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FORSCHUNG/1971: Mission Mars500 - Untersuchung des Salzhaushalts unter Extrembedingungen (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 09.04.2009

Mediziner untersuchen bei Mission Mars500 menschlichen Salzhaushalt unter Extrembedingungen


Sechs junge Männer sind momentan Teil eines außergewöhnlichen Experiments in Moskau. Als Teilnehmer der Mission Mars500 leben sie 105 Tage lang hermetisch abgeschottet im Nachbau einer Raumstation, um einen Flug zum Mars zu simulieren. Das umfangreichste medizinische Projekt im Rahmen der Mission Mars500 wird von Forschern der Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt. Mit Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) untersuchen die Wissenschaftler die Auswirkungen unterschiedlicher Kochsalzzufuhr beim Menschen.

Die Experimente haben über die Weltraummedizin hinaus möglicherweise weitreichende Bedeutung für die Prophylaxe von Bluthochdruck. Die Nieren- und Kreislaufforschung gehört zu den vier Forschungsschwerpunkten der Medizinischen Fakultät in Erlangen.

Kochsalz ist ein unverzichtbarer Nahrungsbestandteil. Doch was vor Jahrhunderten ein rares und teures Gut war, stellt heute eine unüberschaubare Belastung dar. Kochsalz ist in Nahrungsmitteln als Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker weit verbreitet, und es ist unbestritten, dass die tägliche Kochsalzzufuhr in Industrieländern weit über dem tatsächlichen Bedarf liegt. Wie der Körper mit vermehrt zugeführtem Kochsalz umgeht und welche langfristigen Gesundheitsfolgen sich daraus ergeben, ist aber umstritten.

Die Arbeitsgruppe um PD Dr. Jens Titze an der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten am Universitätsklinikum Erlangen und Klinikum Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. Kai-Uwe Eckardt) hat umfangreiche tierexperimentelle Untersuchungen durchgeführt, die darauf hinweisen, dass es bislang unbekannte Kochsalzspeicher im Organismus gibt. "Das Projekt Mars500 gibt uns die einmalige Gelegenheit, die Kochsalzzufuhr beim Menschen kontrolliert zu verändern, dabei Kochsalzaufnahme und -ausscheidung zu bilanzieren und Auswirkungen auf den Blutdruck und viele andere Körperfunktionen zu messen", erläutert Dr. Titze. Er hat Industriepartner gewonnen, die vorgefertigte Lebensmittel mit einer täglichen Gesamtmenge von 6 - 12 g Kochsalz für das Projekt in Moskau bereitstellen. Eine Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe ist seit November 2008 ständig vor Ort, um die Experimente zu begleiten.

Das vom BMBF geförderte Projekt hat für die Weltraumforschung unmittelbar praktische Relevanz. Wenn man die Kochsalzzufuhr problemlos reduzieren kann, müssten die Raumfahrer auch weniger Flüssigkeit aufnehmen. "Das würde die knappe Lagerkapazität in den Raumfahrzeugen erheblich entlasten und zählt doppelt", so Dr. Titze. Über die Raumfahrt hinaus sollen die Experimente aber auch wichtige Fragen zur Rolle der Kochsalzzufuhr für die Blutdruckregulation klären. Vermehrte Kochsalzzufuhr gilt als Risikofaktor für die Entwicklung eines Bluthochdrucks. "Sollten die Blutdruckwerte bei den gesunden Probanden unter reduzierter Kochsalzgabe fallen, wäre das ein starkes Argument, für die Allgemeinbevölkerung eine Reduktion des Kochsalzkonsums zu empfehlen", erläutert Prof. Eckardt. "Da Bluthochdruck etwa ein Drittel der Bevölkerung betrifft und wesentlich zu Herz- und Nierenerkrankungen sowie Schlaganfällen beiträgt, hat die Frage enorme präventivmedizinische Relevanz." Parallel zu den Experimenten am Menschen führen die Wissenschaftler Forschungsprojekte durch, um die molekularen Zusammenhänge zwischen Kochsalzzufuhr und Blutdruckregulation besser zu verstehen.

Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 26.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel "familiengerechte Hochschule".


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Die Crew vor dem Nachbau der Raumstation

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Ute Missel, 09.04.2009
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2009