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MELDUNG/257: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 14.12.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→ Förderung für Forschungsprojekte der Marburger und Gießener Hochschulmedizin
→ Keine Phenylketonurie im Kleinen Blasenmützenmoos
      Freiburger Wissenschaftler entdecken neuen Stoffwechselweg

Raute

Philipps-Universität Marburg - 13.12.2010

1,6 Millionen Euro für Marburger und Gießener Hochschulmedizin

Rund 1,6 Millionen Euro hat die Von Behring-Röntgen-Stiftung in ihrer vierten Förderrunde für Forschungsprojekte der Medizin-Fachbereiche in Marburg und Gießen bewilligt. Das Geld ist für neun Vorhaben der Philipps-Universität und der Justus-Liebig-Universität bestimmt.

"Mit den Geldern, die ab 2011 zur Verfügung stehen, werden vor allem herausragende Gemeinschaftsprojekte der beiden medizinischen Fachbereiche mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren gefördert", erklärt Stiftungspräsident Professor Dr. Joachim-Felix Leonhard. Das Themenspektrum reicht von neuen Therapiestrategien zur Behandlung von Schlaganfall bis zur Entwicklung von gezielten Trainings, die Patienten mit Depressionen helfen sollen.

Über die geförderten Projekte:
Mit rund 230.000 Euro wird das Projekt "Hepatitische Karzinogenese im Modell der Hepatitis B-transgenen Maus" von Professorin Dr. Elke Roeb, Dr. Dieter Glebe und Professor Dr. Matthias Ocker unterstützt. Mit etwa 350 Millionen chronisch infizierten Menschen ist Hepatitis B weltweit die häufigste chronische Virusinfektion. Chronische Entzündungsprozesse wie bei Hepatitis und Leberfibrose sind häufig Grundlage von Karzinomentstehung. Das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache weltweit. Ziel des Vorhabens ist es, den Zusammenhang zwischen chronischer Entzündung und Karzinogenese aufzuklären und Ziele für antitumorale Therapiestrategien zu definieren.

Für das Projekt "The role für Factor VII activating protease (FSAP) in der pathogenesis of stroke" erhalten Professor Dr. Sandip Kanse, Dr. Tibo Gerriets und Dr. Nadia Al-Fakhri rund 156.000 Euro. Schlaganfall (stroke) gehört zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Diejenigen, die einen Schlaganfall überleben, bleiben oft ihr Leben lang pflegebedürftig. Das körpereigene Enzym FSAP spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von gefäßverengenden Erkrankungen, zu denen Schlaganfall gehört. Kanse und seine Kollegen haben das Ziel, neue Erkenntnisse über die Entstehung der Krankheit zu gewinnen und neue therapeutische und diagnostische Methoden zu entwickeln.

In dem Projekt "Nichtmedikamentöse Sekundärprophylaxe der Schlaganfälle durch therapeutische Gewichtsreduktion" von Dr. Yaroslav Winter und Professor Dr. Philip Hardt soll der Erfolg einer Gewichtsreduktion auf Schlaganfallerkrankungen untersucht werden. Die Ergebnisse des mit rund 127.000 Euro geförderten Projekts sollen als Grundlage für weitere größere Forschungsprojekte dienen, die den nachhaltigen Effekt des Therapieprogramms für stark Übergewichtige auf vaskuläre Risikofaktoren und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Schlaganfallpatienten klären sollen.

Mit rund 162.000 Euro wird das von Professor Dr. Rolf Maier gemeinsam mit Dr. Bettina Gerster, Professor Dr. Johannes Heverhagen und Professorin Dr. Birgit Lorenz beantragte Forschungsvorhaben "Sauerstoffabhängige Schädigung des unreifen Gehirns und der unreifen Retina und die Schutzwirkung von Erythropoietin" unterstützt. Sowohl die Unterversorgung als auch die Überversorgung mit Sauerstoff schädigen das unreife Gehirn und die unreife Netzhaut Frühgeborener. Ziel des Vorhabens ist es, im Tierversuch sauerstoffbedingte Schädigungsmechanismen an Auge und Gehirn zu untersuchen und neuroprotektive Ansätze zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Lebensqualität von Frühgeborenen zu verbessern und ihnen ein gesundes und behinderungsfreies Leben zu ermöglichen.

