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AUSLAND/1742: Pakistan - Kaum Hilfe für AIDS-Kranke im unruhigen Nordwesten, Medikamente fehlen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. September 2011

Pakistan: Kaum Hilfe für AIDS-Kranke im unruhigen Nordwesten - Medikamente fehlen

von Ashfaq Yusufzai

AIDS-Aufklärungsseminar für Medizinstudenten und Infizierte - Bild: © Ashfaq Yusuzai/IPS

AIDS-Aufklärungsseminar für Medizinstudenten und Infizierte
Bild: © Ashfaq Yusuzai/IPS

Peschawar, Pakistan, 12. September (IPS) - HIV-Infizierte und AIDS-Kranke in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) im Nordwesten Pakistans haben es schwerer als die meisten Leidensgenossen in anderen Teilen der Welt, an lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente zu kommen. Denn sie befinden sich in der Schusslinie zwischen der Armee und radikalislamischen Taliban und riskieren US-Drohnenangriffen zum Opfer zu fallen.

Die Präparate sind lediglich in Peschawar, der Hauptstadt der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, erhältlich. Dazu müssen die Patienten erst die durchlässige Grenze nach Afghanistan überqueren und sich dann weiter über eine kurvenreiche Straße bis zum Ziel durchschlagen. "Ich habe 200 US-Dollar ausgegeben, um zur Behandlung nach Peschawar zu kommen", berichtet der 39-jährige Akhbar Khan, bei dem im Januar vergangenen Jahres eine Infektion mit dem Immunschwächevirus festgestellt worden war.

Seine Heimat Kurram gehört zu den sieben Stammesgebieten und sechs Grenzregionen innerhalb von FATA, die zwischen den an Afghanistan angrenzenden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Beluschistan liegen. Seit der US-geführten Invasion in Afghanistan 2001 ist der Nordwesten Pakistans ein Rückzugsort für Taliban und Mitglieder des Terrornetzwerks Al Qaeda geworden.

Khan suchte die Ärzte auf, um sich medikamentös einstellen zu lassen. Außer ihm seien mehr als 40 weitere Menschen in Kurram infiziert, sagt. Die meisten könnten sich die Reise über Afghanistan nicht leisten. Die anderen Wege in Richtung Peschawar seien wegen der Kämpfe geschlossen.


WHO unterstützt Behandlungszentrum in Peschawar

Mit finanzieller und fachlicher Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die Regierung von Pakistan 2005 in Peschawar ein Gesundheitszentrum eröffnet, das HIV-Infizierten und AIDS-Kranken kostenlos Antiretrovirale (ART) verabreicht. Bis jetzt wurden dort 277 Patienten aus den FATA und 254 aus Khyber Pakhtunkhwa behandelt.

Da der Weg für die Menschen aus den Stammesgebieten so beschwerlich sei, könne davon ausgegangen werden, dass viele ohne die Medikamente sterben würden, sagt der Arzt Shahid Ali. "Eine kontinuierliche Behandlung ist entscheidend für ihr Überleben. Wir wollten den Patienten die Medizin eigentlich nach Hause liefern. Die zunehmenden Terrorakte verhindern dies jedoch."

Auch in dem Gebiet Nord-Wasiristan ist die Lage kritisch. Dort benötigen 36 Männer, 16 Frauen und fünf Kinder ART. Nur knapp über zehn von ihnen werden derzeit in Peschawar behandelt. "Die meisten werden sterben, weil sie nicht an Medikamente kommen", erklärt Ali.

Laut Omar Ali von der WHO hat die pakistanische Regierung bisher nicht auf Aufforderungen reagiert, den Transport von Medikamenten in die FATA zu erleichtern. Die Zahl der Infizierten steige wegen des zunehmenden intravenösen Drogenkonsums, mangelnder Kontrollen in den Blutbanken, des Gebrauchs unsteriler Instrumente bei Zahnärzten und der mehrfachen Verwendung von Wegwerfspritzen.

Als das Behandlungszentrum in Peschawar öffnete, trauten sich viele Kranke zunächst nicht dorthin, weil sie eine soziale Stigmatisierung fürchteten. 2005 seien nur 35 und 2008 lediglich 136 Patienten gekommen, berichtet Ali.


Soziale Vorurteile abgebaut

"Meine Geschwister wollten nicht einmal mehr mit mir sprechen, weil sie Angst hatten, sich anzustecken", erzählt Imran Shah aus Süd-Wasiristan. Diese Vorurteile scheinen allmählich überwunden zu sein. "Die Leute lassen sich behandeln, weil sie wissen, dass ARTs die Qualität ihres Lebens verbessern kann", sagt Ghufran Khan von der Hilfsorganisation 'AIDS PLUS'.

Das Zentrum erhalte die notwendigen Medikamente aus Indien, erklärt Omar Ali. Auch die Ärzte und Schwestern seien in dem Nachbarland ausgebildet worden. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.who.int/countries/pak/en/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105031

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IPS-Tagesdienst vom 12. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2011