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VORSICHT/026: Die Erdgasfrage ... (SB)



Sicherlich haben viele schon davon gehört, dass die Bundesregierung den Bau von sogenannten LNG-Terminals fördert, die als ein Baustein in dem Vorhaben gelten, verflüssigtes Erdgas aus verschiedenen Quellen zu beziehen. Russland war bislang eine zuverlässige Lieferquelle von günstigem Erdgas, das durch eine Pipeline (Nord Stream 1) nach Deutschland gelangte. Jetzt wird nur noch ein kleiner Teil geliefert. Da Russland die Ukraine angegriffen hat, will Deutschland sich nun so schnell wie möglich von dieser Gaslieferung unabhängig machen. Hier wollen wir uns einmal genauer ansehen, was LNG bedeutet und wo das Erdgas nun herkommen soll.


Was bedeutet LNG?

LNG sind die Anfangsbuchstaben des englischen Begriffs "Liquefied Natural Gas", was so viel bedeutet wie "verflüssigtes Erdgas". Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, dass das Gas aus den USA geliefert werden könnte. Das muss allerdings mit Schiffen zu uns transportiert werden. Dafür werden Spezial-Tankschiffe eingesetzt, denn das Erdgas kann nur in einem verflüssigten Zustand verschifft werden. Dazu muss es zunächst einmal gereinigt werden, denn Erdgas besteht aus einem Mix aus Stoffen wie Wasser, Schwefeloxid und Kohlendioxid sowie dem Hauptbestandteil Methan. Die unerwünschten Stoffe müssen entfernt werden, denn nur das reine Erdgas (Methangas) wird verwendet. Unter Einsatz von elektrischer Energie wird es dann auf eine Temperatur von -162°C heruntergekühlt, denn erst bei diesen Minusgraden verflüssigt sich das Gas. Nun kann es in Tankbehälter gefüllt werden, die auf einem Schiff sicher aufgestellt wurden und über die Meere transportiert werden. Die Tanks bestehen aus doppelwandigem Stahl und müssen gut isoliert sein, beispielsweise mit einer Styroporschicht. Da die Umgebungstemperatur auf jeden Fall wärmer ist, entsteht eine Verdunstungskühle, die zur Erhaltung der erforderlichen niedrigen Temperatur beiträgt. Dabei verdunstet jedoch ein kleiner Teil des verflüssigten Gases und breitet sich im inneren oberen Teil des Tanks als Gas aus. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit diesem Gas umzugehen. Einerseits könnte es an die Umwelt abgegeben werden, was sehr klimaschädlich wäre, da es sich hier um reines Methangas handelt (Methan ist um ein Vielfaches klimaschädlicher als Kohlendioxid). Eine andere Möglichkeit wäre es, dieses Gas unter einem gewissen technischen Aufwand zu komprimieren und dem schiffseigenen Motor als Treibstoff zuzuführen.


Ein Querschnitt durch das Schiff zeigt die Tanks, die Brücke, die Maschine, das Getriebe, den Abgasausstoss, den Kompressor und die Isolierung der Tanks - Grafik: Welleman in der Wikipedia auf Niederländisch, CC BY-SA 3.0 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/], via Wikimedia Commons

LNG-Tankschiff, das mit LNG den schiffseigenen Motor betreibt
Begriffe: Exhaust - Gasemission, Abgas / Bridge - Brücke / Muffler - Auspuff / Gearbox - Getriebe / Engine - Maschine / Compressor - Kompressor / Insulation - Isolation
Grafik: Welleman in der Wikipedia auf Niederländisch, CC BY-SA 3.0
[http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/], via Wikimedia Commons


Ist dieses LNG-Schiff an einem Zielhafen angekommen, muss es entladen werden. Das heißt, der Inhalt der Transporttanks wird in einen großen Lagertank gepumpt. An der Stelle, an dem das Auspumpen der Transporttanks in den Lagertank stattfindet, müssen aufgrund der bestehenden Explosionsgefahr besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Aus diesem Grund wird zwischen dem LNG-Schiff und dem Lagertank an Land ein Sicherheitsabstand eingerichtet, der mit Pipelines überbrückt wird. Auch bei der Verflüssigung oder der Zurückführung in den gasförmigen Zustand, der sogenannten Regasifizierung, besteht die Gefahr einer Entzündung im LNG-Terminal. Außerdem kann es zum Austritt der tiefkalten Flüssigkeit aus ihrem Transport- oder Lagerbehälter kommen, was bei einem Hautkontakt zu Erfrierungen führt. Große Vorsicht und Umsicht sind also in jedem Fall vonnöten.
Das verflüssigte Gas muss nun wieder in den gasförmigen Zustand überführt werden. Bevor es dann aber in ein bestehendes unterirdisches Gasleitungssystem eingespeist wird, muss es in einem weiteren Verfahrensschritt komprimiert (verdichtet) werden, damit es den geeigneten Druck zur Weiterleitung erhält.


Warum wird das Erdgas verflüssigt?

Die oben beschriebene Darstellung des Flüssiggastransports birgt noch eine Reihe an Verfahrensschritten, die im Detail zu beschreiben hier den Rahmen des Textes sprengen würden. Insgesamt betrachtet, erfordert diese Art der Gasanlieferung erheblichen technischen und finanziellen Aufwand und bleibt nicht ohne Risiko.

