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ETHIK/1209: Mein Gebärmuttertransplantat - haben wir bald Kinder aus dem Labor? (Edith Breburda)


Mein Gebärmuttertransplantat - haben wir bald Kinder aus dem Labor?

Von Dr. Edith Breburda - 23. April 2016


Babys, die nicht mehr von Müttern ausgetragen werden müssen, sind ein Traum aller, die es als eine Ungerechtigkeit ansehen, dass Frauen die Benachteiligten sind, wenn es darum geht, Kinder in die Welt zu bringen. Bereits heute arbeiten Wissenschaftler in Japan mit Hochdruck an einer künstlichen Gebärmutter (Artificial Wombs). Wenn man eine Schwangerschaft im Labor austragen könnte, werden selbst Leihmütter obsolet. In 20 Jahren will man so weit sein. Dann soll endlich die Gleichberechtigung der Frauen gewährleistet und das Ziel der reproduktiven Freiheit erreicht sein. Auch sollen bald Männer Kinder bekommen können.(1)

Kann man sich unter diesem Aspekt vorstellen, dass Frauen trotzdem danach verlangen, die Unannehmlichkeiten einer Schwangerschaft auf sich zu nehmen? Neulich konnte man in der New York Times von einer Frau lesen, dessen sehnlichster Wunsch es war, eine Schwangerschaft zu erleben:

"Solange ich mich daran erinnern kann, wünsche ich mir all die lästigen Nebeneffekte, wie Schwangerschaftsübelkeit, geschwollene Beine, Rückenschmerzen. Diese Erfahrung ist zwar nicht lebensnotwendig, aber ich möchte sie dennoch unbedingt machen."

Die neueste Errungenschaft moderner Reproduktions-Technologie besteht in der Transplantation einer Gebärmutter. Es gibt Frauen, bei denen keine Gebärmutter ausgebildet wurde, trotzdem wollen sie Schwanger werden. Die erste Frau, bei der in den USA eine Gebärmutter eingepflanzt wurde, war Lindsey. Sie erhielt den Uterus einer verstorbenen Spenderin. Ende Februar 2016 erklärten Ärzte der Cleveland Universitätsklinik, dass die Operation erfolgreich war. Einige Tage später stellten sich Komplikationen ein und das Transplantat musste wieder entfernt werden. Obwohl der erste Versuch fehl schlug, haben Ärzte der Cleveland Klinik die Erlaubnis des Ethik-Komitees, mit der experimentellen Studie fortzufahren, und noch neun weitere Frauen zu operieren. Lindsey ist traurig, dass die Transplantation nicht erfolgreich war. "Es geht mir gut. Ich bedanke mich besonders bei den Ärzten, die so schnell reagiert haben. Ich habe mich sehr über die Gebete und guten Wünsche meiner Freunde gefreut."

Die Gothenburg Universität in Schweden hat bereits neun Uterustransplantationen ausgeführt. Fünf Kinder wurden dadurch geboren; zwei Transplantate mussten wieder entfernt werden.

Für Dr. Alexander Maskin von der Universität Nebraska gibt es verschiedene Gründe, warum das Transplantat abgestoßen wird: "Meistens ist es eine Reaktion des Immunsystems, aber auch eine Infektion kann daran schuld sein. Wenn die involvierten Arterien und Venen nicht richtig miteinander verbunden sind, ist die Zirkulation vermindert. Wir werden uns mit den anderen Teams zusammentun und mit ihnen diskutieren, wie man in Zukunft die Gebärmutter-Transplantation verbessern kann." Drei andere medizinische U.S.-Zentren wollen diesen Service auch anbieten.(2)

Das Transplantat wird allerdings nur temporär im Körper der Frau verbleiben. Um die Abstoßung des fremden Organs zu verhindern, müssen Medikamente eingenommen werden, die das Immunsystem unterdrücken. Damit dies nicht zu lange erfolgt, darf eine Frau nur zwei Schwangerschaften austragen. Danach wird die Gebärmutter wieder herausoperiert. Ob zwei Schwangerschaften physiologisch überhaupt möglich sind, wird nicht hinterfragt. Die Eileiter werden nicht mit der Gebärmutter verbunden. Eine Schwangerschaft kann also nur durch In-Vitro-Fertilisation erfolgen. Frauen, deren Uterus nicht ausgebildet wurde, haben meist keine eigenen Eizellen (siehe dazu: Reproduktive Freiheit, free for what?). Sie können deshalb nur über eine Eizellspenderin die biologischen Kinder ihres Partners austragen. Mit einer künstlichen Befruchtung geht eine Pränatal-Diagnostik einher. Embryos, die nicht den Vorstellungen der Mediziner entsprechen, werden vernichtet, tiefgefroren oder an die Forschung gespendet.

