Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

KASSEN/824: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 03.08.2011 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 3. August 2011


→  Kabinett beschließt Gesetzentwurf
→  Versorgungsstrukturgesetz - KBV-Vorsitzender Köhler sieht insgesamt Verbesserung
→  KV Baden-Württemberg fordert ausbudgetierte Vergütung der Psychotherapie
→  Rheinland-Pfalz bezieht Demografiefaktor in Bedarfsplanung ein
→  Elektronische Gesundheitskarte - KV Nordrhein gibt 1.000 Testkarten aus
→  Spezialärztliche Versorgung - KV Bremen befürchtet "ruinösen Wettbewerb"
→  KV Hamburg fühlt sich benachteiligt
→  Medizinermangel - Ärzteverbände bewertet Gesetzentwurf positiv - Kassen kritisieren
→  Montgomery: Priorisierung medizinischer Leistungen ist "unvermeidbar"
→  Neue Patienteninformationen zum Thema Brustkrebs erschienen

Raute

___Aus Berlin___

Kabinett beschließt Gesetzentwurf

Nach Meinung des KBV-Vorsitzenden, Dr. Andreas Köhler, führt das geplante Versorgungsstrukturgesetz nicht zu steigenden Krankenkassenbeiträgen.

Das Bundeskabinett hat dem Gesetzentwurf am Mittwoch zugestimmt. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will damit dem Ärztemangel auf dem Land entgegenwirken. Bahr plant, Niedergelassene vor allem mit finanziellen Anreizen in ländliche Regionen zu locken, indem die Honorarobergrenze bei Landärzten gestrichen wird. Zudem müssen Niedergelassene künftig nicht mehr in dem Bezirk wohnen, in dem sich ihre Praxis befindet. Geplant ist außerdem, dass die Grenzen zwischen ambulantem und stationärem Sektor gelockert werden. Beispielsweise sollen Niedergelassen den Notdienst künftig zusammen mit Kliniken organisieren können. "Ohne mehr Flexibilität in der Bedarfsplanung und ohne die notwendigen Anreize für die Mediziner in unterversorgten Gebieten droht ein zunehmender Mangel an Hausärzten, aber auch an Fachärzten. Das hat am Ende nicht nur negativen Folgen für die Versorgung der Patienten, sondern kostet auch mehr", sagte der Bundesgesundheitsminister am Mittwoch in Berlin. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass Gemeinden Arztpraxen in Eigenregie betreiben können. Wenn notwendig, könnten auch "rollende Arztpraxen" eingesetzt werden.

Kritik am Gesetzentwurf gab es aus der Opposition und auch von verschiedenen Verbänden. Das Versorgungsstrukturgesetz sei "ein Zeugnis beispielloser Klientelpolitik", sagte Annelie Buntenbach Vorstandsmitglied im deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) plädierte dafür, durch Praxisschließungen in Ballungsräumen den Druck auf Mediziner zu erhöhen, aufs Land zu ziehen. Dieses Instrument werde jedoch außer Acht gelassen.

Das Versorgungsstrukturgesetz soll noch in diesem Jahr das Parlament passieren und am 1. Januar 2012 in Kraft treten

(Agenturmeldungen, 3. August; Süddeutsche Zeitung, 3. August; Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums, 3. August)

Raute

___Aus KBV und KVen___

Versorgungsstrukturgesetz - KBV-Vorsitzender Köhler sieht insgesamt Verbesserung

Eine gemischte Bilanz zieht der KBV-Vorstand anlässlich der heutigen Kabinettsentscheidung zum Versorgungsstrukturgesetz. "Wir begrüßen die im Regierungsentwurf enthaltenen Maßnahmen, die der Sicherung der ambulanten Versorgung insbesondere im ländlichen Raum dienen. Das geplante Versorgungsstrukturgesetz wird die Versorgung der Patienten verbessern. Es ist auch mitnichten - wie Kritiker behaupten - ein Ärztegesetz", so lautet das Fazit des Vorstandsvorsitzenden der KBV, Dr. Andreas Köhler.

