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HERZ/535: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongress 2011 in Paris (2) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 30.08.2011

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Kongress der European Society of Cardiology (ESC), der vom 27. - 31. August 2011 in Paris stattfindet


→  Deutsche Studie:
      Kleiner Eingriff kann Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen günstig beeinflussen
→  Deutsche Studie zum Vorhofflimmern: Verschluss-System kann Schlaganfall verhindern
→  Neue Studie: Lachen ist gut für die Blutgefäße
→  Studien: Regelmäßiger Schokoladen-Genuss kann Herz-Kreislauf-Risiko stark verringern


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Deutsche Studie: Kleiner Eingriff kann Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen günstig beeinflussen

Erfreuliche neue Entwicklungen für Menschen mit starkem Bluthochdruck, der auf blutdrucksenkende Medikamente nicht ausreichend anspricht: Überaktive Nierennerven können mittels Hochfrequenzstrom ausgeschaltet werden ("interventionelle renale Sympathikus-Denervation"), wodurch sich nicht nur der Bluthochdruck verringert, sondern auch das Entstehen von Herzrhythmusstörungen ("Arrhythmogenese") günstig beeinflusst werden kann.

Das Forscherteam von Dr. Frank Himmel (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein) hatte erstmals an 14 Patienten die Auswirkung dieses kaum eingreifenden, per Katheter durchgeführten Eingriffs auf die Herzfrequenzvariabilität (HRV) untersucht (die Schwankungen der Herzfrequenz um einen durchschnittlichen Herzfrequenz-Wert). Die Ergebnisse zeigten drei Monate nach erfolgter renaler Denervation eine Verringerung des Blutdrucks um 23/9 (systolische Senkung 23 mmHg, diastolische Senkung 9 mmHg) sowie eine Verbesserung der Herzfrequenzvariabilität (signifikante Zunahme der mittleren RR-Intervalle, Abnahme der LF-Spektralkomponenten, Abnahme der LF/HF-Ratio).

Ursache dafür, so Dr. Himmel auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris, ist die Verringerung einer erhöhten Aktivität des sympathischen Nervensystems (Stressnervensystem) am Herzen.

Die Studienteilnehmer hatten zuvor einen systolischen Blutdruck von mindestens 150 mmHg trotz Einnahme von mindestens drei Blutdruck-senkenden Medikamenten. Die Medikation wurde während des Beobachtungszeitraums beibehalten.


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Deutsche Studie zum Vorhofflimmern: Verschluss-System kann Schlaganfall verhindern

Patienten mit der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern, für die eine die orale medikamentöse Hemmung der Blutgerinnung (Antikoalugation) nicht in Frage kommt, steht mit einem Verschlusssystem (Okkluder) ein auch langfristig wirksames Instrument zur Verhinderung von Schlaganfällen zur Verfügung. Studien konnten zeigen, dass sich Thromben (Blutgerinnsel) bei Patienten mit Vorhofflimmern in mehr als 90 Prozent der Fälle im linken Vorhofohr bilden. Durch mechanischen Verschluss des linken Vorhofohres kann die Bildung von Thromben bei Patienten mit Vorhofflimmern verhindert werden. Bei diesem Katheter-interventionellen Verfahren wird über die Femoralvene, eine der größten Venen im Bereich des Oberschenkels, unter lokaler Betäubung ein Verschluss-System im linken Vorhofohr platziert.

Eine Studie aus Leipzig verglich diesen Vorhofohrverschluss mit oraler Antikoagulation (Medikamente zum Einnehmen). "Wir konnte die Nicht-Unterlegenheit des perkutanen Verschlusses mit dem Okkluder in Bezug auf den kombinierten klinischen Endpunkt bestehend aus Tod (kardiovaskulär oder ungeklärt), Schlaganfall und systemische Embolisation beweisen", so Dr. Nicolas Majunke (Leipzig).

"Komplikationen wurden ausschließlich während und nach der Operation und in der frühen postinterventionellen Phase beobachtet. Genau wie die orale Antikoagulation kann der Verschluss des linken Vohrhofohres die Inzidenz von Schlaganfällen vermindern, jedoch nicht komplett vermeiden."

