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INSTITUTION/107: Ombudsverein Schleswig-Holstein - Der Schlichtungsbedarf wird eher zunehmen (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 1/2, Januar/Februar 2023

Der Schlichtungsbedarf wird eher zunehmen

Dirk Schnack sprach mit Dr. Heiner Garg (FDP)


OMBUDSVEREIN. Dr. Heiner Garg (FDP) erwartet, dass in seiner Amtszeit als Vorsitzender des Vereins Patientenombudsmann/-frau Schleswig-Holstein mehr Aufmerksamkeit für Pädiatrie und Pflege erforderlich sein wird. Garg hofft außerdem, die Arbeit des Vereins bekannter machen und mittelfristig mehr Ombudsleute ins Boot holen zu können. Ob er sich mittelfristig aus der aktiven Politik zurückziehen wird, ließ Garg im Interview mit Dirk Schnack nicht erkennen.


Frage: Herr Dr. Garg, Ihre Vorgänger Günther Jansen, Heide Simonis, Peter Harry Carstensen und Volker Dornquast haben den Vorsitz im Patientenombudsverein übernommen, als ihre politische Karriere abklang oder schon vorbei war. Ist die Annahme dieses Amtes ein Signal, dass Sie sich demnächst aus der Politik zurückziehen?

Dr. rer. pol. Heiner Garg: Es ist ja nicht Voraussetzung für dieses Amt, dass die politische Karriere am Abklingen sein muss. Ich habe ein Landtagsmandat und werte den Vorsitz im Patientenombudsverein nicht als Zeichen für einen bevorstehenden Austritt aus der aktiven Politik. Dass ich parteipolitisch aktiv bin, halte ich auch nicht für hinderlich - die Parteizugehörigkeit des Vorsitzenden spielt, glaube ich, nur eine untergeordnete Rolle.

Frage: Was halten Sie stattdessen für wichtige Voraussetzungen?

Garg: Ich glaube, dass eine gute Verankerung im schleswig-holsteinischen Gesundheitswesen, ein gewisser Bekanntheitsgrad in der Szene und Kenntnis über die Zusammenhänge im Gesundheitssystem gute Voraussetzungen für dieses Amt sind.

Frage: Sie haben eine lange politische Karriere hinter sich, waren u. a. zwei Mal Landessozial- und Gesundheitsminister. Was reizt Sie ausgerechnet am Vorsitz des Patientenombudsvereins?

Garg: Mehrere Punkte zeigen, weshalb diese Institution so wichtig ist. Zum einen das Verhältnis zwischen Ärzten und Therapeuten auf der einen und den Patienten auf der anderen Seite, das stets von einer gewissen Informations-Asymmetrie begleitet sein wird, auch wenn sich viele Menschen inzwischen im Internet Wissen aneignen. Diese Asymmetrie führt zum Teil zu Missverständnissen, die nicht immer ohne externe Moderation auszuräumen sind. Hier sehe ich eine wichtige Rolle der Ombudsleute.

Zum anderen die Probleme zwischen Ärzten und Patienten, die aus den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen resultieren. Da ist insbesondere die fehlende Zeit für Gespräche zwischen Ärzten, Therapeuten und ihren Patienten zu nennen. Unter den derzeitigen Bedingungen fehlt diese Zeit und das beeinflusst nach meiner Wahrnehmung das Verhältnis zwischen beiden negativ. Die Ombudsleute können in manchen Fällen helfen. Wichtig ist aber, dass auch wir als Verein, der von unterschiedlichen Akteuren aus dem Gesundheitswesen getragen wird, in der Politik immer wieder auf geänderte Rahmenbedingungen hinwirkt, indem wir auf die Folgen dieser Rahmenbedingungen hinweisen.

Bestes Beispiel ist die Forderung nach einer Entbudgetierung von ärztlichen Leistungen in der Grundversorgung, die ich für unbedingt erforderlich halte.

"Es würde mich nicht überraschen, wenn der Schlichtungsbedarf steigen wird."
Dr. rer. pol. Heiner Garg

Frage: Der Verein arbeitet derzeit mit einer sehr begrenzten Zahl von Ombudsleuten. Reicht das, um alle Probleme zu schlichten?

Garg: Das kann ich so kurz nach Amtsantritt noch nicht seriös beantworten. Wir haben eine Pflegeombudsfrau mit Vertreterin und vier Ombudsleute. Wenn man verfolgt, in welchem Ausmaß die Herausforderungen in der Pflege oder beispielsweise in der Kinder- und Jugendmedizin zuletzt gewachsen sind und weiter zunehmen werden, kann ich mir gut vorstellen, dass wir mehr Ombudsleute brauchen werden. Es würde mich nicht überraschen, wenn der Schlichtungsbedarf in diesen Bereichen steigen wird. Denn zum Glück und mit Recht werden ja die Angehörigen zunehmend lauter, weil sie nicht nachvollziehen können, dass es immer seltener noch befriedigende Antworten auf die Probleme gibt.

Frage: Um etwas zu bewirken, muss der Verein aber auch gehört werden. Ist der Patientenombudsverein bekannt genug?

Garg: Ich glaube, dass wir den Bekanntheitsgrad noch erhöhen könnten. Dafür haben wir gute Voraussetzungen, weil der Verein von so vielen Institutionen wie Ärztekammer, Krankenkassen, Krankenhäusern usw. getragen wird. So etwas ist nur in Schleswig-Holstein möglich und zeigt die Bereitschaft, miteinander zu Lösungen zu kommen. Die Bekanntheit allein löst natürlich keine Probleme, hilft aber dabei, dass diese Probleme in der Politik wahrgenommen werden. Am meisten hätten wir aber erreicht, wenn es gar keine Schlichtungsverfahren mehr bräuchte. Aber das ist leider nicht absehbar.

Frage: Neben dem Patientenombudsverein gibt es in Schleswig-Holstein eine Bürgerbeauftragte. Warum sind beide Institutionen erforderlich?

Garg: Weil sie unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen und unterschiedliche Träger haben. Die Bürgerbeauftragte Samiah El Samadoni ist vom Landtag berufen. Sie hat ein breit gefächertes Aufgabengebiet, das nicht nur das Gesundheitswesen umfasst. Der Patientenombudsverein ist ebenfalls unabhängig vom Land, wird aber von ganz unterschiedlichen Institutionen aus dem Gesundheitswesen getragen. Dennoch gibt es natürlich auch eine Schnittmenge bei den Aufgabenbereichen und da kann ich mir durchaus vorstellen, dass es in Einzelfällen zu einer Zusammenarbeit kommen wird. Ich schätze Frau Samadoni sehr, bin überzeugt, dass ihre Arbeit immens wichtig ist und dass wir immer dann, wenn es erforderlich ist, gut zusammenarbeiten werden.

Dirk Schnack: Vielen Dank für das Gespräch.

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 1/2, Januar/Februar 2023
76. Jahrgang, Seite 26-27
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-0, Fax: 04551/803-101
E-Mail: info@aeksh.de
Internet: www.aeksh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. März 2023

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