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MELDUNG/060: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 16.02.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Sensitiv, selektiv, räumlich und zeitlich aufgelöst
      ATP-Detektion in lebenden Zellen mit Kohlenstoffnanoröhrchen und Luciferase
→  Gut oder böse?
      Neue Moleküle versprechen bessere Diagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs
→  Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig
      als europäisches Zentrum für Proteinproduktion ausgewählt
→  Symmetriebruch aktiviert symmetrisches Protein
      Aktivierung von Hitzeschock-Protein bei Mukoviszidose aufgeklärt

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Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. - 15.02.2010

Ausgeknipst

Sensitiv, selektiv, räumlich und zeitlich aufgelöst
ATP-Detektion in lebenden Zellen mit Kohlenstoffnanoröhrchen und Luciferase

Alle lebenden Zellen brauchen einen "Brennstoff" um zu funktionieren: Adenosintriphosphat (ATP), gewissermaßen das Benzin der Zelle. ATP innerhalb von Zellen zu detektieren, kann Forschern helfen, Energie verbrauchende physiologische Prozesse zu beobachten, z. B. Signalkaskaden oder Transportvorgänge. Zudem steht eine Verarmung an ATP mit bestimmten Erkrankungen im Zusammenhang, wie Parkinson und Ischämie (Minderdurchlutung von Gewebe). Ein Team um Michael S. Strano vom Massachusetss Institute of Technology in Cambridge (USA) hat nun einen empfindlicheren, höher auflösenden und dabei robusteren Nachweis für ATP entwickelt. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, basiert die Methode auf Kohlenstoffnanoröhrchen.

ATP wird üblicherweise mit dem so genannten Luciferase-Test nachgewiesen. Luciferasen sind Enzyme, die in Leuchtkäfern und anderen biolumineszenten Organismen zur Erzeugung von Licht genutzt werden. Sie setzen ein Substrat namens Luciferin mit Sauerstoff zu Oxyluciferin um, das anschließend weiterreagiert und dabei das Leuchten verursacht. Bestimmte Luciferasen nutzen für ihre Reaktion ATP. Diese gängige Luciferase-Methode ist aufwändig, zeitraubend und leidet unter einem schlechten Signal/Rausch-Verhältnis.

Das MIT-Team hat nun eine neue Variante der Luciferase-Methode entwickelt. Die Luciferase wird dabei an Kohlenstoffnanoröhrchen geknüpft. In dieser Form wird das Enzym leicht von Zellen aufgenommen. In Anwesenheit von Luciferin und ATP entsteht wie gehabt Oxyluciferin, das eine Fluoreszenz erzeugt. Was aber hier interessanter ist: Kohlenstoffnanoröhrchen zeigen normalerweise eine Fluoreszenz im nahen infraroten (nIR) Spektralbereich. Diese wird durch die Luciferase-Reaktion aber in Abhängigkeit von der zugeführten ATP-Konzentration ausgelöscht. Warum? "Das entstehenden Produkt Oxyluciferin lagert sich fest an die Röhrchen an", erläutert Strano. "Dabei werden Elektronen des Nanoröhrchens auf das Oxyluciferin übertragen. In diesem Zustand kann das Kohlenstoffnanoröhrchen dann nicht mehr fluoreszieren." Die Abnahme der nIR-Fluoreszenz kann gut detektiert werden und dient als Maß für die ATP-Konzentration.

"Unser neuer Sensor ist sehr selektiv für ATP", so Strano weiter. "Es war uns damit möglich, in einer Zellkultur die zeitliche und räumliche Veränderung von ATP-Konzentrationen zu beobachten."