132.000 Euro erhalten Dr. Daniela Kuhnt, Miriam Bauer und Professor Dr. Christopher Nimsky für ihre Forschungsvorhaben "Traktographie zur Darstellung von Faserbahnen in der Umgebung hirneigener Tumore". Gliome sind die häufigsten hirneigenen Tumore des menschlichen Organismus. Etwa 70% von ihnen sind bösartig. Das zweijährige Projekt hat zum Ziel, das Faserbahnsystem, das in unmittelbarer Nähe von Gliomen liegt, besser abbilden zu können. Mit der genaueren Darstellung der Tumorgrenzen sollen bei operativen neurochirurgischen Eingriffen Schäden der gesunden Umgebung vermindert werden.

Für ihr Forschungsvorhaben zur "Charakterisierung der zur Expression und Aktivierung von Early growth response-1 führenden Signalwege bei der Arteriogenese in vivo" erhalten Professor Dr. Klaus T. Preissner und seine Kollegen rund 140.000 Euro. Zu den häufigsten Todesursachen gehört die koronare Herzkrankung, eine chronische Herzerkrankung, die durch Veränderungen der Herzkranzgefäße ausgelöst wird. Die Veränderungen führen zu einer zunehmenden Verengung der betroffenen Arterien. Durch Ateriogenese, die Entstehung natürlicher Bypassgefäße nach einem Gefäßverschluss, kann das Ausmaß eines Herzinfarkts deutlich abschwächt und Symptome wie Brustschmerzen verhindert werden. Ziel des Vorhabens ist es, Therapien zur Arteriogenese-Stimulation bei betroffenen Patienten zu entwickeln.

250.000 Euro erhalten Professor Dr. Till Acker, Dr. Boyan Garvalov und Professor Dr. Michael Lohoff für ihr Forschungsvorhaben "The role of prolyl hydroxiglases in the hypoxic control of cancer and inflammation". Hypoxie (niedriger Sauerstoffdruck) ist eine treibende Kraft für Tumorwachstum und induziert eine Reihe von Mechanismen, die für das Tumorwachstum verantwortlich ist. Gleichzeitig erzeugen Tumore eine chronische Entzündung, die ihr Wachstum weiter fördert. Inwiefern das hypoxische und das Entzündungs-Mikromilieu miteinander kommunizieren und zusammen Tumorwachstum vorantreiben ist bisher wenig untersucht. Ziel des Antrags ist es, die molekulare Regulation der Entzündungsregulation in Tumoren durch Hypoxie und seine Rolle im Wachstum von Hirn- und Lungentumoren zu charakterisieren.

Für ihr Forschungsvorhaben "Neurale Korrelate der Belohnungsantzipation bei Patienten mit majorer Depression: Pathophysiologische Bedeutung und therapeutische Implikationen" erhalten Dr. Irina Falkenberg und ihre Mitantragsteller Dr. Sören Krach, Dr. Arne Nagels und Professor Dr. Tilo Kircher rund 165.000 Euro. Patienten, die unter einer majoren Depression leiden, haben eine verminderte Fähigkeit, Freude zu empfinden. Falkenberg und ihre Kollegen wollen untersuchen, inwieweit das Belohnungserleben und damit die Fähigkeit Freude zu empfinden, durch gezielte psychotherapeutische Interventionen (z.B. Trainings) beeinflussbar ist. Ziel ist es, Techniken zu entwickeln, die es den betroffenen Patienten ermöglichen, selbständig ihre Stimmung aufzuhellen und das Risiko für ein Auftreten erneuter depressiver Episoden zu senken.

Mit rund 190.000 Euro wird das Projekt "Mikrozirkulatorische und metabolische Veränderungen des Skelett- und Herzmuskels bei obstruktiver Schlafapnoe - von Genexpression und Signalling zum klinisch relevanten Readout" von Dr. Wolfgang Hildebrandt, Dr. Gabriel Bonaterra und Professor Dr. Ralf Kinscherf gefördert.

Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) wird durch Atemstillstände in der Nacht verursacht und kann eine Vielzahl weiterer chronischer Erkrankungen zur Folge haben. Hildebrandt und seine Kollegen wollen die für das Krankheitsbild spezifischen Störungen der Durchblutung kleinster Blutgefäße und des Stoffwechsels in Skelettmuskel- und Herzmuskelbiospieproben aufklären. Ziel ist es, den Zusammenhang von OSAS und Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetes, verminderter Skelett- und Herzfunktion sowie Gefäßrisiken aufzuklären.

