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MELDUNG/564: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.06.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Medizinstudenten feiern mit ihren "Patenkindern" fünfjähriges Jubiläum
→  Männer werden anders krank als Frauen: Gender-Curriculum für Medizinstudierende an der Uni Ulm
→  "Deutsches Zentrum für Infektionsforschung" mit Sitz in Braunschweig gegründet



Universitätsklinikum Heidelberg - 27.06.2012

Medizinstudenten feiern mit ihren "Patenkindern" fünfjähriges Jubiläum

Erfolgreiches Lehrprojekt am Universitätsklinikum Heidelberg: Angehende Ärzte begleiten Babys in den ersten zwei Lebensjahren / "Familienfeier" auf der Grillhütte

Heidelberger Medizinstudenten können in der Funktion von Paten bereits während ihres Studiums Babys regelmäßig in ihrer Entwicklung begleiten. Sie dürfen sie im familiären Umfeld über zwei bis drei Jahre betreuen und zu Vorsorgeuntersuchungen beim niedergelassenen Kinderarzt sowie wenn das Kind krank ist begleiten. Jetzt stand kein Arztbesuch an sondern ein Grillfest auf der Hallenbachgrillhütte in Handschuhsheim: Das fünfjährige Bestehen des erfolgreichen und bundesweit einmaligen Lehrprojekts "Pädiatrisches Patenschaftsprojekt PÄPP" feierten Medizinstudenten, ihre Patenkinder mit Familien, niedergelassene Kinderarztpraxen als Projektpartner und Lehrbeauftragte des Heidelberger Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam.

"In den vergangenen fünf Jahren wurden sehr enge Kontakte geknüpft zwischen den Studenten und den Familien", erklärt Dr. Sören Huwendiek, Lehrbeauftragter der Heidelberger Kinderklinik. "Auch die Kooperationen mit den niedergelassenen Kollegen im Rhein-Neckar-Raum konnten stetig ausgebaut werden. Alle Beteiligten profitieren von dem Patenschaftsprojekt." Bisher nahmen 81 Studenten, 82 Familien und zehn niedergelassene Kinderärzte an PÄPP teil, von Seiten der Klinik sind fünf Ärzte eingebunden. Eine ehemalige studentische Teilnehmerin schreibt zurzeit ihre Doktorarbeit über das Projekt.

Studenten erfahren wichtige frühkindliche Entwicklungsschritte

Ziel von PÄPP ist es, den Studenten mehr Praxisnähe zu vermitteln und sie mit den Bedürfnissen und Stärken kleiner Kinder bereits während des Studiums vertraut zu machen. Dafür konnten niedergelassene Ärzte erfahrene Familien mit mindestens einem älteren Kind gewinnen. Die Familien haben sich einverstanden erklärt, den studierenden Paten anzunehmen, der die Entwicklung des neuen Geschwisterkindes beobachten und begleiten darf. Faktoren, die zu einer gesunden Entwicklung eines Kleinkindes beitragen, werden von den Studenten erkannt und in einem Portfolio fortlaufend dokumentiert. Bei Hausbesuchen und Gruppentreffen bereits vor der Geburt des Kindes können sich beide Seiten kennen lernen.

Ein weiterer Pluspunkt für die Paten: Die angehenden Mediziner können sich so schon während ihres Studiums mit dem Berufsbild des niedergelassenen Pädiaters vertraut machen und insbesondere die Bereiche Primärprävention und Kindervorsorgeuntersuchungen kennen lernen.

"Für die Medizinstudenten ist es wichtig, die normale Entwicklung eines Kindes über Jahre hinweg beobachten zu können und damit die Entwicklungsschritte eines Kindes in Bezug auf motorische, psychosoziale und sprachliche Kompetenzen zu erfahren. Außerdem sollen die Studenten ihre eigenen kommunikativen Fähigkeiten im Gespräch mit den Eltern und den Kindern verbessern", so Dr. Folkert Fehr aus Sinsheim, der das Projekt von Seiten der Niedergelassenen Kinderärzte koordiniert. Regelmäßige Tutorien in Kleingruppen runden das Projekt ab. Die wissenschaftliche Auswertung erfolgt durch Ärzte des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin in Kooperation mit niedergelassenen Kinderärzten.

