Ludwig-Maximilians-Universität München - 17.02.2015
Molekularbiologie - Süße Scharfmacher
LMU-Wissenschaftler haben einen neuen Mechanismus entdeckt, durch den pathogene Bakterien ihre Wirkung entfalten: Das Anheften einer zusätzlichen Zuckergruppe an den Translationsfaktor EF-P aktiviert die Produktion krankmachender Proteine.
Der Translationsfaktor EF-P spielt bei der Regulation der Proteinproduktion eine wichtige Rolle: Wird die Proteinsynthese in den Ribosomen durch bestimmte Signale gestoppt, kann erst EF-P die zelluläre Proteinfabrik wieder anwerfen. Studien an einer Reihe pathogener Bakterien haben gezeigt, dass dieser Vorgang etwa für die Produktion krankmachender Proteine wichtig ist - fehlt den Bakterien EF-P, sind sie deutlich weniger virulent. Allerdings kann EF-P die Proteinsynthese nur frei schalten, wenn es zuvor chemisch modifiziert wurde. "Wir haben nun einen völlig neuen Mechanismus für diese EF-P-Modifikation gefunden", sagt die LMU-Mikrobiologin Kirsten Jung.
Jungs Team konnte zeigen, dass EF-P aktiviert wird, wenn an einen bestimmten EF-P-Baustein - die Aminosäure Arginin - ein zusätzliches Zuckermolekül, eine sogenannte Rhamnose, angedockt wird. Dieser Vorgang wird als Arginin-Rhamnosylierung bezeichnet. "So weit wir wissen sind wir die Ersten, die eine derartige Modifikation bei Bakterien nachweisen konnten", sagt Jürgen Lassak, der Erstautor der Studie. EF-P kommt nicht nur in Bakterien vor, sondern auch Archaeen und Zellen höherer Organismen besitzen ein EF-P-Pendant. In einer früheren Arbeit (LINK http://www.sciencemag.org/content/339/6115/82.abstract) deckte Jung gemeinsam mit Daniel Wilson (Genzentrum), mit dem die Mikrobiologin im Rahmen des Exzellenzclusters CIPSM zusammenarbeitet und der auch an der neuen Studie beteiligt ist, die Funktionsweise von EF-P im Darmbakterium Escherichia coli auf. "Allerdings wird E. coli EF-P auf eine andere Weise modifiziert, und die dafür notwendigen Enzyme besitzen nur 25 Prozent aller Bakterien. Mit unserer neuen Studie konnten wir die Bandbreite an Bakterien, für die die Art und Weise der EF-P-Modifikation bekannt ist, deutlich erweitern", erklärt Jung.
Der Fund bietet möglicherweise einen Angriffspunkt für neuartige
Antibiotika, die gerade vor dem Hintergrund der steigenden Zahl
multiresistenter Keime dringend benötigt werden. "Die
Arginin-Rhamnosylierung kommt auch bei klinisch relevanten Bakterien wie etwa
Pseudomonas aeruginosa und Neisseria vor, häufig mehrfach resistenten
Krankenhauskeimen", sagt Lassak. "Wenn wir einen Weg finden, diesen
Mechanismus gezielt zu hemmen, könnte dies die Entwicklung neuer
Wirkstoffe deutlich voranbringen". Dieses Ziel wollen die Wissenschaftler
weiter verfolgen und zusätzlich untersuchen, ob auch andere Proteine als
EF-P mithilfe der Arginin-Rhamnosylierung modifiziert werden.
"Möglicherweise könnte man diesen Mechanismus auch im Rahmen der
synthetischen Biologie nutzen, um die Eigenschaften und Funktionen von
Proteinen zu modifizieren", blickt Jung in die Zukunft.
(Nature Chemical Biology 2015)
göd
Publikation
Arginine-rhamnosylation as new strategy to activate translation elongation
factor P
Jürgen Lassak, Eva Keilhauer, Maximilian Fürst, Kristin Wuichet, Julia
Gödeke, Agata L Starosta, Jhong-Min Chen, Lotte Søgaard-Andersen, Jürgen
Rohr, Daniel N. Wilson, Susanne Häussler, Matthias Mann & Kirsten Jung
Nature Chemical Biology 2015
Doi: 10.1038/nchembio.1751
Kontakt:
Prof. Dr. Kirsten Jung / Prof. Dr. Jürgen Lassak
Department Biologie I, Ber. Mikrobiologie
E-Mail: jung@lmu.de; juergen.lassak@lmu.de
http://www.mikrobiologie.biologie.uni-muenchen.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution114
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 17.02.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2015
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