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NEUROLOGIE/592: Starke Magnetfelder - Multiple Sklerose noch früher erkennen (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Medizin / Kommunikation - 01.10.2009

DGNR - Starke Magnetfelder

Multiple Sklerose noch früher erkennen


Köln - Die Multiple Sklerose (MS) ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter. Experten zufolge gibt es in Deutschland etwa 130.000 bis 150.000 Betroffene. Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat sich in den letzten Jahren zum wichtigsten Baustein in der Diagnostik entwickelt. Sie ermöglicht es, die der MS zugrundeliegenden Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark früher und präziser nachzuweisen als zuvor. Welche Fortschritte erreicht wurden, diskutieren Ärzte und Wissenschaftler im Rahmen der 44. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR). Der Kongress findet vom 8. bis zum 10. Oktober in Köln statt.

Bei der Multiplen Sklerose handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, also des Gehirns und Rückenmarks. Die Entzündungen schädigen die Isolierschicht der Nervenfasern, die sogenannte Markscheide. Die Weiterleitung einzelner elektrischer Impulse über die Nervenbahnen funktioniert dann nicht mehr oder nur noch eingeschränkt. Es kann zu Sehstörungen, Nervenschmerzen oder Muskellähmungen kommen. Erste Symptome treten meist zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr auf.

In der Regel verläuft eine Multiple Sklerose in Krankheitsschüben. Dies erschwerte in der Vergangenheit die Diagnosestellung. Eine Therapie kam frühestens nach dem zweiten Schub zum Einsatz. Inzwischen stehen jedoch Medikamente zur Verfügung, die diesen hinauszögern können. "Deshalb ist es so wichtig, die Krankheit möglichst früh zu erkennen", erläutert Professor Dr. med. Michael Forsting, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen und Tagungspräsident. "Durch die Magnetresonanztomographie konnten wir hier in den letzten Jahren große Fortschritte erreichen. Mittlerweile ist sie das wichtigste Diagnoseverfahren bei der MS." Auf den Bildern sind nicht nur die Läsionen in Gehirn und Rückenmark zu erkennen. Auch Störungen der Blut-Hirn-Schranke, zu denen es bei einer aktiven Entzündung kommt, lassen sich sichtbar machen. Für die Diagnose der Multiplen Sklerose ist der Nachweis von mehreren älteren und an anderer Stelle neu aufgetretenen Läsionen erforderlich. Das gelingt bereits mit den heute verbreiteten Geräten mit einer magnetischen Feldstärke von 1,5 Tesla. Besser sind nach Einschätzung des Experten aber Hochfeldgeräte mit 3 Tesla. "Im Einzelfall kann dies bedeuten, dass die Diagnose früher möglich ist", sagt Forsting im Vorfeld der DGNR-Jahrestagung.

Erst wenige Forschungsinstitute in Deutschland verfügen über Geräte, die ein Magnetfeld von 7 Tesla erzeugen. Dies sind zum Beispiel Institute in Essen, Magdeburg und Tübingen. In Essen untersuchen die Wissenschaftler, wie die 7-Tesla-MRT die Früherkennung der MS weiter verbessern kann. Erste Erfahrungen stimmen Forsting optimistisch. "Es gibt Patienten, bei denen man auch nach einer MRT-Untersuchung nur den Verdacht auf eine Multiple Sklerose aussprechen kann. Hier könnte uns ein stärkeres Magnetfeld Gewissheit verschaffen. Denn mit 7-Tesla-Geräten konnten wir spezifische Veränderungen des Gehirns deutlicher zeigen als mit 1,5 oder 3-Tesla-Geräten. Zudem konnten wir mit diesem starken Magnetfeld erstmals erkennen, dass sich die einzelnen Entzündungsherde in ihrem Signalverhalten stark unterscheiden", erklärt Forsting, der hierzu auch auf der DGNR-Pressekonferenz sprechen wird. Die Bedeutung dieses Phänomens sei derzeit noch nicht bekannt. Weitere Studien sollen Aufschluss bringen. "Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich prognostisch günstigere von ungünstigen Verlaufsformen der MS auf den Bildern unterscheiden." Dies könnte die MS-Diagnostik grundlegend verändern und einer noch früheren und maßgeschneiderten Therapie den Weg ebnen. Bisher, so der Experte, sei es nicht vorhersehbar, ob Patienten in einigen Jahren im Rollstuhl sitzen oder ohne wesentliche Behinderungen bleiben.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 01.10.2009
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2009