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DERMATOLOGIE/699: Wenn Blutplättchen Hautkrebs eskalieren lassen (idw)


Universität Wien - 20.12.2016

Wenn Blutplättchen Hautkrebs eskalieren lassen

Utl: ChemikerInnen der Universität Wien analysieren Krankheitsmechanismen beim Melanom


Die Krebstherapie beim Melanom hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Dennoch kommt es immer wieder zur Ausbildung von Resistenzen, die zu einer fatalen Eskalation der Krankheit und letztlich zum Tod führen können. Dem Chemiker Christopher Gerner von der Universität Wien ist es durch die Analyse von Serumproben gelungen, Blutplättchen als wichtige Akteure in der Eskalation des Melanoms zu identifizieren. Die aktuellen Erkenntnisse wurden im amerikanischen Fachjournal "Molecular Cellular Proteomics" publiziert.

Durch moderne Kombinationstherapien können heutzutage selbst bei metastasierenden TumorpatientInnen komplette Remissionen erzielt werden. Meist sind die Erfolge aber nur von kurzer Dauer: Oft bilden sich Resistenzen, die häufig eine so genannte Tumor-assoziierte Kachexie zur Folge haben - eine fatale Eskalation der Krebserkrankung, welche alle Organsysteme des Körpers erfasst und diesen in hohem Maße Energie entzieht, was letztendlich zum Tod der PatientInnen führt. Obwohl die Kachexie ausführlich erforscht wurde, konnte bislang kein eindeutiger Zusammenhang zu vorausgegangenen Krebserkrankungen gefunden werden.

Das internationale ForscherInnenteam um Christopher Gerner vom Institut für Analytische Chemie der Fakultät für Chemie hat sich auf die umfassende Analyse von Biomolekülen aus komplexen biologischen Proben spezialisiert. Die Protein- und Lipid-Analysen der Serumproben von HautkrebspatientInnen - erhalten aus einem Kooperationsprojekt mit der Universitätsklinik Regensburg - lieferten überraschende Befunde. Einige Proteine und Lipide, die im Serum der PatientInnen stark erhöht waren, stammen aus aktivierten Blutplättchen.

Die genaue Analyse der Daten erlaubte es, jene Mechanismen aufzuklären, welche für die Entwicklung der Krebs-assoziierten Kachexie verantwortlich sind. "Offenbar kommt es durch ein komplexes Zusammenspiel von Tumorzellen und Leber zur Bildung von funktionell hochaktiven Molekülen, welche zur chronischen Aktivierung von Blutplättchen führen. Diese so aktivierten Blutplättchen 'helfen' fatalerweise den Tumorzellen, indem sie u.a. Wachstumsfaktoren freisetzen, und verursachen somit die Eskalation der Erkrankung", erklärt Christopher Gerner.

Diese Erkenntnisse bieten ein völlig neuartiges Erklärungsmodell für die Nachhaltigkeitsprobleme moderner Therapieformen. "Unsere erstmals erkannte und beschriebene Form der chemischen Tumorwachstumsförderung durch Blutplättchen wird durch moderne Therapieformen, die ganz auf genetische Eigenschaften von Tumorzellen zugeschnitten sind, nicht kontrolliert", erklärt Gerner. Entsprechend sind bereits klinische Testreihen gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien in Planung, um die aus diesem Studienergebnis abgeleiteten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten gemeinsam weiter zu erforschen.


Publikation in "Molecular Cellular Proteomics"
Multiomics analysis of serum samples demonstrates reprogramming of organ functions via systemic calcium mobilization and platelet activation in metastatic melanoma
Besnik Muqaku, Martin Eisinger, Samuel M. Meier, Ammar Tahir, Tobias Pukrop, Sebastian Haferkamp, Astrid Slany, Albrecht Reichle, Christopher Gerner
DOI: 10.1074/mcp.M116.063313
http://www.mcponline.org/content/early/2016/11/22/mcp.M116.063313

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Christopher Gerner
Institut für Analytische Chemie
Universität Wien
1090 Wien, Währinger Straße 38
christopher.gerner@univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Pressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
1010 Wien, Universitätsring 1
alexandra.frey@univie.ac.at

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www.univie.ac.at

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution84

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Stephan Brodicky, 20.12.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2016

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