Warum wird das Gas überhaupt verflüssigt, wenn es doch am Ende wieder in den gasförmigen Zustand überführt werden muss? In erster Linie handelt es sich um ein Transportproblem, vielleicht ist es aber auch eine Kostenfrage? Im flüssigen Zustand ist das Volumen von Erdgas 600mal geringer als in Gasform. So kann in etwa die 600fache Menge in den Flüssigkeitstanks transportiert werden. Das ist wirtschaftlich gesehen von Vorteil und wird deshalb auch durchgeführt. Es existieren bereits Schiffe, die die oben erwähnte Regasifizierung mit an Bord installiert haben. Sie werden abgekürzt FSRU genannt (Floating Storage an Regasification Units), was so viel heißt wie Tanks mit verflüssigtem Gas in Einheit mit einer Regasifizierungsanlage.


Auf dem Schiff sind die vier runden großen Tanks in Reihe angeordnet vom Bug bis zum Heck - Foto: 2006 by Pline, CC BY-SA 3.0 [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/], via Wikimedia Commons

Seitenansicht eines Tankschiffes
Foto: 2006 by Pline, CC BY-SA 3.0
[http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/], via Wikimedia Commons


Soviel erst einmal zu den technischen Verfahren, wobei deutlich wird, dass ein erheblicher Material- und Kostenaufwand vonnöten ist. Doch woher soll dieses verflüssigte Gas kommen?


Woher kommt das Gas?

In den Vereinigten Staaten (USA) wird seit 2018 die Schiefergasförderung stark vorangetrieben. Bekannt ist dieses Gas als "Fracking-Gas". Die Methode, mit der dieses Gas aus dem Gestein in großen Tiefen herausgesprengt wird, birgt eine ganze Reihe an Umweltbelastungen und -gefahren in sich. (Eine genaue Beschreibung der Fracking-Methode findet ihr im Kinderblick [1].)
Zum einen wäre da die mögliche Vergiftung des Grundwassers, aus dem schlussendlich auch das Trinkwasser gewonnen wird. Des Weiteren ist die Entsorgung des "Flow Back", also des Wasser-Chemikaliengemisches, das aus den Tiefen wieder an die Erdoberfläche gelangt, mit Umweltbelastungen verbunden. Deutschland kauft dieses Fracking-Gas aus den USA, wo es in LNG-Anlagen verflüssigt wird, um es dann mit LNG-Schiffen über den Ozean Richtung Europa zu befördern.(Deutschland hat bislang noch keinen Hafen mit einem LNG-Terminal, an dem das Flüssiggas angeliefert werden könnte. Zunächst erhält es das Gas über Belgien (Zerbrügge), Frankreich (Dunkerque) und aus den Niederlanden.) Auf jeden Fall will Deutschland sich von den Gaslieferungen aus Russland unabhängig machen. Doch zu welchem Preis? In den USA gibt es eine starke Bürgerbewegung gegen das Fracking und gegen LNG-Anlagen, jedoch findet sie kaum Beachtung seitens der Politik. Es scheint, als würden die Gefahren und gesundheitlichen Belastungen nicht ernst genommen.

Gasvorkommen befinden sich in mehreren Ländern. Die USA liegen mit der Fördermenge weit an der Spitze, gefolgt von Russland, dann erst China, Katar und Australien. Norwegen fördert als europäisches Land das meiste Erdgas. Deutschland bemüht sich, beispielsweise auch aus Katar Gas zu bekommen. Ein Problem ist, dass nicht überall Gaspipelines vorhanden sind, und so muss auf die Lieferung per Schiff zurückgegriffen werden. Also übernehmen LNG- und FSRU-Schiffe den Transport von verflüssigtem Gas. Es bleibt eine kostspielige Angelegenheit, viel teurer als das Gas, dass durch Pipelines geliefert werden kann.

Doch auch beim Gas handelt es sich um einen fossilen Brennstoff, wie Kohle oder Erdöl. In der Politik ist man sich einig, dass die alternativen Energieträger gefördert und deren Entwicklung beschleunigt werden muss. Gas soll hier lediglich den Übergang von der einen zur anderen Energiegewinnung bilden. Momentan sind in Deutschland alle, die Bürger und die Industrie, aufgefordert, Energie zu sparen. Aber wäre es nicht auch wünschenswert, dass nicht stetig mehr und mehr Geräte entwickelt und auf den Markt gebracht werden, die nur elektrisch oder batteriebetrieben funktionieren? Energiesparen sollte vielleicht ganz anders verstanden werden, als kalt zu duschen oder die Raumtemperatur zu senken.

Um eine Energiewende von den fossilen zu den alternativen Energien zu schaffen, setzt man hierzulande auf die Entwicklung von Wasserstoff-Energie als mögliche umweltfreundliche Alternative zu Gas, Kohle und Öl. Doch auf diesem Gebiet stehen noch viele Entwicklungsschritte an. Zudem bleibt fraglich, ob die Wasserstoff-Technologie die Erwartungen in Bezug auf die Klimaverträglichkeit erfüllen kann.


Hier findet ihr Artikel über das Fracking:

[1] www.schattenblick.de → Infopool → Kinderblick → Naturkunde:
WISSENSDURST/012: Fracking und viele Fragen (SB)
WISSENSDURST/013: Fracking und sein Preis (SB)
WISSENSDURST/014: Fracking und verbrannte Erde (SB)
WISSENSDURST/015: Fracking, zum Kotzen ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/kind/ip_kind_natur_wissensdurst.shtml


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.vdi-nachrichten.com/technik/energie/woher-unser-gas-kommt/
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/lng-terminal-wie-es-funktioniert-und-wo-es-probleme-gibt/
https://www.youtube.com/watch?v=etwhyQN_POc

26. September 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 177 vom 1. Oktober 2022


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