Universitätsmedizin Mannheim - 26.01.2017
Molekulare Grundlage für die Kontakte zwischen Zellorganellen entschlüsselt
Mannheimer Wissenschaftler erforschen die Bedeutung von Organellkontaktzonen für die Gesundheit des Menschen
Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der University of Exeter konnten nachweisen, wie intrazelluläre Organellen über definierte Kontaktzonen miteinander in Verbindung treten und dabei Metabolite und Signale austauschen. Die Ergebnisse, die im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen dem Forscherteam von PD Dr. Markus Islinger aus der Neuroanatomie der Medizinischen Fakultät Mannheim und der Gruppe von Prof. Dr. Michael Schrader an der University of Exeter, UK gewonnen wurden, sind aktuell im wissenschaftlich renommierten Journal of Cell Biology (JCB) veröffentlicht. Über die Kenntnis des molekularen Aufbaus der Kontaktzonen von Organellen lässt sich offenbar eine neue Gattung von Organell-spezifischen Erkrankungen definieren.
Intrazelluläre Organellen wie Mitochondrien, Peroxisomen oder das endoplasmatische Retikulum, sind kleine abgeschlossene Funktionseinheiten innerhalb der Zelle, die spezifische Aufgaben im Zellstoffwechsel erfüllen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die von Membranen umschlossenen Organellen nicht als isolierte Einheiten in der Zelle vorliegen, sondern über definierte Kontaktzonen miteinander in Verbindung treten.
Derartige Kontaktzonen zwischen Peroxisomen und dem endoplasmatischen Retikulum (ER) wurden bereits vor mehr als 50 Jahren elektronenmikroskopisch bei Säugetieren beobachtet. Die molekularen Komponenten, die diese Interaktion vermitteln, waren jedoch bisher unbekannt. Sowohl Peroxisomen als auch das ER sind für den reibungslosen Ablauf des menschlichen Fettstoffwechsels essentiell.
Die Wissenschaftler identifizierten zwei Proteine, die für die Ausbildung der Kontaktzonen zwischen Peroxisomen und dem ER verantwortlich sind: Das peroxisomale Membranprotein ACBD5 bildet mit dem ER-Protein VAPB einen Proteinkomplex aus, der beide Organellen aneinanderheftet. Erste Ergebnisse zeigen, dass der dabei gebildete Kontakt für den Transfer von Lipiden zwischen beiden Organellen verantwortlich ist.
Ein Defekt in den für den Fettstoffwechsel verantwortlichen Genen führt zu
lebensbedrohlichen vererbbaren Erkrankungen. Kürzlich beschrieben
Forschergruppen aus den Niederlanden und Saudi Arabien Patienten mit
Gendefekten in ACBD5, die zu einer irreversiblen Schädigung von Gehirn und
Retina führen. Grundlage des Krankheitsprozesses dieser ACBD5-Defizienz
könnte eine Störung der Kommunikation zwischen ER und Peroxisomen sein und
somit ein Beispiel für eine neue Gattung von Organell-spezifischen
Erkrankungen darstellen (siehe begleitender Spotlight-Artikel in JCB von
Maya Schuldiner unter
http://jcb.rupress.org/content/early/2017/01/19/jcb.201701072)
Der Ursache der ACBD5-Defizienz will PD Dr. Islinger in Mannheim genauer auf den Grund gehen. Er verwendet dafür eine Mauslinie, die einen Defekt im ACBD5-Gen besitzt und somit das Protein nicht mehr produzieren kann. Die Forscher erhoffen sich anhand von weiterführenden Studien an dieser sogenannten Knockout-Maus detaillierte Erkenntnisse über die Pathologie der ACBD5-Defizienz und damit allgemeingültige Hinweise für die Bedeutung von Organellkontaktzonen für die Gesundheit des Menschen.
Publikation
ACBD5 and VAPB mediate membrane associations between peroxisomes and the
ER
Joseph L. Costello, Inês G. Castro, Christian Hacker, Tina A. Schrader,
Jeremy Metz, Dagmar Zeuschner, Afsoon S. Azadi, Luis F. Godinho, Victor
Costina, Peter Findeisen, Andreas Manner, Markus Islinger, Michael
Schrader
Journal of Cell Biology
Published January 20, 2017
DOI: 10.1083/jcb.201607055
Weitere Informationen finden Sie unter
http://jcb.rupress.org/content/early/2017/01/08/jcb.201607055
Publikation
Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment56374
Pressemitteilung
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 26.01.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2017
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