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POLITIK/1981: Krankheit als Geschäft (5) - Gesundheit und Gesellschaftsordnung (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 41 vom 11. Oktober 2019
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Krankheit als Geschäft
Teil V: Gesundheit und Gesellschaftsordnung

von Richard Corell und Stefan Müller


Um die wesentlichen Zusammenhänge unter dieser komplexen Oberfläche zu begreifen, müssen wir uns bei Marx Rat holen. In jeder Gesellschaftsform, ob Urgesellschaft, Sklavenhalter- oder Feudalgesellschaft, kapitalistische oder kommunistische Gesellschaft, muss Vorsorge geleistet werden, bevor man essen kann. Marx spricht davon (in den Randglossen zur Kritik des Gothaer Programms von 1875), dass vom "gesellschaftlichen Gesamtprodukt", bevor es an die individuelle Verteilung geht, erst einmal abzuziehen ist:

"Erstens: Deckung zum Ersatz der verbrauchten Produktionsmittel.

Zweitens: zusätzlicher Teil für Ausdehnung der Produktion.

Drittens: Reserve- oder Assekuranzfonds gegen Missfälle, Störungen durch Naturereignisse etc."

Im Kapitalismus wird das "gesellschaftliches Gesamtprodukt" von der Arbeit der Werktätigen befüllt. Einen Teil des Produkts können sie mit ihrem Lohn/Gehalt kaufen. Der andere Teil gehört der Kapitalistenklasse, die darüber entscheidet, was sie wieder in die Betriebe als Ersatz- oder Erweiterungsinvestition stecken, was sie als Rücklagen halten für "schlechte Zeiten". Dieses Recht nimmt sich diese Klasse, weil ihr die Produktionsmittel gehören, die Fabriken, Banken, Handelshäuser, Büros, Lager, der Grund und Boden. Um dieses Recht zu verteidigen, hat sich diese Klasse ihren Staat geschaffen. Mittels Gesetzen und Verordnungen wird eben dann auch festgelegt, wie mit dem Patienten zu verfahren ist.

Maßgeblich ist dabei das Interesse der Kapitalistenklasse am Zustand nicht des Menschen, sondern des Arbeiters und seiner Arbeitskraft. Der hat in erster Linie wenig zu kosten. Also wird versucht, Löhne und Sozialabgaben zu drücken.

Das Verhältnis von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit ist letztlich der Inhalt des Klassenkampfs. Und dabei spielt das Gesundheitswesen eine wichtige Rolle. Es hat die gesellschaftliche Arbeitskraft so zuzurichten, dass sie Höchstleistung erbringen kann und gleichzeitig für die Kapitalistenklasse die Kosten minimiert werden. In diesem unauflösbaren Widerspruch bewegt sich der Patient. Wollen wir Besserung und Gesundheit für unsere Patienten, müssen wir den Klassenkampf führen, um unseren, den notwendigen Teil des Arbeitstags zu vergrößern, durch Kampf um mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, Verkürzung der Arbeitszeit und so weiter. Wer nicht kämpft, wird krank!

Wie anders wird das Gesundheitswesen der Zukunft im Sozialismus aussehen, wie es in der DDR oder in Kuba schon ansatzweise verwirklicht wurde. Dort stand beziehungsweise steht der Mensch im Mittelpunkt. Seine Lebenskraft, nicht nur seine Arbeitskraft soll in diesem Gesundheitswesen wiederhergestellt werden. Der Kampf gegen die Krankheiten ist bewusst eingebettet in die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und die Kollektive, nicht abgesondert in Verwahranstalten und geleitet durch Bezahlung und Profit.

Im Kapitalismus dagegen ändert sich selbst dann nichts grundsätzlich am gezeigten unauflösbaren Widerspruch, wenn der Staat das gesamte Gesundheitswesen übernimmt, wie es weitgehend einmal in Großbritannien mit dem National Health Service durchgesetzt war. Allerdings wurde - damals noch unter dem Vorbild der sozialistischen Länder - die Zwei-Klassen-Medizin untergraben, es wurde die Volksgesundheit dem Schalten und Walten einzelner Kapitalisten entzogen und damit ein Feld für Profitmacherei. Und für die Beschäftigten im Gesundheitswesen ergaben sich politische Einwirkungsmöglichkeiten über den gewerkschaftlichen Kampf hinaus.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 51. Jahrgang,
Nr. 41 vom 11. Oktober 2019, Seite 2
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2019

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