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RADIOLOGIE/310: Volkskrankheit Schilddrüsenknoten - Hitzebehandlung per Sonde kann Operation ersetzen (BDN)


Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. - 21. August 2018

Volkskrankheit Schilddrüsenknoten

Hitzebehandlung per Sonde kann Operation ersetzen


Berlin - Schätzungen zufolge hat etwa ein Drittel aller Deutschen einen Schilddrüsenknoten. Ab dem 60. Lebensjahr ist sogar rund jeder Zweite davon betroffen. Nicht in jedem Fall beeinträchtigen diese Knoten den Patienten. Haben sie jedoch eine bestimmte Größe erreicht und beeinträchtigen das Schlucken oder beeinflussen den Hormonhaushalt der Schilddrüse, muss eine Behandlung erfolgen. Neben den Standardtherapieformen wie Operation steht seit kurzem auch eine lokale Hitzebehandlung per Sonde zur Verfügung. Diese sogenannte Radiofrequenzablation hat sich inzwischen bewährt, ist schonend und risikoarm. Sie stellt damit bei einem Teil der behandlungsbedürftigen Knoten eine gute Alternative zur OP dar, betont der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN). Hierüber und welche bewährten Therapiemöglichkeiten darüber hinaus Patienten mit Schilddrüsenknoten zur Verfügung stehen, berichten Nuklearmediziner auf einer Pressekonferenz am 27. September 2018 in Berlin.

Kleine Schilddrüsenknoten machen selten Beschwerden. Viele Betroffene leben jahrzehntelang ohne Probleme mit diesen Gewebeveränderungen. "Häufig merken Patienten ihre Knoten erst, wenn diese sehr groß werden oder die Funktion des Organs beeinflussen", erklärt Professor Dr. med. Detlef Moka, 1. Vorsitzender des BDN. "Die Patienten kommen dann beispielsweise mit Schluckbeschwerden, Herzrhythmusstörungen oder Schlafstörungen zum Arzt oder nehmen optische Veränderungen wahr, den so genannten Kropf am Hals." In solchen Fällen muss eine Behandlung erfolgen. Denn Schilddrüsenhormone sind in fast allen Organsystemen von großer Bedeutung: Sie beeinflussen Verdauung, Schlaf, Psyche sowie das Herz und den Stoffwechsel. Störungen führen schnell zu Folgeerkrankungen und Verlust an Lebensqualität.

Neben Medikamenten, der Schilddrüsenoperation und der Radiojodtherapie können sich Patienten mit gutartigen Knoten in Deutschland mittlerweile auch mit der Radiofrequenzablation (RFA) behandeln lassen. Der Arzt führt dabei nach örtlicher Betäubung eine stricknadeldicke Sonde mithilfe des Ultraschalls in den Knoten ein. Die Sonde erzeugt dort eine Wärme von etwa 60 bis 90 Grad, wodurch die Zellen absterben. Der Rest des Umgebungsgewebes bleibt unverletzt, die Einstichstelle hinterlässt keine Narbe. Fachärzte führen den Eingriff tagesstationär, mitunter auch ambulant durch.

"Diese neue risikoarme, minimalinvasive Methode hat sich in vielen internationalen Studien bewährt und ist besonders bei Patienten mit gutartigen, sogenannten kalten Knoten und zystischen Veränderungen in der Schilddrüse zu empfehlen", erläutert Moka. Ob ein kalter Knoten vorliegt, zeigt sich eindeutig im Szintigramm. "Auch Patienten, die bereits eine Operation hinter sich haben oder Risikopatienten, denen man eine Operation nicht zumuten möchte, profitieren von der RFA", ergänzt Moka.

In Deutschland wird vier bis sechs Mal häufiger an der Schilddrüse operiert als in anderen westlichen Ländern. "Dies führt mitunter zu unnötigen Risiken, die bei der OP auftreten können, oder zu einer dauerhaften Hormonersatztherapie", führt Moka aus. Durch eine gezielte Lokaltherapie des Knotens kann das häufig vermieden werden. "Bei Patienten, deren Schilddrüse bereits angrenzende Organe wie die Luft- oder Speiseröhre einengt oder bei denen der Verdacht besteht, dass die Knoten bösartig sind, sollte jedoch immer eine Operation Therapie der Wahl sein", betont der Schilddrüsen-Experte.

Betroffene wenden sich am besten an interdisziplinäre Schilddrüsenzentren oder Nuklearmediziner, die auf Schilddrüsenerkrankungen spezialisiert sind, rät der BDN-Vorsitzende. "Wichtig ist, dass der Patient eine umfassende Diagnose und im Anschluss eine darauf abgestimmte individuelle Therapie erhält", so Moka. Der Nuklearmediziner aus Essen weist darauf hin, dass vor einer Operation auch schonendere Methoden wie die RFA oder die Radioiodtherapie in Betracht gezogen werden sollten. Die RFA bieten bisher nur einzelne Zentren in Deutschland an. Sie wird in der Regel von privaten und gesetzlichen Krankenkassen finanziert, da eine Operation meist teurer ist.

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Quelle:
Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.
Pressemitteilung vom 21. August 2018
Weserstraße 86, 45136 Essen
Telefon: +49 201 / 25 12 97, Fax: +49 201 / 896 55 99
Internet: www.berufsverband-nuklearmedizin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2018

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