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MELDUNG/222: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Universitäten Saarland, Nancy und Liège:
      Erste gemeinsame Tagung von Orthopädie-Forschern aus den Universitäten der Großregion
→  Mechanismus der Immuntoleranz bei Neugeborenen identifiziert
→  Naturstoff-Forscher fahnden nach Wirkstoffen gegen Krebs

Raute

Universität des Saarlandes - 25.10.2010

Universitäten Saarland, Nancy und Liège
Erste gemeinsame Tagung von Orthopädie-Forschern aus den Universitäten der Großregion

Am 5. November treffen sich erstmals Forscher der Experimentellen und Klinischen Orthopädie der Saar-Uni sowie der Universitäten in Nancy, Luxemburg und Liège zu einer gemeinsamen Tagung an der Universitätsklinik in Homburg. Der grenzüberschreitende Austausch der Wissenschaftler wird im Rahmen des Interreg-Projektes "Universität der Großregion" (UGR) organisiert und soll dazu beitragen, dass sich die Forscher stärker untereinander vernetzen.

Geplant sind außerdem Gastvorlesungen der Wissenschaftler an den Partner-Universitäten sowie der Austausch von Doktoranden.

"Jede Universität in der Großregion setzt in der Experimentellen und Klinischen Orthopädie andere Schwerpunkte. Wenn man sie aber als Einheit betrachtet, ergänzen sich diese verschiedenen Forschungszweige hervorragend", sagt Henning Madry, Professor für Experimentelle Orthopädie und Arthroseforschung der Universität des Saarlandes und Initiator des grenzüberschreitenden Projektes. An der Universität in Nancy wird vor allem an grundlegenden Problemen des Gelenkknorpels geforscht. An der belgischen Universität in Liège werden Biomarker entwickelt, mit denen man frühzeitig die Entstehung der Arthrose erkennen kann.

In Luxemburg beschäftigen sich die Ärzte und Wissenschaftler mit der so genannten Tibiakopfosteotomie. Mit diesem chirurgischen Eingriff wird bei Patienten mit Kniearthrose und Abweichung der Beinachse die Beinstellung verändert, um den von Arthrose betroffenen Kniegelenkanteil zu entlasten und den Fortschritt der Arthrose aufzuhalten. "Man durchtrennt dafür den Unterschenkelknochen und setzt ihn mit korrigierter Beinachse wieder zusammen. Aus einem O-Bein wird dann wieder ein gerades Bein", erläutert Professor Madry. Er selbst forscht bereits seit vielen Jahren daran, wie man Knorpelersatz durch körpereigene Gene und durch Stammzellen verbessern kann, um der echten Knorpelstruktur möglichst nahe zu kommen. Seit kurzem hat er dafür den bundesweit einzigen Lehrstuhl für Experimentelle Orthopädie und Arthroseforschung an der Universität des Saarlandes inne.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-saarland.de/veranstaltungen
http://www.uniklinikum-saarland.de/ieo
http://idw-online.de/pages/de/news377579

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Henning Madry
Experimentelle Orthopädie und Arthroseforschung
Universitätsklinikum Homburg/Universität des Saarlandes
Mail: henning.madry@uks.eu

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment5485
Tagungsprogramm

Hintergrund
Das Projekt Universität der Großregion (UGR) möchte in den kommenden zwei Jahren einen grenzüberschreitenden Universitätsverbund schaffen. Beteiligt sind die Universität des Saarlandes, die Université de Liège, die Université du Luxembourg, die Université Paul Verlaine - Metz, die Universitäten von Nancy sowie die Universität Trier und die Technische Universität Kaiserslautern. Seit dem offiziellen Start des Projektes UGR haben sich die Partneruniversitäten unter anderem in grenzüberschreitenden Expertenausschüssen zusammengeschlossen, die mit der Umsetzung von konkreten Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern betraut sind.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution8

