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MELDUNG/104: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 20.04.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Unbekannte Proteinbausteine der GABA-B-Rezeptoren identifiziert
→  Landesweite Initiative Qualitätsmedizin will mit Transparenz Behandlungen verbessern
→  Wissenschaftler entwickeln neue Betreuungsmodelle zur Demenzversorgung

Raute

Universität Basel - 19.04.2010

Unbekannte Proteinbausteine der GABA-B-Rezeptoren identifiziert

Forscher der Universität Basel und der Universität Freiburg im Breisgau haben lange gesuchte Bausteine eines der wichtigsten Neurotransmitter-Rezeptoren des zentralen Nervensystems entdeckt. Die Forschungsergebnisse wurden von der renommierten Wissenschaftszeitschrift "Nature" online veröffentlicht.

Den Forschern um Prof. Bernhard Bettler (Universität Basel) und Prof. Bernd Fakler (Universität Freiburg) ist es gelungen, die Zusammensetzung von GABA-B-Rezeptoren des Gehirns umfassend zu analysieren. Dabei haben sie vier Mitglieder einer bislang uncharakterisierten Genfamilie, der sogenannten KCTD-Proteine, als neue Bestandteile der GABA-B-Rezeptorkomplexe identifiziert.

Wie die Forscher zeigen konnten, bestimmen die KCTD-Proteine sowohl die pharmakologischen als auch die biophysikalischen Eigenschaften der GABA-B-Rezeptoren. Unter anderem erklären die neu identifizierten Proteine, warum bereits bekannte Untereinheiten die Eigenschaften der Hirnrezeptoren nicht reproduzieren konnten.

Wichtige Neurotransmitter

GABA-Rezeptoren (Gamma-amino-Buttersäure) sind die wichtigsten hemmenden Neurotransmitter-Rezeptoren des zentralen Nervensystems. Sie verhindern, dass Nervenzellen zu stark aktiviert werden, was zu neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen wie Krampfanfällen, Depressionen oder Angstzuständen führen kann.

Bekannt sind zwei unterschiedliche Rezeptortypen: Die GABA-A-Rezeptoren sind für die schnelle Hemmung im Gehirn verantwortlich und Angriffspunkt wichtiger Medikamente wie zum Beispiel Valium (Diazepam). Die GABA-B-Rezeptoren sind für eine länger andauernde Hemmung der Nervenzellen wichtig. Medikamente, die GABA-B-Rezeptoren aktivieren, werden zur Behandlung der Spastik bei Rückenmarksverletzungen und Multipler Sklerose sowie bei Narkolepsie und Suchterkrankungen eingesetzt.

Die jetzt in "Nature" veröffentlichten Erkenntnisse könnten von grossem therapeutischem Nutzen sein, da die neuen Untereinheiten Rezeptortypen mit unterschiedlicher Signalübertragung und pharmakologischen Eigenschaften generieren. Damit sollte es möglich werden, Medikamente zu entwickeln, die einen bestimmten Rezeptorsubtyp selektiv beeinflussen. Von solchen Medikamenten erhoffen sich die Forscher sowohl weniger Nebenwirkungen als auch neue therapeutische Anwendungsmöglichkeiten.

Bedeutung für die Entwicklung von Arzneistoffen

Neben diesen speziellen Anwendungen ist die Arbeit der Basler und Freiburger Physiologen für die Pharmaindustrie noch aus einem weiteren Grund von grossem Interesse. GABA-B-Rezeptoren gehören zur Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR), der grössten und vielseitigsten Gruppe von Membranrezeptoren. In der Medizin nehmen GPCR eine Schlüsselposition ein: Etwa 60% aller verschreibungspflichtigen Medikamente wirken auf diese Rezeptoren. Die Entdeckung, dass GPCR komplexer aufgebaut sind und zusätzlich zu den Rezeptorproteinen noch weitere spezifische Untereinheiten enthalten, die deren Signaltransduktion entscheidend beeinflussen, könnte die Anzahl unterschiedlicher GPCR und damit möglicher Zielproteine für Arzneimittel sprunghaft ansteigen lassen.

Originalbeitrag
Jochen Schwenk, Michaela Metz, Gerd Zolles, Rostislav Turecek, Thorsten Fritzius, Wolfgang Bildl, Etsuko Tarusawa, Akos Kulik, Andreas Unger, Klara Ivankova, Riad Seddik, Jim Y. Tiao, Mathieu Rajalu, Johana Trojanova, Volker Rohde, Martin Gassmann, Uwe Schulte, Bernd Fakler, & Bernhard Bettler
Native GABA-B receptors are heteromultimers with a family of auxiliary subunits
Nature, advance online publication, 18 April 2010
doi: 10.1038/nature08964

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/abs/nature08964.html
Abstract