Vorbehaltlos unterstütze die KBV die neuen Instrumente, um gegen den Ärztemangel vorgehen zu können - wie die Aufhebung der Residenzpflicht oder mobile Arztstationen - auch wenn diese noch nicht ausreichend seien. Hinsichtlich der vorgesehenen Regelungen zur spezialärztlichen Versorgung beanstandet Köhler die mangelnde Wettbewerbsgleichheit zwischen ambulanten und stationären Ärzten.

Köhlers Vorstandskollege, Dr. Carl-Heinz Müller, äußerte deutliche Kritik an der Regressregelung. Die Ärzte müssten nach wie vor mit ihrem privaten Geld für Arzneimittelausgaben haften, obwohl sie kaum noch Einfluss darauf hätten, welche Medikamente die Patienten in der Apotheke tatsächlich erhielten, beziehungsweise wie viel sie letztendlich kosteten. "Die Richtgrößenprüfung muss weg. In Zeiten des Ärztemangels verpasst das Gesetz durch diese Abschreckung die Gelegenheit, junge Kollegen für den Beruf zu gewinnen."

(Pressemitteilung der KBV, 3. August)


*


KV Baden-Württemberg fordert ausbudgetierte Vergütung der Psychotherapie

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg unterstützt eine Forderung der Bundesverbände der Psychotherapeuten, wonach die Psychotherapie außerhalb des gedeckelten Gesamtbudgets im vorgesehenen Versorgungsstrukturgesetz vergütet werden soll. Die KV begründet dies mit den hohen Zuwachsraten bei psychischen Erkrankungen. Die derzeitige Honorarsystematik hätte zur Folge, dass diese Steigerung aus der Gesamtvergütung von Haus- und Fachärzten finanziert werden muss. Die Körperschaft kritisiert, dass bereits heute die quotierte Vergütung das spezifische Leistungsspektrum der Psychotherapeuten nicht mehr widerspiegele.

(Pressemitteilung der KV Baden-Württemberg, 2. August)


*


Rheinland-Pfalz bezieht Demografiefaktor in Bedarfsplanung ein

Als eine der ersten Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bezieht die KV Rheinland-Pfalz seit dem 1. Juli den Demografiefaktor in die Berechnung der Bedarfszahlen ein. Die KV möchte mit der Maßnahme dem zunehmenden Bedarf an medizinischer Versorgung einer älter werdenden Bevölkerung gerecht werden. Dr. Klaus Sackenheim, Mitglied des Vorstands der KV, erklärt: "Nach der von Bundesebene vorgegebenen Bedarfsplanungsrichtlinie haben wir in Rheinland-Pfalz eine Überversorgung mit Ärzten und Therapeuten bei der Versorgung psychisch kranker Menschen. Jedoch bildet die Bedarfsplanung nicht die Realität ab. Wir beobachten seit Jahren eine zunehmende Nachfrage auch im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie."

(Pressemitteilung der KV Rheinland-Pfalz, 2. August)


*


Elektronische Gesundheitskarte - KV Nordrhein gibt 1.000 Testkarten aus

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein verfügt ab dem 15. August über 1.000 Testkarten der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten im Rheinland können kostenfrei eine Karte bestellen und damit prüfen, ob ihr Lesegerät mit der eGK funktioniert. Die Karten müssen innerhalb von zehn Kalendertagen nach Erhalt wieder an die KV zurückgeschickt werden. Die Krankenkassen wollen spätestens im Oktober dieses Jahres mit der Ausgabe der eGK starten.

(Pressemitteilung der KV Nordrhein, 27. Juli)


*


Spezialärztliche Versorgung - KV Bremen befürchtet "ruinösen Wettbewerb"

Mit der geplanten Einführung des Spezialarztes im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes werde sich die medizinische Versorgung in Bremen und Bremerhaven verschlechtern, warnt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen. "Was für die Patienten auf den ersten Blick gut aussieht, entpuppt sich als hässliche Kröte", erklärte der Vorsitzende, Dr. Jörg Hermann. Die spezialärztliche Versorgung führe zu einem "ruinösen Wettbewerb" für niedergelassene Ärzte und entziehe dem ambulanten Sektor Geld für die wohnortnahe Behandlung.