Kontakt:
Dr. med. Sören Huwendiek
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg
Lehrbeauftragter
E-Mail: soeren.huwendiek@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung 78 / 2012 stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 27.06.2012

Raute

Universität Ulm - 27.06.2012

Männer werden anders krank als Frauen

Gender-Curriculum für Medizinstudierende an der Uni Ulm

Eine 70-jährige Patientin wird mit stechenden Schmerzen in der Brust in die Kardiologie eingeliefert. "Herzinfarkt" vermutete der diensthabende Arzt, doch die Untersuchungsergebnisse mögen nicht recht zu seiner Diagnose passen. Ulmer Studierende der Humanmedizin sollen künftig auch eine Stress-Kardiomyopathie (Broken-Heart-Syndrom) in Erwägung ziehen: Diese Funktionsstörung des Herzens trifft fast ausschließlich ältere Frauen nach seelisch oder körperlich belastenden Stresssituationen. Die Kardiomyopathie heilt oft innerhalb weniger Wochen ab - aber immerhin acht Prozent der Erkrankten sterben.

Ab dem kommenden Wintersemester soll "Gender-Medicine", also geschlechterspezifische Medizin, Einzug in den Stundenplan der angehenden Ärztinnen und Ärzte halten. "Bestimmte Krankheiten kommen bei Frauen und Männern nicht nur unterschiedlich häufig vor, sondern äußern sich durch verschiedene Symptome. Dementsprechend ist eine geschlechterspezifische Diagnostik und Therapie vorteilhaft", erklärt Dr. Anja Böckers, eine der Initiatorinnen der Gender-Medizin in Ulm. Die neuen Lehrinhalte sind wissenschaftlich fundiert, denn nur so kann die Expertise der Studierenden künftigen Patienten in vollem Maße zugutekommen.

Während kaum ein Arzt die Berechtigung einer eigenständigen Kinder- und Jugendmedizin anzweifelt, ist die geschlechterdifferenzierte Medizin noch nicht ausreichend bekannt und akzeptiert. Dabei werden Frauen und Männer alleine aufgrund ihres typischen Körperbaus anders krank: Neben offensichtlichen Unterschieden in Gewicht und Größe sind auch ihre Gehirne etwas anders organisiert. Bei Frauen bestimmt oft der Östrogenspiegel den Krankheitsverlauf. "Das integrierte Curriculum ,Gender Medicine' ist ein entscheidender Schritt in der Weiterentwicklung der Ulmer Medizinerausbildung", sagt Professor Tobias Böckers, Studiendekan der Medizinischen Fakultät.

In der Landespolitik ist das Thema Gender-Medizin bereits angekommen: Sowohl im baden-württembergischen Koalitionsvertrag als auch im Fakultätenvertrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) mit der Universität Ulm steht die Forderung nach einer geschlechterdifferenzierten Medizin. Nach intensiven Beratungen haben sich die Ulmer Ideengeber Claudia Grab, Dr. Wolfgang Öchsner sowie Anja Böckers gegen eine weitere Pflichtveranstaltung im zeitintensiven Studium entschieden. Vielmehr soll geschlechterdifferenzierte Medizin vom ersten bis zum zehnten Semester in alle Kernfächer einfließen: "Gynäkologie und Urologie sind beinahe reine Gender-Fächer. Aber auch in Disziplinen wie der Schmerztherapie oder Psychiatrie sollten geschlechterspezifische Aspekte Beachtung finden", sagt Anja Böckers. Nach einer Bestandsaufnahme des Stundenplans habe man alle für das kommende Wintersemester vorgesehenen Dozenten kontaktiert und gemeinsam Genderaspekte in den Spezialgebieten identifiziert. Dazu können geschlechterspezifische Symptome beim Herzinfarkt und Schlaganfall gehören oder eben Themen wie Brustkrebs, Depressionen oder Osteoporose bei Männern.

Das integrierte Curriculum "Gender Medicine" wird ab dem Wintersemester 2012/13 Pflichtbestandteil des Studienplans für Erstsemester. Generell stehen die Veranstaltungen allen Medizinstudierenden offen: Besonders Interessierte können zusätzliche Vorlesungen oder Seminare aus dem Themenbereich belegen und so im Laufe ihrer Ausbildung die Schlüsselqualifikation "Genderkompetenz" erwerben. Die Lehrveranstaltungen werden durch zusätzliche Angebote auf der Online-Lernplattform "MOODLE" der Medizinischen Fakultät ergänzt.

Die Medizinische Fakultät der Universität Ulm ist bundesweit eine der ersten Fakultäten, an der Gender-Aspekte fest in das Humanmedizin-Curriculum integriert werden. Ohnehin hat innovative Lehre an der Medizinischen Fakultät Tradition. Kürzlich sind Dozenten um Anja Böckers für ihr Konzept "Teach the Tutor" (schule den Tutor) mit einem "Fellowship für Innovationen in der Hochschullehre" ausgezeichnet worden. Die Idee: Leistungsstarke, engagierte und speziell geschulte Studierende unterrichten Kommilitonen in niedrigeren Fachsemestern. Die Baden-Württemberg Stiftung fördert das Konzept mit 50.000 Euro. Das klinische Wahlfach "Doc TV - Arzt/Ärztin sein in Film und Wirklichkeit" ist ebenfalls ein voller Erfolg. Unter Anleitung von Professor Heiner Fangerau, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, sowie Anja Böckers analysieren Studierende das Handeln von Fernsehärztinnen und -ärzten aus beliebten Serien - auch im Hinblick auf Gender-Aspekte.

