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FORSCHUNG/716: Impfstoff gegen Malaria - schützende Antikörper nach natürlicher Infektion (idw)


Deutsches Krebsforschungszentrum - 29.11.2017

Malaria: schützende Antikörper nach natürlicher Infektion


Gegen die weltweit verbreitete Tropenkrankheit Malaria gibt es nach wie vor keine wirksame Impfung. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum untersuchten nun, wie das Immunsystem des Menschen auf die natürliche Infektion mit dem Malariaerreger reagiert. Bei der Analyse einzelner Immunzellen fanden sie heraus, dass das Abwehrsystem Antikörper produziert, die Mäuse vor der Krankheit schützen. Außerdem bilden sich langlebige Gedächtniszellen, die diesen Antikörper bei Bedarf erneut produzieren. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, Impfstoffe der nächsten Generation gezielter zu entwickeln.

Mehr als drei Milliarden Menschen weltweit sind dem Risiko ausgesetzt, an Malaria zu erkranken. Sie leben in Gebieten, in denen Stechmücken die einzelligen Erreger der Tropenkrankheit übertragen, die Plasmodien. Seit Jahrzehnten arbeiten Forscher intensiv an einer Impfung gegen Malaria. Ein Impfstoff wurde bereits 2015 zugelassen, erwies sich aber als wenig wirksam. Der ohnehin geringe Impfschutz hielt nicht lange an.

"Idealerweise sollte ein Impfstoff Antikörperreaktionen gegen die so genannten Sporozoiten auslösen, das Stadium des Erregers, das vom Moskito auf den Menschen übertragen wird", sagt Hedda Wardemann vom Deutschen Krebsforschungszentrum. "Wenn es dem Abwehrsystem gelingt, den Erreger in diesem Stadium zu vernichten, bevor er die Leber erreicht, ist die Infektion im Keim erstickt."

Um zukünftige Impfstoffe gezielter entwickeln zu können, haben Wardemann und ihre Kollegen nun untersucht, wie das Immunsystem des Menschen auf eine natürliche Malariainfektion reagiert. Dabei analysierten die Forscher erstmals auf der Ebene einzelner Zellen, ob sich ein anhaltendes Immungedächtnis ausbildet "Wir wollen mit dieser Untersuchung Wissen schaffen, das in die Entwicklung der nächsten Generation von Malaria-Impfstoffen einfließen kann", so die DKFZ-Immunologin.

Aus dem Blut von Menschen, die in einem Malaria-Hochrisikogebiet leben, isolierten die Forscher gegen Malaria-Sporozoiten gerichtete langlebige B-"Memory"-Zellen, die das Gedächtnis des Immunsystems bilden. Memory-B-Zellen tragen Antikörper auf ihrer Oberfläche, schütten sie aber nicht ins Blut aus. Ein erneuter Kontakt mit dem Erreger führt jedoch zur Produktion großer Mengen ihres Antikörpers und verhindert so im Idealfall die Infektion.

Die Wissenschaftler fanden solche Gedächtniszellen bei fast allen Untersuchten - allerdings nur in sehr geringer Anzahl. Entscheidend war aber, dass einige der Memory-Zellen Antikörper produzieren, die Mäuse vor einer Infektion mit Sporozoiten schützen. Das gab den Wissenschaftlern die Möglichkeit exakt zu analysieren, gegen welche Aminosäuresequenzen des Sporozoiten-Proteins solche schützenden Antikörper gerichtet sind.

Dass sich nach natürlicher Infektion nur sehr wenige Gedächtniszellen bilden, war für Wardemanns Team kaum überraschend: Pro Stich gelangen jeweils nur wenige Sporozoiten ins Blut, die darüber hinaus schnell in der Leber verschwinden. "Die Menge ist einfach zu gering, um das Immunsystem ausreichend zu stimulieren", so die Immunologin.

Dennoch kann ihrer Meinung nach eine schützende Vakzine gegen Sporozoiten entwickelt werden. "Ein wirksamer Impfstoff muss dazu führen, dass Gedächtniszellen eine extrem schlagkräftige Antwort generieren - bevor die Sporozoiten unerreichbar in der Leber verschwinden. Damit das gelingt, müssen wir die Zielstrukturen einer schützenden Immunantwort so exakt wie möglich kennen. Mit unserer aktuellen Arbeit ist uns das gelungen: Die Aminosäuresequenzen der Sporozoiten, gegen die sich die schützenden Antikörper richten, können als Basis für einen neuen Impfstoff dienen."

Plasmodien haben einen äußerst komplizierten Lebenszyklus: Die Erreger werden in der als "Sporozoit" bezeichneten Form beim Stich bestimmter Mücken übertragen. Die Sporozoiten befallen innerhalb weniger Stunden Leberzellen, in denen sie sich umwandeln und vermehren. Als "Merozoit" verlassen sie die Leber und befallen rote Blutkörperchen. Dort erfolgt ein weiterer Vermehrungszyklus, neue Merozoiten werden freigesetzt, die wiederum Erythrozyten befallen. Dieser zyklische Befall und Zerfall der roten Blutkörperchen verursacht die typischen wiederkehrenden Malariasymptome.


Gianna Triller, Stephen W. Scally, Giulia Costa, Maria Pissarev, Cornelia Kreschel, Alexandre Bosch, Eric Marois, Brandon K. Sack, Rajagopal Murugan, Ahmed M. Salman, Chris J. Janse, Shahid M. Khan, Stefan H. Kappe, Ayola A. Adegnika, Benjamin Mordmüller, Elena A. Levashina, Jean-Philippe Julien, Hedda Wardemann: Protective human anti-malarial antibodies induced by natural parasite exposure.
Immunity 2017, DOI: 10.1016/j.immuni.2017.11.007

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Krebsforschungszentrum, Dr. Sibylle Kohlstädt, 29.11.2017
WWW: http://idw-online.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2017

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