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BILDUNG/1017: "Richtig gute Ärzte werden" (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 6/2016

Medizinstudium
"Richtig gute Ärzte werden"


Die Fachschaft Medizin der Christian-Albrechts-Universität Kiel protestiert für faire Bedingungen im Praktischen Jahr. Marburger Bund unterstützt die Forderungen.


Die Reform des Medizinstudiums wollen die Kieler Medizinstudenten nicht allein der Politik überlassen: Unter dem Motto "Richtig gute Ärzte werden" setzten sich die Fachschaft Medizin der Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) im Mai mit einem Protestmarsch an der Kieler Förde gegen den Masterplan Medizinstudium 2020 ein, der derzeit von Bund und Ländern erarbeitet wird. Der Fokus der Aktion richtete sich in Kiel besonders auf das PJ, in Rahmen dessen die Studierenden Aufwandsentschädigungen, eine faire Fehltageregelung sowie eine gute Lehre fordern. Die Kieler Studenten waren dem Aufruf der Medizinstudierenden im Hartmannbund und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) gefolgt.

Der Marburger Bund Schleswig-Holstein begrüßt die Aktion laut einer Pressemitteilung: "Besonders kritikwürdig ist aus unserer Sicht das Auswahlverfahren zum Medizinstudium. Dieses sieht bereits jetzt neben der Abiturnote die Möglichkeit der Berücksichtigung weiterer Auswahlkriterien vor. Doch das Verfahren in Kombination mit der ständig steigenden Nachfrage nach Studienplätzen hat zu einer massiven Fokussierung auf die Abiturnote geführt. Das gewährleistet kein sachgerechtes Verfahren", sagte Dr. Henrik Herrmann, Vorsitzender des Marburger Bundes Schleswig-Holstein.

Auch der Sprecherrat der Medizinstudierenden im Marburger Bund setzt eigene Akzente in der Debatte über die geplante Studienreform. "Mit der letzten Novelle der ärztlichen Approbations-Ordnung wurden zahlreiche Aspekte im Medizinstudium reformiert. Die Politik sollte diesen Veränderungen - gerade den Maßnahmen zur Förderung der Allgemeinmedizin - Zeit geben, bevor weitergehende Schritte unternommen werden", fordert Stefanie Weber, Vorsitzende des Sprecherrates. Studieninhalte müssten aus sich heraus begründet sein, weil es die Ausbildung erfordere - und nicht, weil eine bestimmte Fachgruppe vermeintlich Nachwuchsprobleme habe. Weber spricht sich außerdem gegen weitere Pflichtabschnitte in der Allgemeinmedizin aus: Die Gründe für den Mangel an Hausärzten in bestimmten Regionen seien vor allem in den Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort zu suchen. "Medizinstudierende wollen frei darüber entscheiden, welche Fachrichtung sie nach dem Studium wählen. Wir brauchen Freiräume zur Vertiefung von Studieninhalten und kein neues Zwangskorsett im Studium." Mit den Pflichttertialen Innere Medizin und Chirurgie werde den Studierenden bereits Einblick in zwei wichtige Bereiche der Medizin gewährt, die auch für alle anderen Fachgebiete von außerordentlicher Bedeutung sind. Um eigenen fachlichen Interessen nachgehen zu können, müsse das Wahltertial erhalten bleiben. Eine weitere Aufgliederung des PJ in Quartale würde die Dauer der einzelnen Abschnitte verkürzen und damit zugleich die Zeit zum praktischen Lernen im jeweiligen Fachgebiet reduzieren. Die Motivation der Studierenden, nach dem Studium ein bestimmtes Fachgebiet zu wählen, könne nur durch zusätzliche Anreize und Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen gesteigert werden. Dies gelte insbesondere für die ambulante ärztliche Tätigkeit. Werbekampagnen allein reichten nicht aus, um Nachwuchs für die ambulante Versorgung zu gewinnen, kritisierte Weber. Sie forderte die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, direkten Kontakt zu ihrer Zielgruppe aufzunehmen, indem sie an den medizinischen Fakultäten häufiger über die haus- und fachärztlichen Tätigkeit informieren.

Die Initiatoren zeigten sich zufrieden mit der Aktion und "hoffen auf ein Papier, mit dem das Medizinstudium sinnvoll weiterentwickelt werden kann. Denn nur so können wir richtig gute Ärzte werden", so Moritz Völker, Vorsitzender des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund, und Sukhdeep Arora, Präsident der bvmd. Die Politik werde man weiterhin genau beobachten und auch wieder gemeinsam auf die Straße gehen, sollten Maßnahmen vorgeschlagen werden, die aus Sicht der Medizinstudierenden nicht sinnvoll seien. (PM/RED)


Info

85 % der Medizinstudierenden sprechen sich laut der jüngsten Studierendenbefragung MB-Studi-Barometer 2016 gegen ein PJ-Pflichtquartal Allgemeinmedizin aus. Das Nebeneinander von Pflichtfamulatur in der Hausärztlichen Versorgung und weiterer Pflichtfamulatur in der ambulanten Versorgung habe die ohnehin geringe Wahlfreiheit von Studierenden im Medizinstudium zusätzlich eingeschränkt, so die Sprecherin der Medizinstudierenden im MB, Stefanie Weber.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 6/2016 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2016/201606/h16064a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
69. Jahrgang, Juni 2016, Seite 13
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2016

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