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ARTIKEL/1369: 4. Pflegefachtag KSFH "Viele Wege in der Pflege - neuer Personalmix in der Patientenversorgung" (idw)


Katholische Stiftungsfachhochschule München - 02.12.2014

4. Pflegefachtag KSFH
"Viele Wege in der Pflege - neuer Personalmix in der Patientenversorgung"


Wohin mit dem Pflegepersonal, das akademisch ausgebildet ist? Noch ist sich die Pflegepraxis trotz deutlicher Personalengpässe nicht immer im Klaren darüber, wie sich Pflegefachkräfte mit einem Hochschulabschluss in die bestehenden Strukturen und auch Hierarchien im Personalsystem eingliedern lassen. Im Rahmen des 4. Pflegefachtags, der am 26. November in der Schön Klinik München Harlaching stattfand, setzten sich Experten aus Praxis und Hochschule intensiv damit auseinander, wie eine Einmündung von Absolventen in den Pflegeberuf funktionieren kann und wie der Mehrwert, der durch die wissenschaftliche Ausbildung entsteht, in der Praxis genutzt werden kann.

München, 02.12.2014 - Am Mittwoch, 26. November 2014 veranstaltete die Schön Klinik München Harlaching in Kooperation mit dem Fachbereich Pflege der Katholischen Stiftungsfachhochschule München (KSFH) den 4. Pflegefachtag zum Thema Personalmix in der Patientenversorgung. Die Pflege steht in den kommenden Jahren vor der großen Herausforderung, eine Personalstruktur schaffen zu müssen, die der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft gerecht wird. Um neue und innovative Versorgungsstrukturen bereitzustellen und auf die Veränderungen im Gesundheitssystem angemessen zu reagieren, braucht es künftig - noch stärker als bisher - einen Mix an unterschiedlichen Kompetenzen und Know-how. Neben einer qualifizierten Ausbildung in der Praxis ist die "Pflege der Zukunft" auf Mitarbeiter angewiesen, die fundiertes Theoriewissen mitbringen, an Problemlösungen qualifiziert und kreativ mitarbeiten und bestehende Arbeitsprozesse optimieren.

Die KSFH verabschiedete in diesem Jahr ihre ersten Pflege dual-Absolventen, die 2009 mit ihrem Studium starteten und seit diesem Jahr dem Berufsmarkt als akademisch ausgebildetes Fachpersonal zur Verfügung stehen. Die KSFH-Professorin Dr. Andrea Kerres und Dr. Katharina Lüftl, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule, präsentierten am Vormittag zentrale Ergebnisse und Handlungsempfehlungen ihrer qualitativen Begleitforschung, die von 2009-2013 dauerte und unter anderem auf den Erfahrungen der Praxisanleiter mit Pflege dual-Studierenden der KSFH basiert. Praxisanleiter, so ein Fazit, bewerten das theoretische Wissen ihrer Auszubildenden oft ambivalent oder als eine "Handlungsunterbrechung" im Praxisalltag. Durch "zu viel Wissen" gerieten die Studierenden oft ins Stocken. Hier empfehlen die beiden Wissenschaftlerinnen, die Praxiseinheiten der Pflege dual-Studierenden genauer unter die Lupe zu nehmen - unter Beteiligung aller Lernpartner. Um ein besseres Verständnis für das Wissensspektrum der Studenten zu entwickeln, sollten entsprechende Fort- und Weiterbildungen angeboten werden. Prof. Dr. Kerres und Dr. Katharina Lüftl plädierten auch dafür, die Praxisbegleitung durch Vertreter der Hochschule zu intensivieren, um das Profil als "akademische Fachkraft" zu schärfen und die Studierenden in der Berufseinmündung zu unterstützen.