(Pressemitteilung der KV Bremen, 3. August)


*


KV Hamburg fühlt sich benachteiligt

Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg sieht sich durch das Versorgungsstrukturgesetz benachteiligt. Die besondere Versorgungssituation der Gesundheitsmetropole Hamburg werde übergangen - und damit eine unselige Tradition der vergangenen Jahre fortgesetzt, bemängelte der stellvertretende Vorsitzende Walter Plassmann. Seine Kritik machte er vor allem an Honorarfragen fest, zum Beispiel an den geplanten Abschlägen in als statistisch als "überversorgt" geltenden Regionen oder daran, dass die Regionalisierung in Honorarfragen wieder gekippt werden solle.

(Pressemitteilung der KV Hamburg, 2. August)

Raute

___Aus den Verbänden___

Medizinermangel: Ärzteverbände bewertet Gesetzentwurf positiv - Kassen kritisieren

Als positiv bewerteten der Hartmannbund und die Bundesärztekammer (BÄK) den Entwurf zum Versorgungsstrukturgesetz, dem das Kabinett am Mittwoch zugestimmt hat. "Erstmals erkennt die Politik faktisch Ärztemangel in Deutschland als Problem an und bietet Lösungsansätze. Das ist ein nahezu historischer Durchbruch", sagte Prof. Kuno Winn, Vorsitzender der Verbandes.

Das Gesetz werde dazu beitragen, dass Ärzte dorthin kommen, wo die Menschen sie dringend brauchen, so BÄK-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Verband der Ersatzkassen (Vdek) sehen aber auch Kritikpunkte. Sie mahnen an, dass eine angebliche Überversorgung in bestimmten Regionen Deutschlands nicht angegangen werde. Es fehle an Maßnahmen, diese abzubauen, erklärte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.

(Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes, 3. August; Pressemitteilung des Hartmannbundes, 3. August; Pressemitteilung des Vdek, 3. August; Pressemitteilung der BÄK, 3. August)


*


Montgomery: Priorisierung medizinischer Leistungen ist "unvermeidbar"

Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Frank Ulrich Montgomery, ist eine Priorisierung medizinischer Leistungen unvermeidbar. Sie sei der einzig gerechte und ethisch vertretbare Weg, allen Patienten auf Dauer notwendige Behandlungen in Zeiten begrenzter Finanzen, Kapazitäten und Zeitressourcen zukommen zu lassen, sagte Montgomery der Zeitschrift Forschung und Lehre. "Jeder wird behandelt, jeder wird versorgt in der Rangfolge der Dringlichkeit", erklärte der BÄK-Präsident. Ohne eine Priorisierung werde es zu weiteren Leistungseinschränkungen kommen. Schon heute würde im deutschen Gesundheitswesen heimlich rationiert, was das Arzt-Patient-Verhältnis "massiv" belaste.

(Pressemitteilung der BÄK, 1. August)


*


Neue Patienteninformationen zum Thema Brustkrebs erschienen

Mit zwei neuen Flyern informiert das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) über Brustkrebs. Der erste Flyer mit dem Titel "Brustkrebs - was ist das?" richtet sich an Frauen mit Brustkrebs im frühen Stadium. "Leben mit Brustkrebs" heißt der zweite Flyer, der Betroffene mit fortgeschrittener Erkrankung ansprechen soll. Beide Blätter bieten leicht verständlich und kompakt wichtige Informationen zum Krankheitsbild und geben in der Rubrik "Was Sie selbst tun können" hilfreiche Tipps.

Das ÄZQ hat die Kurzinformationen auf der Grundlage von Leitlinien und im Auftrag der KBV entwickelt. Die Informationsblätter stehen allen niedergelassenen Ärzten zum Ausdrucken zur Verfügung, damit diese sie bei Bedarf betroffenen Frauen persönlich aushändigen können. Die PDF-Dokumente sind online in der Arztbibliothek [1] und auf
www.patienten-information.de erhältlich.

(Pressemitteilung des ÄZQ, 29. Juli)


[1] http://www.arztbibliothek.de/kollektionen/wartezimmerinformation


*


Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 3. August 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Impressum: http://www.kbv.de/8.html
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2011