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HNO/204: Mobilfunk - Zusammenhang zwischen Handynutzung und Tinnitus (umg)


umwelt · medizin · gesellschaft - 3/2010
Humanökologie - soziale Verantwortung - globales Überleben

MOBILFUNK

Zusammenhang zwischen Handynutzung und Tinnitus


Eine vor kurzem veröffentlichte Studie der Medizinischen Universität Wien, die in dieser Form weltweit erstmals durchgeführt wurde, zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen regelmäßiger Nutzung eines Handys und dem Risiko einer Tinnitus Erkrankung.


Rund 10-15 % der weltweiten Bevölkerung in Industriestaaten leidet laut jüngsten Schätzungen an chronischem Tinnitus, Tendenz steigend. Der Dauerton im Ohr stellt für die PatientInnen vor allem eine starke psychische Belastung dar, die sich in allen Lebensbereichen negativ auswirkt. Die Behandlungsmöglichkeiten erweisen sich beim chronischen Tinnitus hingegen derzeit noch als sehr eingeschränkt und oft wenig wirksam.

Auch über die Entstehung ist noch sehr wenig bekannt. Neben offensichtlichen Ursachen, wie Lärmexposition, Schädeltraumata oder Gehörschädigungen, ziehen die WissenschaftlerInnen diverse Möglichkeiten als Auslöser in Betracht, jedoch konnten bisher keine eindeutigen Zusammenhänge festgestellt und wissenschaftlich belegt werden. Damit kommt dieser weltweit einmaligen Studie des Teams rund um Priv. Doz. DI Dr. med. Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien auch eine ganz besondere Bedeutung zu. Hutter und seine KollegInnen konnten zeigen, dass eine regelmäßige Verwendung von Handys über einen längeren Zeitraum das Risiko einer Tinnitus-Erkrankung nahezu verdoppelt. Damit wurde ein möglicher Risikofaktor erstmals wissenschaftlich untermauert.

In einer Fall-Kontroll-Studie wurden 100 PatientInnen mit Tinnitus, für den keine bekannten Ursachen ermittelt werden konnten, sowie als Kontrolle 100 PatientInnen ohne Tinnitus (Patienten mit Halsentzündung, etc.) eingeschlossen. Es zeigten sich erhöhte Risiken für einen Tinnitus aufgrund der Mobiltelefonnutzung insgesamt sowie in Abhängigkeit der Anzahl und der durchschnittlichen Dauer der Gespräche. Diese Ergebnisse waren statistisch jedoch nicht signifikant. Es zeigte sich allerdings, dass das Risiko über Jahre der intensiven Nutzung vor Eintritt des Tinnitus statistisch signifikant war, wobei Mobiltelefonnutzung von vier Jahren oder länger das Risiko nahezu verdoppelte (OR 1,95; 95% Konfidenzintervall: 1,003 ð 3,80). Als eine mögliche Erklärung sehen die ForscherInnen die hochfrequente elektromagnetische Strahlung von Mobiltelefonen, die von der Schnecke sowie dem Gehörgang absorbiert wird und dort das Gleichgewicht des Kalziumhaushalts im Nervengewebe negativ beeinflussen könnte.

Hans-Peter Hutter abschließend: "Diese Studie ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Umgang mit dem Mobiltelefon an der Vorsorge orientiert sein muss. Es ist daher auch ein vernünftiger, maßvoller Umgang mit dieser Technologie zu empfehlen, wie dies auch der Oberste Sanitätsrat in seinen Positionspapieren betont hat."


Regeln für Kinder und Jugendliche vom Obersten Sanitätsrat für den Umgang mit Handys:

1. In Situationen, wo man zwischen Handy und Festnetz wählen kann, besser das Festnetz nutzen
2. Gespräche kurz halten
3. Wenn möglich, nicht bei schlechtem Empfang telefonieren
4. Möglichst wenig im Auto telefonieren
5. Warte ein wenig beim Verbindungsaufbau, bevor du das Handy an den Kopf führst
6. Headsets benutzen
7. Das Handy im eingeschalteten Zustand über Nacht in einiger Entfernung vom Bett platzieren (nicht auf oder unter dem Kopfpolster)
8. Eher eine SMS schicken statt telefonieren


(Quelle: Pressemitteilung 21.7.2010 Medizinische Universität Wien; Original: Hans-Peter Hutter, Hanns Moshammer, Peter Wallner, Monika Cartellieri, Doris-Maria Denk-Linnert, Michaela Katzinger, Klaus Ehrenberger, Michael Kundi (2010): Tinnitus and mobile phone use, Occup Environ Med doi:10.1136/oem.2009.048116 oder
http://oem.bmj.com/content/early/2010/06/30/oem.2009.048116.abstract.)


Kontakt:
Institut für Umwelthygiene
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
A-1095 Wien
Tel.: ++43/1/4277-647-01, Fax: ++43/174277-647-99
www.meduniwien.ac.at/umwelthygiene/kontakt.htm


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Quelle:
umwelt · medizin · gesellschaft Nr. 3/2010, (September 2010)
23. Jahrgang, S. 179
Verlag: UMG Verlagsgesellschaft mbH
Frielinger Str. 31, 28215 Bremen
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Internet: www.umwelt-medizin-gesellschaft.de

Erscheinungsweise: vierteljährig
Bezugspreis: Für Mitglieder der Umweltmedizinischen Verbände dbu, DGUHT, DGUZ, IGUMED
und Ökologischer Ärztebund sowie der weiteren beteiligten Verbände
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Einzelheft: 10,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2011