Quelle: Universität des Saarlandes, Friederike Meyer zu Tittingdorf, 25.10.2010

Raute

Medizinische Hochschule Hannover - 25.10.2010

Forscher erklären Entstehung der Darmflora

Mechanismus der Immuntoleranz bei Neugeborenen identifiziert

Ein kleines Signalmolekül namens IRAK1 ist dafür verantwortlich, dass sich kurz nach der Geburt - ohne Abwehrreaktion des Körpers - Mikroorganismen im Darm ansiedeln können und so die gesunde Darmflora entsteht. Das hat jetzt das Forscherteam um Professor Dr. Mathias Hornef, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), herausgefunden. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler den dazugehörigen molekularen Mechanismus aufklären. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Cell Host & Microbe. Erstautorin ist Dr. Cecilia Chassin.

Die Darmflora besteht bei Erwachsenen aus bis zu 1.000 verschiedenen Mikroorganismen. Sie hilft bei der Verdauung und dem Schutz vor krankheitserregenden Bakterien. Sie entsteht direkt nach der Geburt, indem sich die Mikroorganismen in dem bis dahin sterilen Darm ansiedeln. Ist die Darmflora fertig ausgebildet, stellt sie ein kompliziertes, sehr stabiles lebenslanges Gleichgewicht zwischen Bakterien und dem Wirt dar, dem menschlichem oder tierischem Organismus. Diese Balance lässt zu, dass sich unschädliche, für den Verdauungsprozess wichtige Bakterien ansiedeln, ermöglicht aber die Aktivierung der Immunabwehr bei einer Infektion mit Durchfallerregern.

Das MHH-Forscherteam untersuchte, wie dieses Gleichgewicht nach der Geburt zustande kommt. Es fand heraus, dass bei Mäusen kurz nach der Geburt ein zentrales Signalmolekül für die Erkennung von Mikroorganismen, IRAK1, in den Darmschleimhautzellen herunterreguliert wird. Damit wird die Schleimhaut des Neugeborenen unfähig, auf bakterielle Besiedlung zu reagieren und so kann sich die Darmflora ungestört ausbilden. Nachdem die Darmflora ausgebildet ist, tritt das Signalmolekül IRAK1 wieder in Funktion und ermöglicht so eine schützende Immunabwehr vor krankheitserregenden Keimen.

"Es handelt sich hier um Grundlagenforschung an Mäusen, die nicht direkt auf Menschen übertragbar ist", betont Professor Hornef. "Es gibt in Bezug auf die Reife der Darmschleimhaut bei Geburt und der postnatalen Entwicklung wesentliche Unterschiede zwischen neugeborenen Menschen und Mäusen. Trotzdem müssen auch beim Menschen Mechanismen existieren, die eine entzündliche Abwehrreaktion auf die bakterielle Besiedlung der Darmschleimhaut nach Geburt verhindern", sagt er.

Weitere Informationen erhalten Sie von
Professor Dr. Mathias Hornef
Telefon (0511) 532-4540
hornef.mathias@mh-hannover.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image127557
Darmepithelzellen, die bakterielles Endotoxin (in rot) aufgenommen haben und damit ähnlich wie neonatale Darmepithelzellen tolerant gegenüber einer Stimulation durch kolonisierende Bakterien geworden sind.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.cell.com/cell-host-microbe/fulltext/S1931-3128(10)00307-0
(Originalarbeit)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 25.10.2010

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Universität des Saarlandes - 25.10.2010

Naturstoff-Forscher fahnden nach Wirkstoffen gegen Krebs

Neue DFG-Forschergruppe an der Saar-Universität

Krebs mit Substanzen aus der Natur zu bekämpfen - diesem Ziel hat sich eine neue Forschergruppe an der Universität des Saarlandes und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München verschrieben. Die Federführung in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Verbundprojekt haben die Pharmazeuten Angelika Vollmar aus München und Rolf Müller vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung (HIPS) an der Universität des Saarlandes.

In dem Projekt sollen Myxobakterien als Quelle für Substanzen dienen, die sich als Ausgangsstoffe für die weitere Optimierung hin zu neuen Arzneimitteln gegen Tumorerkrankungen eignen. Außerdem wird untersucht, ob mit diesen Substanzen auch wichtige Prozesse bei der Krebsentstehung besser zu verstehen und zu beeinflussen sind.

