Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN


AUSLAND/2227: Ghana - Erstes Fortbildungsprogramm in Notfallmedizin angelaufen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. April 2015

Ghana: Erstes Fortbildungsprogramm in Notfallmedizin angelaufen

von Lisa Vives und Karina Böckmann


New York, Berlin, 15. April (IPS) - In Ghana läuft derzeit das landesweit erste Trainingsprogramm für Notfallmedizin. Die Maßnahme, die durch die Zusammenarbeit zwischen der Universität von Michigan, der Kwame-Nkrumah-Universität für Wissenschaft und Technologie, einem Lehrkrankenhaus und anderen medizinischen Institutionen zustande kam, soll eine medizinische Versorgungslücke schließen.

Mit Hilfe der innovativen und nachhaltigen Fortbildungen für Ärzte, Pflegekräfte und Medizinstudenten werde die medizinische Notfallversorgung in Ghana verbessert, heißt es auf der Webseite der Michigan-Universität. "Diese Programme werden die Zahl qualifizierter Notfall-Gesundheitsarbeiter erhöhen, die in den Gebieten eingesetzt werden, in denen sie am dringendsten gebraucht werden."

Finanziert wird das Projekt von den Nationalen Gesundheitsinstituten des 'Fogarty International Center', das vorhat, 130 Millionen US-Dollar in die Verbesserung der afrikanischen Notfallhilfekapazitäten zu investieren. Erwartet wird, dass bis Ende 2016 gut 50 Pflegekräfte die Zusatzausbildung abschließen werden. 20 wurden bereits in den Nothilfe-Bereichen Ersteinschätzung, Reanimation und Akutversorgung fortgebildet.


Erste ausgebildete Kräfte im Einsatz

Die ersten 15 Ärzte und 35 Pflegekräfte haben den Trainingskurs bereits durchlaufen. Während die Mediziner in Krankenhäusern in Ashanti, im Großraum Accra und in der Nordregion im Einsatz sind, wird das spezialisierte Pflegepersonal in acht Regionen des westafrikanischen Landes beschäftigt.

Die Idee für das Trainingsprogramm für Notfallmedizin war nach dem Erstickungstod von 127 Menschen im Ohene-Djan-Sportstadion in der Hauptstadt Accra vor knapp 14 Jahren geboren worden. Bis heute gedenken die Ghanaer jedes Jahr der Ereignisse am 9. Mai 2001, die mit dem Randalieren von Fußballfans begann und zur "längsten und dunkelsten Nacht in der Geschichte des afrikanischen Fußballs werden sollte", wie Kent Mensah in der Online-Zeitschrift 'goal.com' schrieb.

Der Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen durch die Sicherheitskräfte, der zu einer Massenpanik führte, die den Tod so vieler Menschen verursachte, war nicht die einzige Fehlentscheidung der Behörden gewesen. Nicht nur dass einige Tore des Stadions verschlossen waren und somit als Fluchtwege ausfielen, auch die diensthabenden Ärzte waren bereits vor dem Desaster nach Hause geschickt worden. Seit damals erinnert das Monument 'Ich bin meines Bruders Hüter' am Ort des Geschehens an die Opfer.

Auf Druck der Öffentlichkeit nach dieser Tragödie wurde ein nationales Unfall- und Nothilfe-Zentrum in Kumasi, der Hauptstadt der zentralen Ashanti-Region, geschaffen. Das 'Ghana College of Physicians and Surgeons' wandte sich zudem an die Abteilung für Nothilfemedizin der Universität von Michigan und es kam zu einer Partnerschaft.

Vor der Existenz des neuen Programms waren die wenigsten Ärzte auf ihre Arbeit im Bereich der Notfallhilfe vorbereitet. Es gibt in den größeren Hospitälern zwar 'Unfallstationen', doch ist das Personal unerfahren und inadäquat auf die Herausforderungen vorbereitet.

Wie aus einem Länderinformationsblatt des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Oktober 2014 hervorgeht, verfügt Ghana derzeit über 1.433 staatliche Gesundheitseinrichtungen: 70 Distriktkrankenhäuser, 21 Krankenhäuser, 10 Polikliniken, 692 Gesundheitszentren, 640 Kliniken, Geburtshilfezentren etc. Hinzu kommen 1.299 private oder halbstaatliche medizinische Einrichtungen. Beide Gesundheitsdienstleister bieten eine Kapazität von 20.126 Betten, heißt es in dem Dokument unter Berufung auf den Ghanaischen Gesundheitsdienst.

Ferner verfügt das westafrikanische Land über drei medizinische Ausbildungsinstitute: die 'University of Ghana Medical School', die 'KNUST Medical School' und die 'University of Development Studies', die wiederum mit drei Lehrkrankenhäuser in Accra, Kumale und Tamale kooperieren. Zudem gibt es Institutionen für die pharmazeutische Ausbildung und die Ausbildung von Krankenschwestern und anderem Gesundheitspersonal.


Fachkräftemangel durch Braindrain

Dass der Zugang zu medizinischer Versorgung insbesondere in den ländlichen Gebieten trotz des recht gut ausgebauten ghanaischen Gesundheitssystems problematisch ist, wird auf den Mangel von Fachkräften zurückgeführt. Nach jüngsten Angaben der ghanaischen Behörden kommen auf 11.929 Bürger ein Arzt und auf 1.213 Bürger eine Krankenschwester. Ein wesentlicher Faktor dabei ist der Exodus von in Ghana ausgebildeten Fachkräften auf der Suche nach besseren Verdienstmöglichkeiten. (Ende/IPS/kb/2015)


Links:

http://www.ipsnews.net/2015/04/first-ever-training-in-emergency-medicine-begins-in-ghana/
http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_ghana-dl_de.pdf?__blob=publicationFile
http://www.healthsystemassessment.com/wp-content/uploads/2014/03/Ghana-Eye-Health-System-Assessment-Report.pdf

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 15. April 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang