Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

TRANSPLANTATION/405: Genetisch veränderte Schweine als Organspender (idw)


Ludwig-Maximilians-Universität München - 21.01.2009

Schweine als Organspender

Tierisches Gewebe vor menschlichen Abwehrzellen geschützt


Die neue Auswertung der Deutschen Stiftung Organtransplantation hat gezeigt, dass immer weniger Menschen im Todesfall ihre Organe spenden. Bundesweit starben im vergangenen Jahr rund tausend der Patienten auf der Warteliste, etwa 12.000 Menschen warten derzeit noch. Eine Möglichkeit, diesen dramatischen Mangel an Spenderorganen zu kompensieren, könnte die Transplantation von tierischen Geweben oder Organen sein. Das Schwein gilt als der am besten geeignete Spenderorganismus, wobei auch hier wie bei jeder Übertragung von Gewebe zwischen verschiedenen Arten komplexe Abstoßungsmechanismen überwunden werden müssen.

Ein internationales Team um Professor Elisabeth Weiss vom Biozentrum und Professor Eckhard Wolf vom Genzentrum der LMU hat nun genetisch veränderte Schweine erzeugt, deren Zellen erstmals vor der Zerstörung durch menschliche natürliche Killerzellen, das sind wichtige Immunfaktoren, geschützt sind. (Januar-Ausgabe Transplantation)

Das Immunsystem des Menschen soll den Organismus vor Eindringlingen schützen. Deshalb wird auch transplantiertes Gewebe meist bis zur vollständigen Zerstörung attackiert. Vor allem nach einer Xenotransplantation, also der Übertragung artfremden Gewebes, kommt es zu einer überschießenden Reaktion der Körperabwehr. In erster Linie sind es die natürlichen Killerzellen, kurz NK-Zellen, die körperfremde oder auch infizierte Zellen schnell und effizient eliminieren.

Weltweit arbeiten mehrere Forschergruppen daran, Schweine durch gezielte Veränderungen im Erbgut als Organspender geeignet zu machen. Ein internationales Team unter der Leitung der LMU-Forscher Elisabeth Weiss und Eckhard Wolf konnten nun genetisch veränderte Schweine erzeugen, deren Zellen vor der Zerstörung durch NK-Zellen geschützt sind. Die Aktivität dieser Immunzellen wird durch Rezeptoren an ihrer Oberfläche gesteuert.

So tragen gesunde körpereigene Zellen sogenannte MHC Klasse-I-Moleküle an ihrer Oberfläche, die wiederum an hemmende Rezeptoren der NK-Zellen binden. Die Folge davon: Eine Aktivierung der Abwehrzellen wird verhindert, die gesunden Körperzellen werden nicht angegriffen. An der Oberfläche von Schweinezellen befinden sich ebenfalls MHC Klasse-I-Moleküle, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Molekülstruktur aber nicht an die hemmenden menschlichen NK-Rezeptoren binden können - und in Folge davon zerstört werden.

Die genetisch veränderten Schweine tragen an der Oberfläche ihrer Köperzellen aber das menschliche MHC Klasse-I-Molekül HLA-E. "Wir haben diese Zellen zusammen mit aktivierten menschlichen NK-Zellen kultiviert", berichtet Weiss. "Sie sind zum größten Teil unversehrt geblieben. Normale Schweinezellen werden bei diesem Experiment dagegen fast vollständig zerstört." Professor Bruno Reichart, Direktor der Herzchirurgischen Klinik im Klinikum Großhadern und Sprecher der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschergruppe "Xenotransplantation" sieht in diesem Ergebnis einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Transplantation tierischer Organe. (suwe)


Publikation:
"HLA-E/Human Beta2-Microglobulin Transgenic Pigs: Protection Against Xenogeneic Human Anti-Pig Natural Killer Cell Cytotoxicity"
Elisabeth H. Weiss, Benjamin G. Lilienfeld, Sigrid Müller, Elfriede Müller, Nadja Herbach, Barbara Keßler, Rüdiger Wanke, Reinhard Schwinzer, Jörg D. Seebach, Eckhard Wolf, and Gottfried Brem
Transplantation, Band 87, Nr. 1, 15. Januar 2009

Ansprechpartner:
Professor Dr. Elisabeth Weiss
E-Mail: Elisabeth.Weiss@lmu.de

Professor Dr. Eckhard Wolf
E-Mail: ewolf@lmb.uni-muenchen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution114


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 21.01.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2009