Weitere Informationen:
Ansprechpartnerin: Heidi Natelberg M.A.,
Von Behring-Röntgen-Stiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: natelberg@br-stiftung.de
Internet: www.br-stiftung.de

Über die Stiftung:
Die in Marburg ansässige Von Behring-Röntgen-Stiftung wurde am 8. September 2006 vom Land Hessen als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts errichtet. Mit einem Stammkapital von 100 Millionen Euro, aus dessen Zinserträgen die Förderung erfolgt, gehört sie zu den größten Medizinstiftungen in Deutschland. Gegründet wurde sie im Zuge der Fusion der Universitätskliniken Gießen und Marburg im Jahr 2005 und der anschließenden Privatisierung 2006 mit dem Ziel, an beiden Standorten neue Perspektiven für die Hochschulmedizin zu sichern und zu entwickeln.

Dem Stiftungsvorstand gehören als Präsident Professor Dr. Joachim- Felix Leonhard, Staatssekretär a. D., und als Vizepräsidenten Professor Dr. Hans-Dieter Klenk, Marburg, und Professor Dr. Dr. Friedrich Grimminger, Gießen, an. Ein mit derzeit 13 namhaften Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besetzter wissenschaftlicher Beirat hat die Aufgabe, die der bei der Medizinstiftung eingereichten Förderanträge zu bewerten sowie Projekte und Themenschwerpunkte zu empfehlen.

Antragsberechtigt sind Angehörige der medizinischen Fachbereiche der Universitäten Marburg und Gießen. Die Von Behring-Röntgen-Stiftung spricht bereits das vierte Mal nach ihrer Errichtung Bewilligungen aus. Insgesamt hat sie bereits rund 7,6 Millionen Euro für medizinische Forschungsvorhaben der Philipps-Universität Marburg und der Justus-Liebig-Universität Gießen bewilligt. Der nächste Antragstermin wird voraussichtlich der 28. Juli 2011 sein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution376

Quelle: Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 13.12.2010

Raute

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau - 13.12.2010

Keine Phenylketonurie im Kleinen Blasenmützenmoos

Freiburger Wissenschaftler entdecken neuen Stoffwechselweg

Die Phenylketonurie ist die häufigste angeborene Stoffwechselkrankheit des Menschen. Bei den Betroffenen ist das sogenannte PAH-Gen defekt, so dass sie die Aminosäure Phenylalanin nicht in die Aminosäure Tyrosin umwandeln können. Dies führt zu einer starken Anreicherung von Phenylalanin und zu sehr schweren Entwicklungsstörungen.

Ein internationales Forscherteam der Universität Freiburg, der Universität Florida, des CNRS Institutes in Grenoble, sowie der Noble Foundation berichtet nun in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Plant Cell, dass das PAH-Gen nicht nur in Tieren und Menschen, sondern auch in Algen, Moosen und Nadelbäumen vorkommt. In Blütenpflanzen konnten die Wissenschaftler dieses Gen bisher nicht entdecken. Die Freiburger Biologen um den Biotechnologen Prof. Dr. Ralf Reski schalteten das PAH-Gen im Kleinen Blasenmützenmoos Physcomitrella patens durch sogenanntes gene targeting aus, um die Funktion dieses Gens im Moos zu studieren. Wie erwartet reicherten diese Knockout-Moose Phenylalanin an. Doch im Gegensatz zu erkrankten Menschen hatten erhöhte Aminosäurekonzentrationen keinen nachteiligen Effekt auf die Entwicklung des Mooses. "Offensichtlich hat Physcomitrella einen bisher noch nicht bekannten Entgiftungsmechanismus, der bei uns Menschen verloren gegangen ist", erklärt Reski diesen überraschenden Befund.
Den Herausgebern der Zeitschrift Plant Cell waren diese Ergebnisse so wichtig, dass sie sie in einem eigenen Kommentar hervorhoben.

Kontakt:
Prof. Dr. Ralf Reski
Universität Freiburg, Fakultät für Biologie
Lehrstuhl Pflanzenbiotechnologie
Fax: 0761/203-6967
E-Mail: pbt@biologie.uni-freiburg.de
Homepage: http://www.plant-biotech.net

Der Titel der Originalveröffentlichung lautet
Pribat et al. (2010):
Nonflowering plants possess a unique folate-dependent phenylalanine hydroxylase that is localized in chloroplasts.
Plant Cell 22, 3410-3422.

Der Titel des Editorials lautet
Introducing aromatic amino acid hydroxylases from plants
by Kathleen L. Farquharson.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.plant-biotech.net
http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2010/pm.2010-12-13.300/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution69

Quelle:Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Rudolf-Werner Dreier, 13.12.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2010