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ONKOLOGIE/1804: Kinderwunsch trotz Krebs erfüllbar (idw)


Universitätsklinikum Leipzig AöR - 18.04.2017

STOP-Studie: Kinderwunsch trotz Krebs erfüllbar dank kürzerer und spezifischerer Behandlung


Therapien gegen bösartige Erkrankungen sind zunehmend erfolgreich, aber gleichzeitig auch immer sehr aggressiv. In der Folge müssen junge Betroffene oft ihre Familienplanung zurückstellen oder ganz aufgeben. Neue Erkenntnisse zeigen, dass dies nicht immer sein muss: In den STOP-Studien untersuchen UKL-Ärzte zusammen mit Kollegen weltweit die Möglichkeiten einer verkürzten Therapie und damit einer Kinderwunscherfüllung trotz Krebs.

Die chronische myeloische Leukämie, kurz CML, ist beispielsweise eine inzwischen gut behandelbare Krebserkrankung, die im Erwachsenenalter auftritt. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 1700 Menschen neu an CML. Während vor 40 Jahren etwa 90 Prozent der Erkrankten verstarben, überleben heute 90 Prozent der Patienten dank den modernen, in Leipzig mitentwickelten molekularen Behandlungsmöglichkeiten. Seit der Jahrtausendwende erfolgt die Therapie mit Hilfe von Tabletten, sogenannten Tyrokinase-Hemmern, die dauerhaft eingenommen werden müssen. "Wir dachten lange, dass wir diese Therapie, die die zugrundeliegende Genveränderung neutralisiert, lebenslang fortsetzen müssen", erklärt Prof. Dietger Niederwieser, Onkologe am Universitätsklinikum Leipzig. "Dann haben wir bei Patienten, die eine Behandlung nicht mehr vertragen haben, beobachtet, dass die Leukämie trotz Weglassen des Medikamentes nicht wiederkommt."

Diesen Effekt untersuchen jetzt Mediziner weltweit in den "STOP-Studien", an denen die Leipziger Hämatologen an führender Stelle beteiligt sind. "Etwa 50 Prozent der auf die Behandlung sehr gut ansprechenden Patienten benötigen nach einer noch nicht bekannten Therapiedauer das Medikament tatsächlich nicht mehr", so Niederwieser. In den nun laufenden Studien wird untersucht, von welchen Faktoren es abhängt, dass ein dauerhafter Stopp des Medikamentes erfolgreich bleibt. Niederwieser: "Dazu ist eine genaue Bestimmung der im Körper verbliebenen Tumorzellen mit den neuesten Labormethoden vor dem Absetzen und kontinuierlich nach dem Absetzen erforderlich." Vor allem für junge Frauen und Kinder ist das von großer Bedeutung. "Das Wundermittel hält zwar die Leukämie in Schach, beeinflusst aber auch viele andere Prozesse im Körper, was für Frauen mit Kinderwunsch und Kinder, die noch wachsen und sich entwickeln müssen, Risiken birgt", erläutert der UKL-Onkologe.

Der kontrollierte Behandlungsabbruch bietet nach einer gewissenen Zeit jungen Patientinnen die Chance, unbesorgt schwanger werden zu können. "Auf diese Weise haben wir schon einige Familiengründungen unterstützen können", freut sich Niederwieser.

Die Patienten, die im Rahmen der Studie Absetzversuche durchführen, kommen monatlich zur Bestimmung der verbleibenden Krebszellen ins Uniklinikum. Dabei wird anhand einer Blutprobe mit speziellen Geräten, wie z.B. der digitalen DNA-Analyse, die Zahl der Tumorzellen überprüft und bei minimalem Anstieg der Tumorzellenzahl die Therapie wieder begonnen. Ziel der STOP-Studie ist es, zu bestimmen, wie stark der Krebs zurückgedrängt werden muss, um einen Therapie-STOP zu versuchen.. Derzeit gehen die Ärzte davon aus, dass dies nach zwei, aber vielleicht auch erst nach mehr Jahren, erstmals möglich ist. "In den nächsten Monaten werden wir genauer wissen, welchen Grad und welche Dauer des Ansprechens auf die Therapie wir benötigen, um 'stoppen' zu können", so Prof. Niederwieser.

Für viele Leukämiepatienten könnte dies das Ende der Dauertherapie und ein normales Leben ohne Medikamente bedeuten. Und auch für andere Krebspatienten - denn bei vielen bösartigen Erkrankungen laufen derzeit Studien zur Minimalresterkrankung, die Behandlungen wesentlich beeinflussen und unnötige Therapien verhindern können.


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1298

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Leipzig AöR, Helena Reinhardt, 18.04.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2017

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