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GESUNDHEIT/710: Wie man sich bei Gewitter schützt (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Mittwoch, 10. Juni 2009

Wie man sich bei Gewitter schützt

Wandergruppe bei heiterem Himmel von Blitz getroffen


fzm - Dass Menschen vom Blitz erschlagen werden, ist selten geworden. Noch ungewöhnlicher ist, dass der Stromschlag mehrere Personen gleichzeitig trifft, wie dies fünf Wanderern passierte, die im Riesengebirge von einem Gewitter überrascht wurden. In der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) geben Experten Tipps, wie man sich am besten schützt.

Die Wanderer befanden sich an einem Hochsommertag auf dem Abstieg von der Schneekoppe im Riesengebirge, als sich ein Gewitter ankündigte, berichtet Professor Emil Reisinger von der Universität Rostock. Es hatte erst leicht zu regnen begonnen, als aus heiterem Himmel zwei Blitze niedergingen. Der zweite schlug in eine Fichte unmittelbar neben einem Wanderweg ein. Fünf Wanderer gingen zu Boden. Am schlimmsten traf es einen 29-jährigen Mann, bei dem die Ärzte später Brandblasen und Schmauchspuren am linken Ohr entdeckten, die Eintrittsstelle des Blitzes. Verlassen hatte die Entladung den Körper am rechten Unterschenkel, wo auf einer Fläche von 8 x 10 cm die Haare verbrannt waren. Professor Reisinger: Der Mann erlitt einen epileptischen Anfall und später noch Herzrhythmusstörungen und einen kräftigen Muskelkater. Die Ärzte behandelten ihn mit Epilepsiemedikamenten und zur Beruhigung der Herztätigkeit mit einem Betablocker. Erst nach vier Tagen konnte er die Klinik verlassen. Noch ein Jahr später war seine körperliche Leistungsfähigkeit herabgesetzt. Die anderen Wanderer konnten die Klinik innerhalb eines Tages verlassen. Bei einem hinterließ der Blitz auf der Brust ein farnkrautähnliches Mal, die sogenannte Lichtenberg-Blitzfigur.

Wie Professor Reisinger und seine Kollegen ausführen, sterben in Deutschland pro Jahr noch drei bis sieben Menschen nach einem Blitzschlag. Im 19. Jahrhundert waren es mehr als 300 Menschen - vor allem Feldarbeiter. Heute trifft es neben Arbeitern auch Wanderer oder Schwimmer. Oft werden sie vom Blitz überrascht, der 16 bis 20 Kilometer vom eigentlichen Gewitter einschlagen kann. Über 0,02 Sekunden wirken dann bis zu 100 Mio. Volt auf den Körper, so die Mediziner. Die Stromstärke beträgt mehrere 10 000 Ampere. Der Strom meidet Knochen und Haut, wo der elektrische Widerstand hoch ist. Geschädigt werden in erster Linie Nerven, Muskeln und Blutgefäße, die den Strom besser leiten.

Die Mediziner warnen: Die Blitzgefahr bei Unwettern wird häufig unterschätzt und die gebotenen Verhaltensregeln werden meist nicht beachtet. Freizeitsportler sollten den Wetterbericht beachten und Touren entsprechend planen. Freizeitaktivitäten sollten, wenn möglich auf die Morgenstunden verlegt werden, da die meisten Gewitter nachmittags auftreten. Gefährlich ist der Aufenthalt auf Bergkämmen oder Höhenzügen. Und neben großen Bäumen oder Sendemasten sollte man keinesfalls Schutz suchen. Besser sei es auf einer Freifläche in die Hocke zu gehen und die Füße dicht aneinander zu stellen, um die gefährliche Schrittspannung zu minimieren, empfehlen Professor Reisinger und sein Team. Die Experten raten davon ab, sich flach auf den Boden zu legen, da das die Angriffsfläche zur Stromaufnahme stark vergrößere.

Handys und andere elektronischen Geräte sollte man ausschalten, Regenschirme keinesfalls aufspannen. Schutz bieten wegen des Faraday-Käfigs auch Auto-Innenräume. Nur sollte man es vermeiden, Metallteile darin zu berühren. Wird dennoch ein Mensch vom Blitz getroffen und erleidet dieser einen Herzstillstand, sollten Augenzeugen nach einem Notruf zügig mit der Wiederbelebung beginnen. Die Erfolgsquote liege dann, so Professor Reisinger, in den ersten fünf Minuten bei über 80 Prozent.


H. Duppel et al.:
Aus heiterem Himmel vom Blitz getroffen.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (23): S. 1214-1217


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Quelle:
FZMedNews - Mittwoch, 10. Juni 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2009