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FINANZEN/626: Gesundheitsministerkonferenz Ende Juni - Es soll mehr Geld in Kliniken investiert werden (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7-8/2017

GMK
Forderungen der Länderminister

von Dirk Schnack


Die Gesundheitsminister der Länder tagten Ende Juni in Bremen. Ein Ergebnis: Es soll mehr Geld in Kliniken investiert werden.


Die Bundesländer wollen mehr Geld in die Krankenhäuser investieren, wenn der Bund sich ebenfalls beteiligt. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder regte auf ihrer diesjährigen Konferenz in Bremen ein mehrjähriges gemeinsames Investitionsprogramm an, für das Bund und Länder zusammen hälftig mindestens eine Milliarde Euro aus Steuermitteln aufbringen. Starten soll das Programm im Jahr 2019.

Das Geld soll zusätzlich zu den von den Bundesländern bislang bereitgestellten Mitteln in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro gezahlt werden. Mit dem Geld soll nach dem Willen von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) in den Umbau, in IT-Sicherheit, in die Konzentration stationärer Leistungen und in sektorenübergreifende Versorgung investiert werden. "Wir wollen mit dem Geld keine Strukturen zementieren", betonte Prüfer-Storcks nach der Konferenz. Was der Bund von den Plänen hält, blieb bis Redaktionsschluss offen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) war zwar beim Treffen der Länderminister anwesend und nahm deren Wünsche mit, ging aber öffentlich nicht darauf ein.

Prüfer-Storcks, der viele Experten im Fall einer SPD-Regierungsbeteiligung nach der nächsten Bundestagswahl Ambitionen auf das Amt des Bundesgesundheitsministers nachsagen, erwartet in der nächsten Legislaturperiode Fortschritte für die sektorenübergreifende Versorgung. Dazu soll eine Bund-Länderkommission beitragen, die nach Wünschen der Länder vom Bundesgesundheitsministerium eingerichtet werden soll. Das Gremium soll sich mit der Harmonisierung von ambulantem und stationärem Sektor beschäftigen, etwa in Hinblick auf Bedarfsplanung und Honorierung. Prüfer-Storcks begründete die Forderung mit dem nach ihrer Beobachtung nicht ausgeschöpften Ambulantisierungspotenzial. Zu möglichen Bedenken von niedergelassener Seite sagte sie: "Wir wollen eine Harmonisierung, damit es keinen Sog ins Krankenhaus gibt."

Weiteres Schwerpunktthema war die Versorgung älterer Menschen. Bremens Gesundheitssenatorin Prof. Eva Quante-Brandt (SPD) betonte den Handlungsbedarf: "Wir haben zu wenige Erkenntnisse und zu wenig Forschung über die Wechselwirkungen von Medikamenten bei älteren Menschen und wir wissen zu wenig darüber, wie Krankheiten sich zueinander verhalten." Bundesgesundheits- und Bundesforschungsministerium sollten Anreize für eine gezieltere Forschung entwickeln. Von den Selbstverwaltungspartnern erwarten die Länderminister, dass sie strukturierte und multiprofessionelle Modelle für die Versorgung älterer Menschen erproben. Außerdem sollen verbindliche Leitlinien für eine stärker evidenzbasierte Versorgung entwickelt werden. Mehr Erkenntnisse als in der Geriatrie gibt es nach Ansicht von Quante-Brandt in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Um diese besser nutzen zu können, soll eine Arbeitsgruppe die Bündelung der Erkenntnisse forcieren. Insbesondere Kinder und Jugendliche in prekären Lebenslagen sollen davon profitieren. Gefordert sehen die Länderminister insbesondere den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Ärzteschaft.

Auch für ein konsequenteres Vorgehen der EU-Kommission bei der Beschaffung von Grippe-Impfstoffen für den Pandemiefall haben sich die Länderminister eingesetzt. Mit dem Beschluss erhöhen die Länder den Druck auf die EU. Schleswig-Holsteins zur Konferenz noch amtierende Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) betonte in diesem Zusammenhang: "Die Menschen in Deutschland sollen sich im Fall einer Grippe-Pandemie darauf verlassen können, dass ausreichend Impfstoff vorhanden ist. Ich erwarte, dass die EU konsequent die gemeinsam verabredeten Ziele zügig verfolgt und umsetzt. Ausschreibungsregeln dürfen nicht zu Verzögerungen führen, eine Pandemie wartet nicht."

Weiteres Thema war die Telemedizin, die die GMK in der medizinischen Versorgung vor allem in ländlichen Bereichen für "zunehmend erforderlich" hält. Während in der letztjährigen GMK eine "Strategie zum weiteren Aufbau der Telematikinfrastruktur unter Beteiligung der Länder im Rahmen der Digitalisierung des Gesundheitswesens" verabschiedet worden war, stand in Bremen eine Verstetigung der Telemedizin in den gängigen Dokumentations- und Finanzierungssystemen und somit die Integration in die Regelversorgung auf der Tagesordnung. "Nach der Krankenhausreform mit der Orientierung an Qualität und Patientensicherheit geht es nun darum, die in den Kliniken dringend benötigten Investitionen, etwa für IT-Sicherheit, zu gewährleisten. Hier setzen wir auf eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern", sagte Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU): "Wir sollten alle technischen Möglichkeiten nutzen, damit der medizinische Fortschritt den Patienten zugutekommt. So kann schnell ein Facharzt zugeschaltet werden und zum Beispiel lange Wege vermieden werden. Dies gilt insbesondere für die Notfallversorgung, denn hier können jederzeit abrufbare Gesundheitsdaten Leben retten."

Für erforderlich hält die Gesundheitsministerkonferenz außerdem die Novellierung der Gesundheitsfachberufe (Logopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Diätassistenten). Ziel: Fachkräfte gewinnen, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. "Außerdem steigen die Anforderungen an die Gesundheitsberufe, die Aufgaben erweitern sich", hieß es zur Begründung. Auch hier soll eine Bund-Länder-Gruppe gebildet werden, die laut Beschluss der GMK bis Ende 2019 einen Aktionsplan für eine bedarfsorientierte Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen erarbeiten soll. Auch bei der Novellierung des Hebammengesetzes geht es darum, die Ausbildung den neuen Anforderungen anzupassen. So sollen zum Beispiel die Voraussetzungen für die Hebammenausbildung von bisher zehn auf zwölf Schuljahre angehoben und die Ausbildung auf bestimmte Kompetenzen ausgerichtet werden. Quante-Brandt verwies auch auf die zeitgleich vom Bundestag beschlossene Reform der Pflegeberufe. Sie sei ein wichtiges Instrument, um dem Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen. "Eine generalistische Ausbildung bedeutet ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Ausbildung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege. Für Pflegende wird es dadurch leichter, von einem Pflegebereich in einen anderen zu wechseln, dadurch wird der Beruf attraktiver."


GMK

Die Gesundheitsministerkonferenz ist eine der Fachministerkonferenzen der Länder und besteht seit über 60 Jahren. Ihr gehören die Gesundheitsminister und Gesundheitssenatoren der Länder an. Der Bundesgesundheitsminister ist ständiger Gast der GMK. Der Vorsitz der GMK wechselt jährlich - nach Bremen wird im kommenden Jahr Nordrhein-Westfalen Vorsitzland.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7-8/2017 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2017/201707/h17074a.htm

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Juli/August 2017, Seite 21
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2017

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