Die Uterusschleimhaut muss eine spezifische Konsistenz und Dicke besitzen, damit sich der Embryo einnisten kann. Bei vielen In-Vitro-Fertilisationen stirbt der Embryo, weil das Endometrium nicht optimal hormonell vorbereitet ist. Eine Schwangerschaft unter immunsuppressiven Bedingungen aufrecht zu erhalten, ist, physiologisch gesehen, äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich. Forschungen, inwieweit die Gebärmutter und die Plazenta die Gesundheit des Menschen während seines ganzen Lebens beeinträchtigen, stehen noch am Anfang.(3)

Die wenigen "Uterustransplantat-Kinder" kamen über Kaiserschnitt als Frühchen auf die Welt. Artikel über die medizinische und psychologische Problematik, aber auch über die Sterberate dieser Babys nehmen zu.

Ein Uterustransplantat unterscheidet sich schon deshalb, weil der Uterus ein nicht lebensnotwendiges Organ ist. Die Entnahme von einem Verstorbenen sehen viele als unethisch an. Andere wiederum wollen nicht das Leben einer Spenderin für eine Operation, die nicht das Leben eines anderen rettet, aufs Spiel setzen. In Schweden operierten die Ärzte 10-12 Stunden, um das Organ zu entnehmen. Für die Empfängerin und vor allem für das Ungeborene kann die Hochrisikoschwangerschaft tödlich ausgehen. Die Empfängerin unterzieht sich neben der Erstoperation einem Kaiserschnitt und einer späteren Entnahme des Uterus. Das Ungeborene muss sich in einem Uterus entwickeln, der eigentlich vom Körper abgestoßen wird. Bei einem Baby begann dieser Prozess bereits in der 18. Woche. Medikamente konnten die Schwangerschaft bis zur 31. Woche aufrecht erhalten. Fraglich ist, ob der Blutfluss durch die Gebärmutter stark genug ist, um das Ungeborene adäquat zu ernähren.

Derya Sert, eine 22-jährige Frau, wurde nach einer Uterustransplantation schwanger. Allerdings erlitt sie bald eine Fehlgeburt. Inwieweit die Gebärmutter dazu beitrug, ist ungeklärt. Dr. Mats Brännström räumt ein, dass das Experiment einer Uterus-Transplantation nur dann als erfolgreich angesehen werden kann, wenn ein Kind entbunden wird. Handelt es sich um eine medizinische Errungenschaft, wenn man die Spenderin, die Empfängerin und ein Kind freiwillig lebensbedrohlichen Situationen aussetzt, nur um eine Schwangerschaft erleben zu können?

Ärzte und Ethikrat wissen, dass es sich bei einer Uterustransplantation um einen extrem riskanten Eingriff handelt. Dennoch soll dieses Experiment weitergeführt werden, solange man Patient und Ärzte hat, die gewillt sind, es auszuführen. Die nächsten Generationen waren in den letzten Jahren die Versuchskandidaten der modernen Reproduktions-Medizin. Die sogenannten "künstlichen Kinder" wurden zum Maßstab, ob etwas funktionierte oder nicht. Momentan weiß keiner, inwieweit die so erzeugten Kinder gesundheitliche, psychische oder physische Probleme haben.

Die Leidtragenden sind die Frauen, die ausgebeutet werden. Für moderne Reproduktionstechniken braucht man Eizellen, Leihmütter und nun auch Spender-Gebärmütter. Um unfruchtbaren Frauen zum Kind zu verhelfen, nehmen Eizellspenderinnen in Kauf, selber unfruchtbar zu werden. Kürzlich hörte man von der Leihmutter Brooke Brown aus Idaho. Sie und ihre Auftragskinder starben durch Komplikationen in der Schwangerschaft. Arme Frauen aus Drittländern fallen schon heute der Fruchtbarkeitsindustrie zum Opfer. Im Journal für Reproduktive Biomedizin war neulich zu lesen, dass Dr. Rachel Brown und Joyce Harper zugaben, dass Reproduktionstechnologien kaum auf ihre Sicherheit geprüft werden, bevor sie zum Einsatz kommen.(4)


Anmerkungen:

(1) E. Breburda Reproduktive Freiheit, free for what?

(2) Denise Grady: First Uterus Transplant in U.S. has failed. The New York Times, March 9, 2016

(3) Dr. Edith Breburda hat als Plazentologin viele wissenschaftliche Artikel über reproduktive Immunologie veröffentlicht.

(4) Rebecca Taylor: Uterus Transplants are supremely risky. Nat. Cath. Register, 18.04.2016

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Quelle:
© by Dr. Edith Breburda
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin
Blog: http://scivias-publisher.blogspot.com/


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2016

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