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image113768
Bisher wurde angenommen, dass GABA-B-Rezeptoren ein Heterodimer aus zwei Untereinheiten (rot und orange) bilden. Die neuen Befunde zeigen, dass die bekannten Untereinheiten ein Tetramer bilden, das wiederum mit zwei Tetrameren der neu identifizierten KCTD-Proteine (grün, nur ein KCTD-Tetramer ist sichtbar) assoziert ist. Verschiedene KCTD-Proteine beeinflussen die Aktivierung von Effektorproteinen (G-Proteine, blau) und die pharmakologischen Eigenschaften des Rezeptorkomplexes in unterschiedlicher Weise.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution74

Quelle: Universität Basel, MA Reto Caluori, 19.04.2010

Raute

Medizinische Hochschule Hannover - 19.04.2010

MHH beteiligt sich an Qualitätsoffensive

Landesweite Initiative Qualitätsmedizin will mit Transparenz Behandlungen verbessern

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) gehört zu sieben führenden Klinikträgern aus Deutschland, die die landesweite Initiative Qualitätsmedizin (IQM) im Jahr 2008 zur Sicherung und Verbesserung der Qualität in der Medizin gegründet haben. Mittlerweile gehören 122 Kliniken der Initiative an, von denen etwa 100 jetzt ihre Qualitätsergebnisse im Internet veröffentlicht haben. Dr. Andreas Tecklenburg, als Vizepräsident der MHH zuständig für das Ressort Krankenversorgung, sieht in der Transparenz der Qualitätsdaten die zwingende Voraussetzung, um die Behandlungsqualität der Patienten weiter zu steigern. "Gerade die Universitätskliniken als Keimzellen der deutschen Spitzenmedizin haben eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, die Qualität der Medizin zu verbessern", betont Dr. Tecklenburg. Neben der MHH gehören sieben weitere Unikliniken aus Deutschland und der Schweiz der Initiative an.

"Wir wollen unseren Patienten die bestmögliche Qualität in der medizinischen Versorgung zugute kommen lassen", erläutert der MHH-Vizepräsident. Dr. Daisy Hünefeld, Leiterin der MHH-Stabsstelle Unternehmensentwicklung, ergänzt: "Die IQM-Werte belegen unsere Stärken, zeigen aber auch, wo wir noch besser werden können." Der nächste Baustein im IQM-Konzept sind sogenannte Peer-Review-Verfahren. Dabei analysieren die Mitgliedskliniken im Fachaustausch untereinander Behandlungsabläufe und -strukturen, um auffällige Ergebnisse zu durchleuchten. "Wir haben die trägerübergreifende Initiative mit gegründet, um voneinander zu lernen, genau das wird nun passieren", sagt Dr. Tecklenburg, "immer mit dem Ziel einer noch besseren Behandlungsqualität zum Wohle der Patienten."

Die 122 Mitgliedskliniken der Initiative behandeln zusammen etwa 1,8 Millionen Patienten pro Jahr stationär und 4,8 Millionen Menschen ambulant. Die Kliniken verfolgen einen innovativen Ansatz im Qualitätsmanagement. Sie verpflichten sich, die Qualität ihrer Leistungen auf der Basis bereits vorhandener Daten zu erheben. "Routinedaten, die für die Abrechnung jeder Behandlung mit den Kostenträgern erhoben werden, können auf diese Weise zusätzlich zum Qualitätsindikator werden", erläutert Dr. Tecklenburg. Sämtliche dieser Qualitätsdaten werden auf eine gemeinsame elektronische Plattform gestellt. Die Ergebnisse der MHH sind unter der Webadresse www.mh-hannover.de/iqm.html zu finden.

Weitere Informationen zu IQM finden Sie unter
www.initiative-Qualitaetsmedizin.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 19.04.2010

Raute

Universität Rostock - 19.04.2010

Wissenschaftler entwickeln neue Betreuungsmodelle zur Demenzversorgung

Zentrum für integrierte Demenzversorgungsforschung und Standort Rostock/Greifswald
des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen eröffnet

In Anwesenheit von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering wurde heute das Zentrum für integrierte Demenzversorgungsforschung und der Standort Rostock/Greifswald des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) eröffnet. Das Zentrum für integrierte Demenzversorgungsforschung ist eine Kooperation zwischen den Universitäten und Universitätskliniken Greifswald und Rostock und arbeitet wissenschaftlich eng mit dem DZNE zusammen. Der DZNE-Standort ist einer von nunmehr sieben Standorten des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen in der Helmholtz-Gemeinschaft.

"Wir wollen die Demenzforschung in unserem Lande voranbringen und neue versorgungsmedizinische Ansätze zum Wohl der vorrangig älteren Demenz-Patienten und ihrer Familien entwickeln", sagt Professor Dr. Stefan Teipel vom Universitätsklinikum Rostock, Sprecher des DZNE-Standortes Rostock/Greifswald und Leiter des Zentrums für integrierte Demenzversorgungsforschung. "Die hier entwickelten Versorgungsmodelle sollen auch auf andere Regionen der Bundesrepublik Deutschland übertragen werden, die einen vergleichbaren demografischen Wandel erfahren werden", so Professor Dr. Wolfgang Hoffmann von der Universität Greifswald, stellv. Leiter des Zentrums für integrierte Demenzversorgungsforschung und stellv. Sprecher des DZNE-Standortes Rostock/Greifswald.

