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AUSLAND/2157: Sierra Leone - Wie Geburtshelfer auf den Turtle Islands die Gesundheit von Frauen verbessern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. September 2014

Sierra Leone: Wie Geburtshelfer auf den Turtle Islands die Gesundheit von Frauen verbessern

von Joan Erakit


Bild: © Joan Erakit/IPS

Die acht Inseln der sierraleonischen Turtle Islands sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten
Bild: © Joan Erakit/IPS

Mattru Jong, Sierra Leone, 4. September (IPS) - Emmanuel ist ein ausgebildeter Geburtshelfer. Der 26-Jährige lebt auf einer der acht kleinen 'Schildkröteninseln', den Turtle Islands, die vor der Küste des westafrikanischen Staates Sierra Leone liegen. Von dort bis nach Mattru Jong, der auf dem Festland gelegenen Hauptstadt des Bonthe-Bezirks, dauert es eine Stunde, vorausgesetzt man wird in einem Schnellboot mitgenommen.

Die Inseln sind ausschließlich über den Wasserweg erreichbar. Nicht alle verfügen über Anlegestellen. Für Besucher bedeutet dies, dass sie vor Erreichen des Ufers aussteigen und durch kniehohes Wasser zum Strand waten müssen. Emmanuel, dessen Einsatzgebiet sich über mehrere Inseln erstreckt, ist es gewöhnt, seine Ausrüstung zu schultern, um sie trocken zum Ufer zu bringen.

Der Geburtshelfer hat alle Hände voll zu tun. Er berät die Inselbewohner in Fragen der reproduktiven Gesundheit und Familienplanung, betreut und entbindet schwangere Frauen und sorgt bei Komplikationen dafür, dass seine Patientinnen ins nächste Krankenhaus transportiert werden.

Wie er berichtet, gibt es viele Menschen, die ihre Insel noch nie verlassen haben. Gerade für sie sind Informationen über Möglichkeiten der Familienplanung und reproduktiven Gesundheit extrem wichtig. Das sieht die sierraleonische Regierung in dem Bestreben, die hohe Mütter- und Säuglingssterblichkeit im Lande zu senken, ebenso.


Vom traditionellen zum professionellen Geburtshelfer

Dafür setzt sie auf eine interessante Strategie: Sie rekrutiert und trainiert traditionelle Geburtshelfer aus den jeweiligen Regionen, in denen sie dann qualitativ hochwertige Gesundheitsdienste anbieten. Da die Kräfte selbst aus der Mitte der Gemeinschaften kommen, die sie betreuen, sind sie hoch geschätzt, und ihre Angebote werden angenommen. Seit sie im Einsatz sind, kommt es seltener zu Problemen wie Geburtsfisteln und Präeklampsie, wie die 28-jährige Krankenschwester Isatu Jalloh berichtet.

Auf den Turtle Islands ist es durchaus üblich, dass Frauen 13 bis 14 Kinder gebären. Doch Partnerschaften mit dem UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) oder Hilfsorganisationen wie 'Marie Stopes International' mit Sitz in Großbritannien, die die Familien mit Verhütungsmitteln versorgen, zeigen bereits Wirkung.

"Wir waren ständig schwanger. Wer von seinem Mann verlassen wurde, hatte ein großes Problem", berichtet die 33-jährige Yeanga. "Doch seit Marie Stopes zu uns gekommen ist, haben wir die Möglichkeit, die Abstände zwischen den Geburten selbst zu bestimmen. Das hat mein Leben von Grund auf verändert."

In vielen Fällen müssen die Frauen die Zustimmung ihrer Männer einholen, um Verhütungsmittel zu verwenden, wie Yeanga, Mutter von fünf Kindern im Alter von drei bis 25 Jahren, berichtet. Schon die Teilnahme an einem Familienplanungsgespräch sei schwierig gewesen, sagt sie. Als ihr Mann dann irgendwann herausfand, dass sie verhütet, gab es Streit, der erst durch lange Gespräche beigelegt werden konnte.


Einkommen für Frauen dank Familienplanung

Sierra Leone weist mit Raten von 140 pro 1.000 und 857 pro 100.000 Lebendgeburten mit die weltweit höchsten Säuglings- und Müttersterblichkeitsraten auf. Doch auf den Turtle Islands sind sie Jalloh zufolge rückläufig. Die Größe der Familie planen zu können, hat den Inselfrauen zudem ermöglicht, kleine Unternehmen zu gründen und für sich und ihre Kinder ein Auskommen zu schaffen.

Doch trotz aller Erfolge gilt es noch einige Herausforderungen zu meistern. So brauchen die ausgebildeten Geburtshelfer eigene Boote. Hinzu kommt das Problem, dass die meisten am liebsten nur dort praktizieren würden, wo sie zu Hause sind.

Doch nicht nur internationale Hilfsorganisationen, auch die einheimische Koalition für alle in Makeni in der Nordprovinz hat viel für Sierra Leones werdende Mütter und ihre Kinder getan. So verhilft sie Frauen zu einem kostenlosen Zugang zu Gesundheitsdiensten insbesondere vor, während und nach der Schwangerschaft. Sie nimmt sich zudem Problemen wie dem Fachkräftemangel und hohen Klinikgebühren an.

Teuer wird es vor allem dann, wenn Frauen ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt bringen. Doch Programme wie die Initiative für eine kostenfreie Gesundheitsversorgung (FHCI) tragen dazu bei, dass schwangere Frauen und stillende Mütter sowie deren Säuglinge bis zum fünften Lebensjahr gratis medizinisch betreut werden. (Ende/IPS/kb/ 2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/08/how-midwives-on-sierra-leones-almost-untouched-turtle-islands-are-improving-womens-health/

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IPS-Tagesdienst vom 4. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2014