Angewandte Chemie:
Presseinfo 06/2010

Autor:
Michael S. Strano
Massachusetts Institute of Technology
Cambridge (USA)
http://web.mit.edu/stranogroup/

Angewandte Chemie 2010, 122, No. 8, 1498-1501
Permalink:
http://dx.doi.org/10.1002/ange.200906251

Angewandte Chemie
Postfach 101161
69495 Weinheim, Germany

Weitere Informationen finden Sie unter
http://presse.angewandte.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image109495
neue Variante der Luciferase-Methode

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution122

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., Dr. Renate Hoer, 15.02.2010

Raute

Universitätsklinikum Ulm - 15.02.2010

Gut oder böse?
Neue Moleküle versprechen bessere Diagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs

Ulmer Nuklearmediziner schließen EU-gefördertes Forschungsprojekt ab

Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs ist häufig ein Todesurteil. Ein Grund dafür ist, dass diese Krebsart mit den heutigen Diagnosemöglichkeiten meist erst im Spätstadium entdeckt werden kann, wenn Heilung nur noch schwer möglich ist. In einem von der EU geförderten Projekt haben 23 Forschergruppen aus sechs Ländern neue Ansätze für eine verbesserte Diagnose des Bauchspeicheldrüsenkrebses erarbeitet. An der Ulmer Klinik für Nuklearmedizin wurden neue Moleküle entwickelt, die in Kombination mit besonderen bildgebenden Verfahren bösartige Veränderungen früher anzeigen können.

Die Wissenschaftler machten sich dabei zu Nutze, dass sich Tumorzellen häufiger und anders teilen als normale Zellen. "Ziel ist es, Moleküle zu finden, die auf die Besonderheiten der Tumorzellen reagieren, und sich genau dort anreichern. Für Ärzte zur Diagnose sichtbar werden die Anreicherungen durch eine radioaktive Markierung der Moleküle, die man wiederum in bestimmten bildgebenden Verfahren sichtbar machen kann", erläutert Prof. Dr. Sven Norbert Reske, der Ärztliche Direktor der Klinik für Nuklearmedizin, das Grundprinzip.

Solche Moleküle zu finden und herzustellen, ist aufwändig, da ihre Anbindung an die Tumorzellen und ihre radioaktive Markierung zielgerichtet funktionieren und verträglich sein müssen. Ein Molekül, das die Ulmer Arbeitsgruppe entwickelte, spricht auf eine erhöhte Anzahl von Transportermolekülen auf der Oberfläche von Tumorzellen an. "Ein weiteres Molekül macht in einer speziellen Phase der Zellteilung die Synthese einer bestimmten Nukleinsäure, der RNA, die z. B. bei der Übertragung oder Übersetzung von Erbinformationen hilft, sichtbar", so Reske. Die Entwicklung der Moleküle wurde unter Federführung des Diplom Chemikers Dr. Boris D. Zlatopolskiy in den renommierten Fachzeitschriften Journal of Nuclear Medicine (DOI: 10.2967/jnumed.109.065623) und Bioorganic & Medicinal Chemistry Letters (DOI: 10.1016/j.bmcl.2009.07.017) veröffentlicht. "Beide Moleküle könnten uns eines Tages helfen, Bauchspeicheldrüsenkrebs besser zu diagnostizieren und z. B. von anderen gutartigen entzündlichen Erkrankungen abzugrenzen. Bis Patienten eines Tages davon profitieren können, müssen jedoch noch weitere Studien durchgeführt werden", blickt Professor Reske in die Zukunft.

Bereits bekannte, in ihrer Struktur den neu entwickelten verwandte Moleküle wurden erst kürzlich in einer klinischen Studie mit 31 Patienten geprüft, die zeigte, dass die Erkennung und die Abgrenzung von anderen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse erleichtert wurde. Die Studie führte der Nuklearmediziner PD Dr. Andreas Buck, der aus der Ulmer Arbeitsgruppe stammt, an seiner neuen Wirkungsstätte an der TU München durch (DOI: 10.2967/jnumed.108.052027).

Die fächerübergreifende Zusammenarbeit u. a. von Medizinern, Biologen, Chemikern, Physikern, Pathologen und Statistikern sowie die Zusammenarbeit mit der Industrie ist eine Besonderheit des EU-Projekts namens MolDiag-Paca (Novel molecular diagnostic tools for the prevention and diagnosis of pancreatic cancer; www.moldiagpaca.eu). Die Ulmer Arbeitsgruppe wurde über drei Jahre mit insgesamt rund 390.000 Euro gefördert.

