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FORSCHUNG/2831: Neue Einblicke in die Zellteilung (idw)


Max-Planck-Institut für Biochemie - 09.01.2013

Neue Einblicke in die Zellteilung

Max-Planck-Forscher entwickeln Minimalsystem



Alle Lebewesen bestehen aus Zellen, die aus der Teilung anderer Zellen entstanden sind. Wie dieser Prozess im Detail funktioniert, ist noch nicht umfassend verstanden. Wissenschaftlern am MPI für Biochemie ist es jetzt gelungen, ein minimales biologisches System zu konstruieren, das wichtige Bestandteile des Zellteilungsapparates zusammenbringt. Mit Hilfe dieses Minimalsystems konnten die Forscher die biophysikalischen Mechanismen genauer unter die Lupe nehmen. "Unser Modell könnte helfen, neue Therapien gegen Krankheiten zu entwickeln und zu testen, die auf Fehlern in der Zellteilung beruhen", hofft Sven Vogel, Forscher am Institut. Die Ergebnisse wurden im Journal eLife veröffentlicht.

Die Forscher der Abteilung "Zelluläre und Molekulare Biophysik" versuchen, die Strukturen einer Zelle mit Hilfe eines Baukastenprinzips zu rekonstruieren. So möchten sie die grundlegenden Mechanismen lebender Systeme Schritt für Schritt nachvollziehen. "Unsere Vision ist, immer mehr Bausteine aus natürlichen und synthetischen Biomolekülen zusammenzufügen, bis wir schließlich die Minimalversion einer Zelle vor uns haben", sagt Petra Schwille, Direktorin am MPI für Biochemie. Mit einem solchen Ansatz ist es den Wissenschaftlern jetzt gelungen, den Prozess der Zellteilung genauer zu untersuchen.

Aus eins mach zwei

Während der Zellteilung müssen zum einen die Erbinformation und das Zellplasma korrekt auf zwei Tochterzellen verteilt werden. Zum anderen müssen die beiden neuentstandenen Zellen physikalisch voneinander getrennt werden. Ein wichtiger Bestandteil dieser Zellteilungsmaschinerie ist der Zellkortex. Diese Schicht sitzt direkt unter der Zellhülle und besteht aus einer dünnen Lage fädiger Proteinketten, sogenannter Aktinfilamente. Während des eigentlichen Teilungsvorgangs üben Motorproteine aus dem Zellinneren Kräfte auf diese Aktinfilamente aus, wodurch sich der Zellkortex zusammenzieht, die Zelle in der Mitte einschnürt und letztendlich teilt.

Die Max-Planck-Forscher haben jetzt einen künstlichen Zellkortex konstruiert, an dem sie die physikalischen Phänomene genauer untersuchen können. Hierfür haben die Wissenschaftler nur die notwendigsten Bestandteile der Zellteilungsmaschinerie kombiniert und so ein künstliches Minimalsystem geschaffen. Ein solches System kann komplexe Prozesse stark vereinfacht darstellen. In der Natur dagegen haben sich Zellen über mehrere Millionen Jahre entwickelt und wurden nicht präzise geplant und konstruiert. Dadurch seien einige Prozesse möglicherweise komplexer als sie sein müssten, so Sven Vogel. "Diese Komplexität macht es oftmals nahezu unmöglich, die Grundmechanismen im Detail zu erforschen", sagt der Biophysiker.

Mit ihrem Minimalsystem konnten die Wissenschaftler beispielsweise zeigen, dass die Zugabe von Motorproteinen zu dem künstlichen Zellkortex eine Musterbildung auslöst. Außerdem brechen die Motorproteine einzelne Aktinfilamente auseinander und verdichten sie. Die Martinsrieder Forscher sind sich sicher, dass auch in Zukunft künstliche Minimalsysteme einen Beitrag dazu leisten werden, die Mechanismen der Zellteilung im Detail zu verstehen. "Unsere Ergebnisse und Minimalsysteme könnten helfen, neue Therapien gegen Krankheiten zu entwickeln und zu testen, die auf Fehlern in der Zellteilung beruhen", hofft Sven Vogel.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.biochem.mpg.de/news/pressroom/index.html
(Pressemitteilungen den MPI für Biochemie)
http://www.biochem.mpg.de/en/rd/schwille/
(Webseite der Forschungsabteilung "Zelluläre und Molekulare Biophysik")

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image191598
Motorproteine (rot) binden an Aktinfilamente (grün) - ein erster Schritt zur physischen Teilung einer Zelle.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter Adresse:
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Pressemitteilung (PDF)

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Biochemie, Anja Konschak, 09.01.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2013