder in großer Zahl bevölkern. Er entwickelte einen guten Schutzmechanismus gegen Verletzungen seiner Rinde und des darunter liegenden Kambiums. Mit der Absonderung von Harz konnten diese Wunden verschlossen und so das Eindringen von Keimen oder Pilzsporen verhindert werden. Doch gerade dieser Überlebensmechanismus wurde den Adlerholzbäumen zum Verhängnis.


Ein teurer Duft für den Bäume ihr Leben lassen müssen

Es ist dieser Duft, der so einzigartig nach Leder, Erde und auch ein wenig nach Urin und Kuhmist riecht, und zudem oft mit einer süßlichen Note versehen ist. Wird ein Stückchen Holz des Adlerholzbaumes entzündet, entsteht dieser besagte Geruch. In vielen arabischen Ländern wird es als Räucherholz auf Märkten und Basaren verkauft. Doch wie gelangt dieser Duft in die Parfüms und Seifen, die sich seit über einem Jahrzehnt auch in westlichen Ländern immer größerer Beliebtheit erfreuen?

Das Öl, das für die Herstellung dieser Produkte benötigt wird, stammt aus dem Harz des Adlerholzbaums. Das heißt, zunächst muss der Baum dazu gebracht werden, dieses Harz zu produzieren. Da er seinem Überlebensmechanismus folgend, ihm zugefügte Wunden mit Baumharz versiegelt, werden diesen Bäumen Verletzungen zugefügt. Das kann durch das tiefe Anritzen der Rinde, durch das Einschlagen von Nägeln oder das Anbohren mit einem Bohrer geschehen. In die entstandenen Öffnungen werden in einigen Gegenden zudem noch Pilzsporen gefüllt, um die Harzproduktion zu erhöhen.

Nach einem gewissen Zeitraum, das können bis zu 20 Jahre sein, ist das Holz des Baums mit Harz durchsetzt. Das ist die Zeit der "Ernte". Der Adlerholzbaum wird gefällt, sein Holz in kleine Stücke gesägt und das darin enthaltene Harz per Handarbeit aus dem Holz entfernt. Dieses Harz wird erhitzt und das Öl daraus destilliert. Was bedeutet das? Um aus Pflanzen oder Harzen das Öl zu gewinnen wird die Wasserdampf-Destillation angewendet. Dazu wird das Harz stark zerkleinert und mit einer Substanz vermengt (inerter Stoff), die für die Durchlässigkeit des Harzes sorgt. Der heiße Wasserdampf löst das begehrt Öl dann heraus. Doch die Mengen die dabei gewonnen werden sind äußerst gering. Abhängig von der Menge des im Holz gebildeten Harzes und noch einigen anderen Faktoren der Destillationstechnik, können 1,2ml bis 70ml pro Kilogramm gewonnen werden.

Das Öl kann verschiedene Gerüche haben: balsamisch-süß, würzig-bitter oder holzig-animalisch und ist als Grundstoff für die Parfümherstellung von größtem Interesse. So wundert es nicht, dass für 1 Liter dieses Öls, je nach Qualität, bis zu 600.000 Dollar gezahlt werden. Aber auch Preise, die weit über dem des Goldpreises liegen, sind bekannt.

Doch für die Bäume bedeutet es jahrelange Verletzungen und schließlich den Tod. Auf diese Weise wurden nahezu sämtliche wild wachsende Bäume, insbesondere der Arten Aquilaria und Gyrinops, ausgerottet, denn schon der Verkauf des Holzes kann bis zu 250.000 Euro pro Kilogramm einbringen.


Die Rettung der Adlerholzbäume vor dem Aussterben

Im Forschungszentrum Jülich wird daran gearbeitet den Adlerholzbaum vor dem Aussterben zu retten. So entwickelt man dort künstliche Duftkopien und forscht des weiteren daran, die Qualität von Adlerholz aus der Plantagenwirtschaft zu verbessern. Für die dort wachsenden Bäume bleibt die Harzgewinnung weiterhin qualvoll. Es ist bislang nicht bekannt, wie viele wilde Adlerholzbäume und welche Arten es noch gibt. Doch um die Wildbestände dieser Bäume zu schützen, werden Aufforstungen und Plantagen angelegt.

Es ist leider nicht einfach den Geruch von Adlerholz im Labor zu erzeugen. Mindestens 30 bis 40 Substanzen sollen an der Duftbildung beteiligt sein, von denen aber längst nicht alle bekannt sind. Noch werden Zweifel daran gehegt, ob es überhaupt je gelingen wird den Duft von Adlerholz zu imitieren.

Die Frage bleibt hier, warum überhaupt diesem seltsamen Duft so enorme Bedeutung zugemessen wird? Vielleicht ist es das erhabene Gefühl zum Kreis derer zu gehören, die sich überhaupt so ein kostspieliges Parfüm leisten können. Mag aber auch sein, dass viele sich gegen ein solches exquisites Dufterlebnis wenden würden, wenn sie Kenntnis von der Erzeugung der Adlerholzprodukte hätten.



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.sueddeutsche.de/wissen/bedrohte-arten-das-parfüm-1.3271730

https://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2016/16-05-11adlerholz.html


7. Februar 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 171 vom 12. Februar 2022


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