Im Anhang finden Sie Vergleichsbilder der Computertomographie (CT) und Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zur Diagnostik: Ob es sich bei einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse (mit Pfeil markiert) um eine Entzündung oder Krebs handelt, zeigen die PET-Darstellungen in der unteren Reihe deutlich im Vergleich zu den CT-Bildern oben. Bei der Entzündung zeigt sich im PET-Bild links unten keine Anreicherung der radioaktiv markierten Moleküle (18F-FLT), der Krebs rechts unten dagegen verrät sich durch die vermehrte Anreicherung, zu sehen als schwarzer Fleck. [Studie PD Dr. Buck]

Universitätsklinikum Ulm
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Albert-Einstein-Allee 29, D - 89081 Ulm
Mail: petra.schultze@uniklinik-ulm.de
Internet: www.uniklinik-ulm.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uniklinik-ulm.de/nuklearmedizin
Ulmer Universitätsklinik für Nuklearmedizin

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Diagnostik des Bauspeicheldrüsenkrebses

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1093

Quelle: Universitätsklinikum Ulm, Petra Schultze, 15.02.2010

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Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung - 15.02.2010

Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig als europäisches Zentrum für Proteinproduktion ausgewählt

INSTRUCT ist eine neuartige Form der Kooperation zwischen Wissenschaftlern. Strukturbiologen in ganz Europa bündeln im 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union aufwändige Technologien und Infrastrukturen großer, strukturbiologischer Forschungszentren. Ziel dieses Forschungsnetzwerks für integrierte strukturbiologische Infrastrukturen ist, allen europäischen Forschern Zugang zu den modernsten Verfahren der Strukturaufklärung von Biomolekülen zu ermöglichen.

INSTRUCT wird einen wichtigen Beitrag für die biomedizinische Forschung in den nächsten Jahrzehnten leisten, da die Entwicklung neuer Therapien, Medikamente und verbesserter Diagnostik entscheidend von der Einbettung strukturbiologischer Verfahren in die Biomedizin abhängen. Aktuell sind Forschungszentren aus England, Frankreich, Italien, Israel und Deutschland am Aufbau von INSTRUCT beteiligt.

Im August 2009 ging das INSTRUCT-Konsortium in die erste Erweiterung: Zu den Gründerzentren wurden sechs so genannte "assoziierte Zentren" über eine Ausschreibung gesucht. Die "Protein Sample Production Facility" (PSPF) am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig bewarb sich als assoziiertes Zentrum. "Mit unseren neuentwickelten Technologien für die Proteinproduktion wurden wir ohne Einschränkungen vom INSTRUCT-Auswahlkomitee in das Konsortium aufgenommen", sagt Professor Dirk Heinz, Leiter des Bereichs "Strukturbiologie" am HZI. Die PSPF, Teil des Bereichs "Strukturbiologie" am HZI, hat sich in den vergangenen Jahren unter der Leitung von Joop van den Heuvel auf die Produktion von Proteinen mit tierischen Zell-Linien spezialisiert. Konrad Büssow, Leiter der Projektgruppe "Expression von Säugetierproteinen" entwickelte mit seinen Mitarbeitern innerhalb der PSPF eine Technologie mit der Proteine in besonderen Zell-Linien schneller und einfacher für die strukturbiologischen Untersuchungen produziert werden können. Die Braunschweiger Forscher freuen sich über die Entscheidung des INSTRUCT-Auswahlkomitees und die damit voraussichtlich europaweite Anwendung der hier entwickelten Technologien zur Proteinherstellung.

