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DROGEN/304: Cannabis bei illegalen Substanzen an erster Stelle (BMG)


Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung - 27. November 2014

Cannabis bei illegalen Substanzen an erster Stelle:
Erneuter Anstieg des Bedarfs in der Suchtberatung und Suchtbehandlung

Jahresbericht der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht



Heute wurde der aktuelle Jahresbericht der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD), der so genannte REITOX-Bericht veröffentlicht. Er liefert umfangreiches Zahlenmaterial über die Entwicklung des Drogenkonsums in Deutschland.

Marlene Morter: "Angesichts der derzeitigen Debatte zur Legalisierung von Cannabis ist die aktuelle Entwicklung des Cannabiskonsums und die Steigerung des drogenbedingten Beratungs- und Behandlungsbedarfs unter Cannabiskonsumenten von besonderer Bedeutung. Cannabis steht mit großem Abstand an erster Stelle bei der erstmaligen Inanspruchnahme für drogenbezogene Hilfen in Suchtberatungs- und Behandlungseinrichtungen. Das zeigt deutlich: Das Kleinreden der Gefahren dieser Droge durch Legalisierungsbefürworter ist mit Blick auf junge Leute verantwortungslos."

Nach den aktuellen Daten zur Verbreitung des Drogenkonsums unter Erwachsenen nimmt Cannabis unverändert die vorderste Position ein: 0,5% der deutschen Erwachsenen sind abhängig von Cannabis oder missbrauchen diese Substanz; 0,2% sind kokainabhängig, 0,1% sind abhängig von Amphetaminen, weitere 0,2% weisen Kriterien eines Amphetaminmissbrauch auf.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellte 2014 eine repräsentative Befragung zum Cannabiskonsum junger Menschen (12 bis 25 Jahre) vor:

7,8% der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren haben demnach schon mindestens einmal im Leben Cannabis genommen (Lebenszeitprävalenz), 5,6% konsumierten dies in den letzten zwölf Monaten (12-Monats-Prävalenz) und 1,3% konsumierte Cannabis innerhalb des vergangenen Jahres sogar regelmäßig. Der Trend zur Abnahme des Cannabiskonsums der letzten Jahre scheint sich in einen erneuten Konsumanstieg umzukehren. Vergleichbare Hinweise finden sich auch in den Großstädten Frankfurt und Hamburg.

Cannabiskonsum ist bei den unter 25-Jährigen mittlerweile der Grund Nummer 1 für eine ambulante und stationäre Behandlung und die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Suchthilfe bei Problemen mit illegalen Drogen. Cannabis bleibt damit weiterhin das wichtigste Thema in der Prävention illegaler Suchtstoffe. Nach wie vor ist es eine große Herausforderung, die Zielgruppe der regelmäßigen Cannabiskonsumenten besser zu erreichen.

Der Anteil derer, die wegen einer diagnostisch relevanten Störung eine Beratung oder Behandlung aufgrund des Konsums von Opioiden begonnen haben, ist im Vergleich zu anderen Drogen weiter gesunken und lag 2013 mit 38% niedriger als in den Vorjahren. Dagegen ist der Anteil derjenigen mit Cannabisproblemen auf 39% weiter angestiegen. Bei Personen, die erstmalig eine ambulante Suchtberatung oder -behandlung wahrgenommen haben, stand mit 60% Cannabis deutlich an erster Stelle. An zweiter Stelle stehen mit deutlichem Abstand erstbehandelte Konsumenten mit der Hauptdiagnose Stimulanzien (19%), vor denen mit einer opioidbezogenen (13%) und kokainbezogenen Störung (6%). Auch im stationären Bereich haben Cannabisklienten mit 28% erstmals den Anteil der Behandelten auf Grund von Opioiden mit 27% überstiegen. Damit sind sie die größte Einzelgruppe in der stationären Behandlung.

Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel, Leiter der DBDD: "Neben der Daten zu illegalen Drogen wie Cannabis oder Heroin beobachten wir auch die Entwicklung zum Konsum neuer Substanzen sehr aufmerksam. Der vorliegende Jahresbericht der DBDD zeigt die wesentlichen Trends bei neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) oder bei "Crystal Meth" auf. Er gibt daneben einen Überblick über den Stand der Substitution, drogenbedingte Todesfälle, HIV-und Hepatitis-C-Neuinfektionen und zur drogenbedingten Kriminalität."

Die Problematik um Neue Psychoaktive Substanzen (NPS) spielt auch im Jahr 2013/2014 eine große Rolle in Politik und Forschung. NPS tauchen als sogenannte "Legal Highs" schnell, zahlreich und in stetig wechselnden chemischen Zusammensetzungen auf dem deutschen Drogenmarkt auf. Weitere 32 Substanzen werden noch in diesem Jahr dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellt. Die Einschätzung der gesundheitlichen Risiken von NPS bleibt angesichts ihrer oft unbekannten chemischen Zusammensetzung sehr schwierig.

Uneinheitlich bleiben die Informationen zur Verbreitung des Konsums kristallinen Methamphetamins (Crystal-Meth). In einigen Regionen Deutschlands besteht ein erheblicher Handlungsbedarf in der Versorgung sowie selektiven und indizierten Prävention.

Die Anzahl der Opioidsubstituierten lag 2013 bei 77.300 Patienten und ist damit seit 2011 stabil. Die Behandlung von Heroinabhängigen und ihre Erreichung durch Präventions- und schadensminimierende Maßnahmen bleibt eine dringende Aufgabe.

Die drogenbezogene Kriminalität ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. 2013 wurden 253.525 Rauschgiftdelikte erfasst. Die Beschlagnahmungsmengen von Ecstasy, psychoaktiven Pilzen, Amphetamin, Heroin, Kokain, Methamphetamin sind 2013 angestiegen, die von Khat, Haschisch, Crack, LSD und Marihuana zurück gegangen. Die Gesamtsicherstellungszahl blieb im Vergleich zum Vorjahr stabil. Cannabinoide und Stimulanzien führten als Substanzen wesentlich häufiger zu Kontakten mit Polizei, Gerichten oder Einrichtungen des Gesundheitswesens als Opioide, die unter jungen Menschen weiter an Bedeutung verloren haben.

Der Jahresbericht wird jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) von der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) erstellt. Er bietet einen aktuellen Überblick zur Drogensituation in Deutschland.


Sie finden den Jahresbericht der DBDD sowie den aktuellen Bericht der EBDD in deutscher Sprache unter
www.dbdd.de oder www.drogenbeauftragte.de

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Quelle:
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Pressemitteilung 27. November 2014
Bundesministerium für Gesundheit
Friedrichstraße 108, 10117 Berlin
POSTANSCHRIFT: 11055 Berlin
Telefon: +49 (0)30 18441-4412, Fax: +49 (0)30 18441-4960
E-Mail: drogenbeauftragte@bmg.bund.de
Internet: www.drogenbeauftragte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2014