"Der DZNE-Standort Rostock/Greifswald ist sehr wichtig für das DZNE. Mit der Einbindung international führender Expertisen und der Kooperationen wird der Standort vor allem im Bereich der demographischen Studien, der Epidemiologie und der Bildgebung einzigartig sein. Aufgrund der besonderen demographischen Struktur lassen sich hier Erkenntnisse gewinnen, die im Rahmen der gesamten Forschung des DZNE überaus interessant sein werden", so Prof. Dr. Pierluigi Nicotera Vorstandsvorsitzender des DZNE.

Die Kooperation zwischen dem DZNE-Standort Rostock/Greifswald und den Universitäten und Universitätskliniken Rostock und Greifswald wird sich vorrangig mit drei Schwerpunkten befassen: Dazu gehört die Erfassung des tatsächlichen Gesundheitszustandes der Bevölkerung im Nordosten Deutschlands in Bezug auf Demenzerkrankungen. Dabei werden Patienten mit kognitiven Störungen über Hausarztpraxen erfasst. Hintergrund ist die Tatsache, dass nur ein Teil der Demenzerkrankungen tatsächlich erkannt wird. Zum Zweiten gehört dazu die Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen. Im Mittelpunkt steht der Einsatz von speziell ausgebildeten Pflegekräften, sogenannten "Dementia Care Managern", die auf den Einzelfall zugeschnittene Beratung anbieten werden. Zum dritten geht es um die Bereitstellung neuester diagnostischer und therapeutischer Verfahren für die frühe Erkennung und bessere Behandlung von Demenzerkrankungen. Neben der medikamentösen Behandlung und der kognitiven Rehabilitation der Patienten kommt dabei der Schulung von Angehörigen eine besondere Rolle zu.

Anlass für die verstärkten Bemühungen um eine verbesserte Behandlung von Demenzkranken sind Versorgungslücken, die gerade in Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen sind. Sie resultieren aus einer sinkenden Zahl von Hausärzten vor allem im ländlichen Raum. Ähnliche Engpässe sieht Professor Teipel auch bei Fachärzten. Mecklenburg-Vorpommern müsse sich zudem eher als andere Bundesländer auf eine im Durchschnitt ältere Bevölkerung und die damit einhergehende Zunahme altersspezifischer Erkrankungen einstellen.

Am Nachmittag des 19. April stellten Experten aus Rostock und Greifswald während einer öffentlichen Informationsveranstaltung aktuelle Entwicklungen der Demenzversorgung und Demenzforschung in Mecklenburg-Vorpommern vor.

Das DZNE wird mit seinen sieben Standorten vom BMBF und den DZNE-Sitzländern im Verhältnis 90 zu 10 gefördert.

Standort Rostock/Greifswald des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und Zentrum für integrierte Demenzversorgungsforschung


Hintergrundinformation

Erforschung der Demenz im Verbund mit starken Partnern Der DZNE-Standort Rostock/Greifswald ist einer von sieben Standorten des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE). Das DZNE ist ein Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren, das sich mit neurodegenerativen Erkrankungen beschäftigt. Sein Ziel ist es, Ursachen und Risikofaktoren, die Neurodegeneration zur Folge haben, zu verstehen und neue Therapie- und Pflegestrategien zu entwickeln. Die Forschungsfelder schließen die bedeutendsten neurodegenerativen Erkrankungen wie M. Alzheimer und andere Demenzen ein sowie die Parkinson-Krankheit und seltene Leiden wie die Prionen- oder Huntington-Erkrankung. Darüber hinaus sollen sollen fundamentale Entdeckungen in die klinische Anwendung überführt und fortgeschrittene klinische Studien sowie Bevölkerungsstudien zu molekularen Mechanismen der Krankheitsentstehung miteinander verbunden werden Die Forschung am DZNE schließt darüber hinaus Aspekte der Gesundheitswissenschaften ein. Um die erfolgreiche deutsche Forschung auf dem Gebiet der Neurodegeneration zu bündeln, arbeitet das DZNE eng mit seinen Partneruniversitäten an den sieben Standorten in Bonn, München, Tübingen, Göttingen, Witten-Herdecke und Rostock/Greifswald sowie dem Kooperationspartner in Dresden zusammen.

Die Finanzierung des DZNE Standortes wird entsprechend dem Helmholtz-Schlüssel zu 90 Prozent aus Bundesmitteln und zehn Prozent aus Landesmitteln realisiert. Hinzu kommt aber aus Mitteln des Landes und der Universitäten die Bereitstellung von Räumlichkeiten für das neue Zentrum in den Gebäuden der Universität sowie die Bereitstellung modernster klinischer Diagnostik, einschließlich eines neuen 3 Tesla MRT Scanners, die über Landesmittel finanziert wurden. Deren Nutzung wird über einen Kooperationsvertrag zwischen den Universitäten und dem DZNE geregelt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution210

Quelle: Universität Rostock, Ingrid Rieck, 19.04.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2010