"Die Teilnahme eines Helmholtz-Zentrums am EU INSTRUCT Programm ist von großer Bedeutung für die stetige Weiterentwicklung der Strukturbiologie in Deutschland und Europa", sagt Dirk Heinz, "insbesondere die Gesundheitsforschung wird von der Zunahme an strukturbiologische Erkenntnisse über biomedizinisch bedeutende Proteinen und Nukleinsäuren profitieren können."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.instruct-fp7.eu/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution129

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Dr. Bastian Dornbach, 15.02.2010

Raute

Technische Universität München - 15.02.2010

Symmetriebruch aktiviert symmetrisches Protein
Aktivierung von Hitzeschock-Protein bei Mukoviszidose aufgeklärt

Mukoviszidose oder auch Zystische Fibrose ist die häufigste erbliche Stoffwechselkrankheit in Europa. Ein Auslöser der Krankheit ist die fehlerhafte Regulation des Hitzeschockproteins Hsp90 durch das Partnerprotein Aha1. Den Mechanismus dieser Reaktion haben nun Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) aufgeklärt. Ihre Ergebnisse berichten Sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Molecular Cell.

In jeder Zelle gibt es Tausende von Proteinen, deren Aktivität und Lebensdauer reguliert werden muss, um den Lebenszyklus der Zelle von der Zellteilung bis zum Zelltod zu steuern. Das Hitzeschock-Protein Hsp90 nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Hsp90 ist ein Chaperon, eine Art "Qualitätskontrolleur" oder "Anstandsdame", das die Qualität und Aktivität einer Vielzahl wichtiger Signalproteine prüft und steuert. Wenn die Zelle durch Hitze oder Sauerstoffmangel hohem Stress ausgesetzt ist, wird dieses Protein vermehrt hergestellt, um die Schäden für andere Proteine in Grenzen zu halten.

Wie komplex das Regelwerk einer Zelle ist, wird dadurch deutlich, dass auch Hsp90 selbst von Partnerproteinen reguliert wird. Diese Regulation ist für den Organismus von fundamentaler Bedeutung, wie das Beispiel der Zystischen Fibrose, auch Mukoviszidose genannt, zeigt. Man weiß, dass diese Erkrankung durch die Wechselwirkung zwischen Hsp90 und einem Partnerprotein namens Aha1 wesentlich verstärkt wird. Wie Aha1 Hsp90 in seiner Funktion beeinflusst, war bisher allerdings unklar.

Hsp90 ist ein aus zwei identischen Untereinheiten symmetrisch zusammengesetztes Protein. Bisher vermutete die Wissenschaft, dass beide Hälften auch symmetrisch arbeiten, für eine Aktivierung also auch zwei Aha1-Proteine gebraucht werden. Im Department Chemie der TU München gelang es nun einem Team von Biochemikern um Professor Johannes Buchner in Kooperation mit der Gruppe von Professor Horst Kessler den Mechanismus der Aktivierung von Hsp90 durch sein Partnerprotein Aha1 aufzuklären.

Überraschenderweise spielt hierbei der Bruch der Symmetrie in Hsp90 eine große Rolle: Der Aktivierungsmechanismus von Hsp90 durch Aha1 verläuft asymmetrisch. Bereits das Andocken eines Aha1-Proteins an zwei Bindestellen eines Hsp90 reicht aus, um Hsp90 vollständig zu aktivieren. Die Kenntnis des Mechanismus könnte, so hoffen die Forscher, langfristig zur Entwicklung neuer Therapieansätze für Mukoviszidose aber auch für andere Krankheiten wie Krebs führen.

Originalpublikation:
Asymmetric Activation of the Hsp90 Dimer by Its Cochaperone Aha1
Marco Retzlaff, Franz Hagn, Lars Mitschke, Martin Hessling, Frederik Gugel, Horst Kessler Klaus Richter and Johannes Buchner
Molecular Cell 37, 344-354, February 12, 2010
DOI: 10.1016/j.molcel.2010.01.006

Kontakt:
Prof. Dr. Johannes Buchner
Technische Universität München
Chemie Department
Lichtenbergstraße 4, 85748 Garching
E-Mail: Johannes.Buchner@ch.tum.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.chemie.tu-muenchen.de/biotech/index.html
Internetseite des Lehrstuhls

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution73

Quelle: Technische Universität München, Dr. Ulrich Marsch, 15.02.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2010