Gertrud Wyhs, Pflegedienstleitung der Schön Klinik München Harlaching, betonte in ihrem Vortrag, dass die Einbindung von Pflege dual-Absolventen in der Pflegepraxis tatsächlich noch in "den Kinderschuhen steckt". Dennoch ist die Pflegedienstleiterin davon überzeugt, dass es einen Ausbildungs-Mix in den Pflegestationen braucht und Fachkräfte mit Hochschulabschluss bzw. wissenschaftlichem Werdegang Kompetenzen mitbringen, auf die eine qualifizierte Patientenversorgung nicht verzichten kann. "Ich verspreche mir dadurch erkenntlichen Mehrwert in der Pflegepraxis, wie etwa eine bessere Vernetzung von Pflege und Medizin, gezieltere Pflegemaßnahmen, optimierte Arbeitsprozesse, Kreativität und Innovation bei Problemlösungen, ein aktives Mitwirken in der Pflegeforschung und eine Interessensvertretung, die sich argumentativ durchsetzen kann und gehört wird." Die Schön Klinik bindet seit 2012 Dual-Studierende in ihr Personalkonzept ein, derzeit mit 5 Pflege dual-Studierenden und einer Absolventin. Die Stationsleitungen, die aktuell zu ihren Erfahrungswerten befragt wurden, äußerten sich mehrheitlich positiv: Die Stationsroutine lässt sich leichter an aktuelle Bedarfe anpassen, da die Studenten bestimmte Abläufe kritisch hinterfragen und neue Impulse und Anregungen einbringen, mit denen die Klinik der zunehmenden Komplexität im Praxisalltag begegnen kann. "Auf der anderen Seite", sagt Gertrud Wyhs, "bestehen auch in gewisser Weise Risiken für uns als Arbeitgeber. Bei der Einbindung von akademisch ausgebildetem Personal stellt sich die Frage, ob neue Hierarchieebenen in den Pflegeteams entstehen und ein neues Rollenverständnis generiert werden muss. Wer ist über-, wer ist untergeordnet? Wir haben uns deswegen auch im Vorfeld für Schulungen entschieden, um etwaige Ängste zu unterbinden und um eine Akzeptanz zu schaffen." Die Pflegedienstleiterin plädiert für die Einbindung der Hochschulabgänger in "bereits bestehende Arbeitskonzepte und Teamstrukturen." Auch spricht sie über eine finanzielle Eingruppierung auf dem Niveau der spezialisierten Pflege.

Von Ängsten des Pflegepersonals sprach auch Irene Hößl, Dipl. Krankenhausbetriebswirtin (VKD), Systemischer Coach und Supervisorin. "Durch die Einmündung von Hochschulabsolventen in die Pflegepraxis entsteht eine weitere Qualifikationsstufe, aus der sich wiederum die Hierarchiefrage in den jeweiligen Teams ableitet. Die Angst des Personals davor, plötzlich zur "zweiten Klasse" zu gehören, ist groß." Bachelorstudenten wiederum bedürfen einer Teamstruktur, in der verschiedene Rollen und Zuständigkeiten ausgewiesen werden: "Hier ist das Management gefordert, die Rolle des Bachelors zu definieren und die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der Mitarbeiter festzulegen."

Die beiden Absolventinnen Agnes Schwarzbauer und Ricarda Servaty erläuterten aus ihrer Perspektive, was sie von ihrer Berufseinmündung erwarten und welche Vorteile ihre duale Ausbildung mit sich gebracht hat. Die beiden wünschen sich vorrangig konkrete Konzepte zu ihrer Eingliederung im Praxisalltag, eine transparente Stellenbeschreibung und ein ihrem Ausbildungsweg angemessenes Gehalt. Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualifikation, könnten Absolventen beispielsweise als "Pflegeexperten" die Fachverantwortung für bestimmte Themenbereiche übernehmen. Beide zeigten in ihren Statements die vorhandene Bereitschaft auf, an der Ausdifferenzierung eines Stellenprofils aktiv mitzuarbeiten und hoben gleichermaßen hervor, wie wichtig es ist, das Profil für Hochschulabgänger im Pflegebereich zu schärfen.

An der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Prof. Dr. Constanze Giese, Dekanin des Fachbereichs Pflege an der KSFH, moderiert wurde, beteiligten sich Irene Hößl, Prof. Dr. Bernd Reuschenbach, langjährige Studiengangsleitung von Pflege dual an der KSFH, Prof. Dr. med. habil. Markus Walther, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Schön Klinik München Harlaching, Gertrud Wyhs und die zwei KSFH-Studentinnen Carina Gantschnigg und Iris Huber. Primär ging es hier um den Mehrwert durch die akademische Professionalisierung der Pflege. Ein Studium, so der Konsens, bringt Vorteile für die Pflegepraxis. Doch welche? Und wie finanziert? Prof. Dr. Bernd Reuschenbach betonte in diesem Kontext, dass Akademisierung nachweislich Leben rettet und sich "maßgeblich auf die Qualität der Bewohnerbetreuung und auf deren Zufriedenheit auswirkt."

Der Nachmittag des Fachtags gestaltete sich aus mehreren Workshops zur Einmündung von Pflege dual-Studierenden in den Berufsalltag.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Katholische Stiftungsfachhochschule München, Sibylle Thiede, 02.12.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2014

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