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AUSLAND/2102: Sambia, Doppelte Gefahr für Schwangere - Malaria und AIDS fordern viele Opfer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Mai 2014

Sambia:
Doppelte Gefahr für Schwangere - Malaria und AIDS fordern viele Opfer

von Zarina Geloo


Bild: © Mercedes Sayagues/IPS

Moskitonetze und Malaria-Medikamente sind für HIV-positive Schwangere besonders wichtig
Bild: © Mercedes Sayagues/IPS

Lusaka, 9. Mai (IPS) - Die HIV-positive Sambierin Martha Nalishupe steckt in der Zwickmühle: Soll sie zusätzlich zu ihren antiretroviralen Medikamenten (ARV) noch eine weitere Pille nehmen oder aber das Risiko einer Fehlgeburt eingehen?

Obwohl die schwangere Frau die Malaria-Tabletten nur drei Mal alle vier Wochen bis zur Entbindung nehmen müsste, scheut sie vor der Therapie zurück: "Ich habe schon Mühe, die antiretroviralen Medikamente zu schlucken", sagt sie. "Doch die Krankenschwester sagt, dass ich bei einer Malaria-Infektion Gefahr laufe, mein Kind zu verlieren."

Der im fünften Monat schwangeren Ruth Malikaso wurde ebenfalls eine Malaria-Prophylaxe verordnet. "Von dem Medikament 'Fansidar' wird mir übel", berichtet sie. "So kurz vor der Geburt will ich mich nicht krank fühlen", meint sie. Ihre Hebamme Keren Zulu gibt jedoch nicht nach. Wenn sie die Frauen in der Chawama-Klinik am Rand der sambischen Hauptstadt Lusaka vor Malaria bewahren wolle, müsse sie hart bleiben, sagt sie. "Ich lasse sie die Medikamente in meinem Beisein nehmen. Das kommt bei ihnen nicht immer gut an, aber ich muss keinen Popularitätswettstreit gewinnen."

Zulu befolgt das Protokoll der Weltgesundheitsorganisation WHO, nach dem alle Schwangeren in Malaria-Risikogebieten zur Vorbeugung Medikamente nehmen und unter Insektizid-getränkten Moskitonetzen schlafen sollen. Für Frauen, die das Aids-Virus in sich tragen, empfiehlt die WHO das Antibiotikum 'Septrin' und für HIV-negative Schwangere das Präparat Fansidar.


Malaria schädigt Föten

Malaria ist für schwangere Frauen deshalb so gefährlich, weil ihre Immunkräfte geschwächt werden. Die WHO spricht von einem erheblichen Gesundheitsproblem. Blutarmut, Untergewicht bei Neugeborenen, Frühgeburten, Müttersterblichkeit, Tot- und Fehlgeburten sind mögliche Folgen.

Nach Ansicht von Zulu sind die Nebenwirkungen der Malaria-Prävention zu verkraften, wenn dadurch Leben gerettet werden können. "Ich habe zu viele Mütter und Babys sterben oder leiden sehen, weil sie diese einfachen Schutzvorkehrungen nicht befolgt haben", erinnert sie sich.

Für HIV-infizierte Frauen wie Nalishupe ist die Lage besonders ernst. In einem geschwächten Organismus vergrößert eine akute Malaria-Attacke die Viruslast und beschleunigt den HIV/Aids-Verlauf.

Forschungsergebnisse legen nahe, dass eine Malaria-Infektion während der Schwangerschaft das Risiko einer Übertragung des Immunschwächevirus auf das Kind im Mutterleib, während der Geburt und in der Stillzeit erhöhen kann.

Valentina Buj vom Weltkinderhilfswerk UNICEF betont die Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen und Malaria-Prävention für schwangere Frauen. "Die Infektionen verlaufen oftmals ohne Symptome, wenn sich der Parasit in der Plazenta einnistet", erklärt sie. Da Anzeichen von Malaria den typischen Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft und den mit HIV zusammenhängenden Infektionen gleichen - Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen - ist die richtige Diagnose besonders wichtig.

Laut einer UNICEF-Studie treten HIV- und Malaria-Infektionen vor allem in Afrika oftmals gemeinsam auf. Auf dem Kontinent werden weltweit die höchste Zahl von Fällen der durch Moskitos übertragenen Tropenkrankheit sowie mehr als drei Viertel aller HIV-Infektionen bei Frauen registriert. Diese doppelte Bürde belastet besonders die Zentralafrikanische Republik, Malawi, Mosambik, Sambia und Simbabwe. 90 Prozent aller Erwachsenen sind dort in Gefahr, an Malaria zu erkranken, während die durchschnittliche HIV-Prävalenz zehn Prozent übersteigt.

Aus WHO-Studien geht hervor, dass HIV das Risiko einer Malaria-Infektion und eines klinischen Verlaufs der Krankheit erhöht. Andererseits regt Malaria auch die Vermehrung der HI-Viren an. Behandlungen gegen Malaria drohen bei HIV-positiven Erwachsenen mit einem geschwächten Immunsystem nicht anzuschlagen.


Jede sechste schwangere Sambierin HIV-positiv

Laut UNICEF liegt das Risiko für HIV-infizierte Schwangere, an klinischer Malaria zu erkranken, doppelt so hoch wie für andere. Ihre Kinder kommen möglicherweise untergewichtig zur Welt und sind Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Tetanus und Masern schutzlos ausgeliefert. Nach Angaben von Kebby Musokotwane, einem Klinik-Arzt, der für die Regierung arbeitet, ist in Sambia jede sechste schwangere Frau HIV-positiv.

Bei der ersten Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft werden Frauen in Sambia auf HIV getestet. Diejenigen, die das Virus in sich tragen, erhalten sofort antiretrovirale Medikamente. Laut Musokotwane liegt das Problem vor allem darin, dass die Frauen viel zu spät zum Arzt gehen. "Es gibt den verbreiteten Aberglauben, dass Schwangerschaften nicht zu früh bekannt werden sollten. Deshalb warten viele Frauen lange ab, bevor sie in die Klinik kommen."

Buj bestätigt, dass Schwangere in den meisten afrikanischen Ländern nicht pünktlich zur Vorsorge gehen. Malikaso kam erst im letzten Drittel der Schwangerschaft, um sich in der Klinik ohne zeitraubende Formalitäten einen Platz für die Entbindung, die Ausstellung einer Geburtsurkunde und die Nachsorge zu sichern.

Dabei ist Vorsicht angebracht. Nach Schätzungen der UN gehen etwa 20 Prozent der Todesfälle bei Müttern in Sambia auf Malaria und 30 Prozent auf Aids zurück. Um diese hohe Malariarate zu senken, wollen die Behörden in diesem Jahr 5,6 Millionen mit Insektiziden getränkte Moskitonetze verteilen.

Die Hebamme Zulu, die in diesem Jahr in den Ruhestand geht, hätte es gern noch erlebt, dass Malaria schwangeren Frauen nichts mehr anhaben kann. Es mache sie wütend, dass die Krankheit immer wieder Opfer fordert. Sie wünscht sich vor allem eines: dass Frauen ihre eigene Gesundheit endlich ernster nehmen. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/04/one-pill-take-pregnancy-malaria-hiv/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2014