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VORSORGE/617: Neues Konzept zur Erhaltung der Rückengesundheit von Pflegekräften (idw)


Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 10.06.2013

Universitätsmedizin Mainz entwickeln in Kooperation gemeinsames Konzept zur Rückengesundheit

Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin und Kooperationspartner stellen Studienergebnisse vor



Das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz hat in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrts und der Unfallkasse Rheinland-Pfalz ein Konzept zur Erhaltung der Rückengesundheit (KERs) für Pflegekräfte entwickelt. Das Fortbildungsprogramm soll den Beschäftigten helfen, Rückenschmerzen zu verhindern oder bestehende zu lindern.

Es basiert auf Erkenntnissen aus einer Pilotstudie, in welcher die Mainzer Wissenschaftler drei verschiedene Präventionsangebote sowie deren Kombination zu rückengerechter Arbeitsweise, zur Verbesserung der körperlichen Fitness und zum Umgang mit psychosozialen Belastungen untersucht haben. Die Entstehung von Rückenschmerz, so die Ausgangshypothese, ist ein multikausaler Prozess, den sowohl ergonomische Belastungen als auch psychische Faktoren beeinflussen. Die wichtigsten Ergebnisse der KERs-Studie haben die Forscher kürzlich im Rahmen eines Expertenworkshops vorgestellt.

Pflegekräfte sind einer Vielfalt von Arbeitsbelastungen ausgesetzt. Erkrankungen von Muskeln, Gelenken und Knochen, zusammengefasst als muskuloskelettale Erkrankungen (MSE), stehen an einer der ersten Stellen bei den Gesundheitsbeschwerden von Pflegekräften. Die Gesundheit und die Arbeitssituation und somit auch die Lebensqualität dieser so wichtigen Berufsgruppe zu verbessern, wird angesichts des demographischen Wandels in Deutschland zunehmend relevant. Schon heute steht eine wachsende Anzahl an Pflegebedürftigen einem unzureichenden Angebot an kompetenten Pflegekräften gegenüber. Um diese große Herausforderung für das Gesundheitssystem im Allgemeinen und für die Pflegeeinrichtungen im Speziellen besser bewältigen zu können, bedarf es neuer Lösungsansätze.

Die Untersuchungsergebnisse der KERs-Studie belegen, dass chronische Rückenschmerzen mit unterschiedlichen Faktoren zusammenhängen. Pflegekräfte haben insbesondere Schmerzen im Nacken und im unteren Rücken, wenn sie psychisch stark beansprucht sind, sie häufig Lasten von mehr als 20 Kilo bewegen müssen und ihre Rückenmuskulatur nicht ausreichend trainiert ist. Um die Rücken- und Nackenschmerzen zu verringern, hat sich eine Kombination verschiedener Einzelmaßnahmen als besonders nützlich erwiesen, so eine zentrale Erkenntnis der KERs-Studie. Die Studienteilnehmer, die an gezielten Fortbildungsmaßnahmen über rückengerechtes Arbeiten, Fitness und Stressmanagement teilnahmen und dieses Wissen auch in allen drei Bereichen anwendeten, hatten anschließend weniger Schmerzen als vor den Interventionen. Der Anteil der Personen ohne Schmerzen konnte deutlich gesteigert werden. In ihrer Studie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass spezifische Fortbildungsmaßnahmen eindeutig eine präventive Wirkung entfalten und wesentlich zum Wohlbefinden der Beschäftigten beitragen können. "Wir sind froh, mit KERs eine Basis für ein innovatives Konzept entwickelt zu haben, das den Beschäftigten hilft, die Beanspruchungen an ihrem Arbeitsplatz zu reduzieren und ihre individuellen Gesundheitsressourcen zu stärken", so der medizinische Leiter der Studie, Univ.-Prof. Dr. Stephan Letzel, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz. "Für die Zukunft der Pflege sind sowohl in der Verhaltensprävention als auch im Bereich Organisation und Arbeitsbedingungen weitere Verbesserungen notwendig, um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern und arbeitsbedingte Gesundheitsstörungen zu vermeiden."

Die KERS-Studie besitzt jedoch nicht nur für die Berufsgruppe der Pflegenden Relevanz, denn in der heutigen Gesellschaft sind Rückenschmerzen eine Volkskrankheit. Wenn der Betroffene diesem Prozess nicht präventiv oder kurativ entgegen wirkt, sind die Folgen der Leidens trotz aller individuellen Ausprägungen stets die gleichen: ein eingeschränktes subjektives Wohlbefinden und eine verminderte Leistungsfähigkeit, zunehmende Arbeitsunfähigkeit sowie nicht selten frühzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben. Die Krankheitskosten für Rückenleiden und spezifische Rückenschmerzen beliefen sich laut Robert Koch-Institut im Jahr 2008 in Deutschland geschätzt auf 12,6 Milliarden Euro. In einer Studie wurden für Rückenschmerzen durchschnittliche Kosten von 1.322 Euro pro Patient und Jahr in Deutschland errechnet. Wissenschaftlich fundierte Studien wie KERs, leisten also einen wichtigen Beitrag um Gesundheitswesen und Volkswirtschaft zu entlasten und gleichzeitig die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern.


Kontakt:

Dorothee Frey
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Universitätsmedizin Mainz
E-Mail: freyd@uni-mainz.de

Dr. rer.soc. Dipl.-Psych. Luis Carlos Escobar Pinzon
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Universitätsmedizin Mainz
E-Mail: escobar@uni-mainz.de

Dipl. Soz. Katharina Kayser
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Universitätsmedizin Mainz
E-Mail: kayserk@uni-mainz.de

Dr. Christoph Heidrich
Abteilung Prävention, Unfallkasse Rheinland-Pfalz
E-Mail : c.heidrich@ukrlp.de

Stefan Kuhn, Präventionsabteilung
Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Mainz
E-Mail: stefan.kuhn@bgw-online.de


Die KERs-Studie hatte eine Laufzeit von 18 Monaten. Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz und die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege unterstützten die Forschungen inhaltlich und finanziell. Ergänzende Fördergelder für das 140.000 Euro teure Projekt kamen vom Europäischen Sozialfonds Rheinland-Pfalz und vom Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz.

Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtung der medizinischen Zentralversorgung gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter
www.unimedizin-mainz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1431

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Fr. Dr. Renée Dillinger-Reiter, 10.06.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2013