Professor Angelika Vollmar von der LMU, die Sprecherin der neuen DFG-Gruppe, sieht den interdisziplinären Ansatz des Projektes, in dem exzellente Biotechnologen, Chemiker, Pharmazeuten und Pharmakologen zusammenarbeiten, als den Schlüssel zum Erfolg. Neben der Universität des Saarlandes und der LMU gehören auch die TU München, die Universität Jena sowie die ETH Zürich zur DFG-Forschungsgruppe.

Die Vertreter der Universität des Saarlandes sind mit gleich mehreren Projekten an der neuen DFG-Forschungsgruppe beteiligt und vor allem für die Bereitstellung der hochaktiven Naturstoffe verantwortlich. Dafür erhalten sie - zunächst für die kommenden drei Jahre - eine jährliche Förderung von rund 270.000 Euro. Aufbauend auf langjährigen Kooperationen zwischen der Pharmazeutischen Biotechnologie (Projekte von Dr. Silke C. Wenzel und Prof. Rolf Müller) und der Organischen Chemie (Prof. Uli Kazmaier), können die Saarbrücker Forscher die Wirkstoffe nicht nur biotechnologisch, sondern auch vollsynthetisch herstellen und modifizieren. Dies erlaubt auch die Bereitstellung ausreichender Mengen für biologische und medizinische Studien, die überwiegend von den Kollegen an der LMU München durchgeführt werden.

"Das pharmakologische Potenzial von Naturstoffen ist noch lange nicht ausgeschöpft", betont die Pharmazeutin Angelika Vollmar. Die Natur als Quelle für Arzneimittel spielt in der pharmazeutischen Wirkstoffentwicklung und biotechnologischen Forschung eine essenzielle Rolle: Fast die Hälfte aller Arzneistoffe, die zwischen 1940 und 2006 neu zugelassen wurden, waren natürlichen Ursprungs oder zumindest von Naturstoffen abgeleitet. Auch in der Krebstherapie zeigen Naturstoffe großes Potenzial, und vermutlich sind viele geeignete Substanzen noch nicht entdeckt. Die gegenwärtige Renaissance der Naturstoffforschung ist auch dadurch bedingt, dass verschiedene Forschungsbereiche in der Biologie Naturstoffe als Werkzeuge schätzen, um komplexe zelluläre Netzwerke zu verstehen.

Allerdings sind Naturstoffe oft nur schwer zu isolieren und in ausreichender Menge chemisch herzustellen. Hier setzt die Arbeitsgruppe um Professor Rolf Müller vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung an der Saar-Uni an, die seit vielen Jahren Myxobakterien erforscht. "Myxobakterien sind für das Team als Quelle für innovative Stoffe so attraktiv, weil sie viele verschiedene Stoffwechselprodukte mit hoher biologischer Aktivität produzieren", erläutert Müller. Durch innovative biosynthetische, genetische und chemische Ansätze sowie Computersimulationen werde es möglich sein, die Wirkstoffe gezielt zu manipulieren und damit strukturell neue, anspruchsvolle Substanzen in ausreichender Menge zu produzieren.

"Das Besondere der Saarbrücker Forschergruppe ist darüber hinaus, dass wir interessante Substanzen aus den Myxobakterien nicht nur hinsichtlich ihres Potenzials testen werden, Tumorzellen direkt abzutöten", hebt Gruppen-Sprecherin Angelika Vollmar hervor. "Wir wollen auch prüfen, ob sie bei anderen wichtigen Prozessen der Krebsentstehung Wirkung zeigen, etwa der Tumorgefäßbildung oder bei Entzündungsreaktionen."

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Rolf Müller
Pharmazeutische Biotechnologie, Geb. C2 3
66123 Saarbrücken
Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
E-Mail: rom@mx.uni-saarland.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution8

Quelle: Universität des Saarlandes, Gerhild Sieber, 25.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2010