Koordiniert wird die Entwicklung und Einführung des Gender-Curriculums von der Leiterin des Studiendekanats der Medizinischen Fakultät, Diplom-Pädagogin Claudia Grab, und von Dr. Wolfgang Öchsner, Oberarzt in der Abteilung Kardioanästhesiologie des Klinikums und Referent im Studiendekanat. Bei allen Fragen steht ihnen die ehemalige Fakultäts-Gleichstellungsbeauftragte, Dr. Anja Böckers (Institut für Anatomie und Zellbiologie), beratend zur Seite. Sowohl Anja Böckers als auch Wolfgang Öchsner haben ein medizindidaktisches Zusatzstudium zum "Master of Medical Education" erfolgreich abgeschlossen.

Weitere Informationen:
Claudia Grab: 0731 500-33620
Dr. Wolfgang Öchsner: 0731 500-55407
Dr. Anja Böckers: 0731 500-23211

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image175229
Die Ideengeber des Gender-Curriculums für Medizinstudierende an der Uni Ulm (v.l.): Dr. Anja Böckers, Dr. Wolfgang Öchsner und Claudia Grab

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution22

Quelle: Universität Ulm, Annika Bingmann, 27.06.2012

Raute

Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur - 27.06.2012

"Deutsches Zentrum für Infektionsforschung" mit Sitz in Braunschweig gegründet

Bundesweites Kompetenz-Bündnis gegen Krankheitserreger startet

BRAUNSCHWEIG. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) kann als eines von insgesamt sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung den Kampf gegen Volkskrankheiten aufnehmen. Es ist heute in Braunschweig als eingetragener Verein gegründet worden. Ebenfalls wurde der Vorstand gewählt. Auch die DZIF-Geschäftsstelle wird in Braunschweig, am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), angesiedelt sein. Zentrale Aufgaben des DZIF werden beispielsweise die Entwicklung von neuen Behandlungsstrategien für Langzeitfolgen der HIV-Infektion und die Suche nach neuen Wirkstoffen gegen Bakterien, Viren und anderen Erregern sein. Das DZIF ist ein Forschungsverbund mit sieben Standorten und 32 Partnern.
Zu den Standorten zählen neben Hannover-Braunschweig auch Bonn-Köln, Gießen-Marburg-Langen, Hamburg-Lübeck-Borstel, Heidelberg, München und Tübingen.

"Im DZIF werden die besten Wissenschaftler und Mediziner auf dem Gebiet der Infektionsforschung gemeinsam für eine bessere Vorsorge, Diagnose und Therapie arbeiten. Im Zentrum steht dabei der Patient, der vom verbesserten Transfer von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung in die Klinik profitiert. Weil beispielsweise immer mehr Bakterien gegen gängige Antibiotika unempfindlich werden, besteht dringender Bedarf an neuen Medikamenten und Therapieansätzen zur Behandlung von Infektionen", sagt Professor Dr. Johanna Wanka, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur. Sie stellt zudem heraus, dass das neue Zentrum die Bedeutung der Region Hannover-Braunschweig für die lebenswissenschaftliche Forschung in Deutschland weiter steigern wird. "Dass auch der Sitz des DZIF in Braunschweig angesiedelt sein wird, ist ein für Niedersachsen besonders erfreulicher Aspekt."

Partner-Einrichtungen am Standort Hannover-Braunschweig sind - neben dem HZI - auch die Medizinische Hochschule Hannover, die Tierärztliche Hochschule Hannover, die Technische Universität Braunschweig, das Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig und das Twincore - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover.

Das DZIF ist eines von insgesamt sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung zur Bekämpfung von Volkskrankheiten. Dazu gehören neben dem DZIF das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL), das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) sowie das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD). Finanziert werden die neuen Zentren zu 90 Prozent vom Bund und zu zehn Prozent gemeinsam von den Sitzländern. So erhält das DZIF in den kommenden drei Jahren vom Bund und seinen Sitzländern rund 75 Millionen Euro.

Neben der translationalen Forschung steht die Nachwuchsausbildung im Fokus des DZIF. Das DZIF bietet strukturierte Ausbildungs- und Trainingsprogramme, die den Nachwuchs bei der weiteren Karriere unterstützen und die Bedeutung der Infektiologie als eigenständige wissenschaftliche und klinische Disziplin unterstreichen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution769

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Petra Wundenberg, 27.06.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2012