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AUSLAND/2088: Uganda - HIV-infizierte Jugendliche tun sich schwer damit, ihre Krankheit zu offenbaren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. April 2014

Uganda: Lieber schweigen - HIV-infizierte Jugendliche tun sich schwer damit, ihre Krankheit zu offenbaren

von Wambi Michael


Bild: © Mercedes Sayagues/IPS

HIV-positive Teenager halten ihren Zustand oft geheim
Bild: © Mercedes Sayagues/IPS

Kampala, 9. April (IPS) - Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Im Fall von Constance Nansamba aus Uganda hat sich das alte Sprichwort im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft und HIV/Aids nicht bewährt. "Ich stand unter Schock und bin aus dem Haus meines Bruders weggelaufen", erzählt sie heute. "Deshalb konnte ich auch nicht die Schutzmaßnahmen einhalten, die eine Übertragung des Virus auf mein Kind verhindert hätten. Es ist infiziert."

Auch Nasamba, die eigentlich anders heißt, trägt das Virus seit ihrer Geburt in sich und weiß seit langem, dass sie HIV-positiv ist. Doch ihrem Freund, von dem sie inzwischen getrennt ist, sagte sie lieber nichts. "Wir benutzten Kondome, doch immer wieder drängelte er, dass wir sie weglassen. Und das haben wir dann auch getan und ich wurde schwanger."

Das war vor zwei Jahren. Heute ist Nasamba Mitglied der Organisation Ugandas junge Positive (UYP), die Beratungen zu HIV-Infektionen, Tests und Behandlungen anbietet. Viele infizierte Teenager wüssten nichts von ihrem Gesundheitszustand, wenn sie ihren ersten Sex hätten. Und wenn sie es wüssten, zögen sie es vor, ihren Status vor ihren Partnern geheimzuhalten, sagt sie.

Einer Befragung von 200 Jugendlichen durch das ugandische Mildmay-Gesundheitszentrum hat ergeben, dass drei Viertel nicht bereit sind, ihre Partner über ihre HIV-Infektion zu informieren. Und 30 Prozent wollen sich beim Geschlechtsverkehr nicht schützen. "Ihnen fehlt die Anleitung, wie sie am besten vorgehen, um sich zu outen, ihre Partner zu schützen und die Verwendung von Kondomen durchzusetzen", meint Nasamba. "Ich hatte die gleichen Probleme. Ich wollte einfach nicht mit meinem älteren Bruder darüber reden, der für mich wie ein Vater war." Ihr Bruder hatte sie sie aufgezogen, nachdem ihre Eltern gestorben waren, als sie noch ein Baby war.

Uganda ist ein junges Land. Fast 80 Prozent der 34 Millionen Einwohner sind unter 30. Die HIV-Ansteckungsrate liegt bei 7,2 Prozent und steigt langsam an. In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen tragen fünf Prozent der Frauen und zwei Prozent der Männer das Immunschwächevirus in sich, wie aus einer Aids-Umfrage aus dem Jahre 2011 hervorgeht.


Mehr Mädchen als Jungen HIV-positiv

Aus einem Bericht des Weltkinderhilfswerks UNICEF über Kinder und Aids 2013 geht hervor, dass etwa 110.000 Ugander zwischen zehn und 19 Jahren HIV-infiziert sind, davon 64.000 Mädchen und 48.000 Jungen.

Emmanuel Elwanu war 14, als er erfuhr, dass er mit dem Virus geboren wurde. Da er Angst hatte, diskriminiert zu werden, zögerte er, seinen Freunden davon zu erzählen. "Ich musste mich erst lange beraten lassen, bevor ich mich öffnen konnte", sagt er. Elwanu hatte Glück, denn seine Schule bot wöchentliche Beratungen zum Thema HIV/Aids an. "Viele andere in meiner Lage durchleben, wenn es um Beziehungen geht, schwere Zeiten", berichtet der 18-Jährige. "Auch ich denke an Sex, doch ist er für mich nicht das Wichtigste." Er will sich erst nach Beendigung seines Studiums auf eine Beziehung einlassen.

Auch Polly Nuwagaba, die als Beraterin für das Naguru-Teenager-Informations- und Gesundheitszentrum in der Hauptstadt Kampala arbeitet, bestätigt, dass sich die meisten HIV-positiven Jugendlichen schwer damit tun, über ihre Infektion zu sprechen. "Sie sehen gesund aus, sind für HIV-negative Partner attraktiv und haben sexuelle Bedürfnisse", erklärt sie. Oft wollten es ihre Partner gar nicht wahrhaben, dass sie das Virus in sich tragen.

Die auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Gesundheitsexpertin und Kinderärztin Sabrina Kitaka von der Makerere-Universität in Kampala hält die Gesundheitsversorgungsangebote für diese Altersgruppe für unzureichend. Und in den Kinderabteilungen der Krankenhäuser seien ausschließlich Unter-13-Jährige zugelassen. Teenager müssten also in die Erwachsenenabteilungen.

Im vergangenen Jahr wies die Weltgesundheitsorganisation WHO darauf hin, dass der Mangel von speziell auf Kinder und Jugendliche zugeschnittenen HIV/Aids-Beratungs- und Betreuungsangeboten in dieser Altersgruppe zu einem 50-prozentigen Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang mit Aids geführt habe. In der übrigen Bevölkerung seien diese Todesfälle zwischen 2005 und 2012 um 30 Prozent zurückgegangen. Die WHO appellierte deshalb an die Regierungen, jungen Menschen den Zugang zu HIV-Tests auch ohne Zustimmung der Eltern zu erleichtern.

Die staatlichen Gesundheitsexperten sind jedoch uneins, ob sie Jugendliche über Familienplanung beraten und ihnen Kondome bereitstellen sollen. Der Arzt Stephen Watiti, der selbst HIV-positiv ist, hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die betreffenden Gesetze und Bestimmungen in dem afrikanischen Land unklar abgefasst sind. Somit sei es für die Gesundheitsberater und die Jugendlichen nicht leicht, ihre Möglichkeiten zu erkennen.

Offiziell dürfen nur über 18-Jährige freie Familienplanungsdienstleistungen und Kondome in Anspruch nehmen. Doch eine Demografie- und Gesundheitsuntersuchung von 2011 fand heraus, dass mehr als die Hälfte der jungen Frauen zwischen 18 und 24 Jahren bereits als Minderjährige sexuell aktiv waren.

Als Klinikarzt dürfe man nicht in die Schulen gehen und dort für die Anwendung von Verhütungsmitteln werben, erklärt Watiti. "Doch wenn mir 14-Jährige berichten, dass sie sexuelle Beziehungen unterhalten, bleibt mir gar keine andere Wahl, als ihnen zu zeigen, wie Kondome benutzt werden." (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/04/tell-tell-ugandan-teens-grapple-hiv-disclosure/

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IPS-Tagesdienst vom 9. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2014