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und betrifft drei bis fünf Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre und bis zu 13 Prozent der über 80-Jährigen. Gleichzeitig ist Vorhofflimmern einer der wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle: So sind in Deutschland etwa 26 Prozent der Schlaganfälle kardioembolischen Ursprungs. Die orale Antikoagulation ist der therapeutische Goldstandard zur Verhinderung von Thromboembolien bei Patienten mit Vorhofflimmern. Trotzdem können bis zu 40 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern aufgrund von Kontraindikation (z. B. bei erhöhtem Blutungsrisiko, Medikamenteninteraktionen, Nebenwirkungen) nicht antikoaguliert werden, nur 15 bis 66 Prozent der Patienten mit hohem Thromboembolie-Risiko und fehlenden Kontraindikationen sind in der klinischen Praxis antikoaguliert.


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Neue Studie - Lachen ist gut für die Blutgefäße

Lachen erweitert die Blutgefäße und verbessert den Blutfluss, Stress hingegen hat den gegenteiligen Effekt, berichten Forscher auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris. Teilnehmer einer Studie hatten sich entweder einen lustigen oder einen dramatischen Film angesehen, anschließend wurden ihre Gefäße untersucht. Nach mehr als 300 Untersuchungen zeigten sich Unterschiede im Gefäß-Durchmesser von 30 bis 50 Prozent zwischen den Probanden, die bei einem lustigen Film häufig lachten, und jenen, die ein spannender Film in Stress versetzte.

"Die beeindruckenden Unterschiede, die wir nach dem Lachen in der Gefäß-Innenwand (Endothel) beobachteten, waren vergleichbar dem Nutzen von aerobischen Übungen oder dem Einsatz von Statinen (Cholesterin-Senkern)", bilanziert Studienleiter Dr. Michael Miller (University of Maryland School of Medicine). "Die Gefäß-Innenwand (Endothel) spielt eine maßgebliche Rolle beim Entstehen der Arteriosklerose oder der Arterienverhärtung. Es ist also sehr gut möglich, dass regelmäßiges Lachen als Bestandteil eines gesunden Lebensstils Herzkrankheiten vorbeugen kann. Anders ausgedrückt: Esst Gemüse, macht Bewegung und lacht jeden Tag herzlich."

Obwohl die Blutfluss-Messungen einen Zusammenhang zwischen Lachen und Gefäßgesundheit nahe legen, sind weitere Studien erforderlich, so Dr. Miller: "Wir brauchen eine randomisierte klinische Studie um herauszufinden, ob positive Emotionen kardiovaskuläre Ereignisse unabhängig von den heutigen Standardtherapien verringern."


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Studien: Regelmäßiger Schokoladen-Genuss kann Herz-Kreislauf-Risiko stark verringern

Schokolade hat einen positiven Einfluss auf die Gesundheit. Sie wirkt antioxidativ und entzündungshemmend, kann den Blutdruck senken, die Insulin-Sensitivität verbessern und damit vor Diabetes schützen, so berichtet ein Forscherteam um Dr. Oscar Franco (University of Cambridge) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris. Gezeigt wurde auch ein Zusammenhang zwischen dem individuellen Schokoladenkonsum und dem Herz-Kreislauf-Risiko: Demnach hatten Studienteilnehmer mit dem höchsten Schokoladenkonsum ein um 37 Prozent niedrigeres Herz-Risiko und ein um 29 Prozent geringeres Schlaganfall-Risiko als Studienteilnehmer mit dem geringsten Schokoladenkonsum. Dies zeigte eine Auswertung von Studien mit insgesamt mehr als 100.000 Teilnehmern.

Die ausgewerteten Studien, kritisiert Dr. Franco, unterschieden allerdings nicht zwischen schwarzer Schokolade und Milchschokolade und berücksichtigten auch Schokoriegel, Schoko-Drinks, Kuchen und Desserts. Aussagen über die gesundheitsfördernde Wirkung der Schokolade müssen deshalb mit Vorsicht interpretiert werden, insbesondere weil die im Handel erhältliche Schokolade oft sehr viele Kalorien hat - etwa 500 Kalorien pro 100 Gramm - und ein zu hoher Konsum deshalb zu Gewichtszunahme und einem erhöhten Risiko von Diabetes und Herzkrankheiten beitragen kann.

Im Sinne des Herzschutzes wäre es sinnvoll, so die Studienautoren, den hohen Fett- und Zuckergehalt vieler Schokolade-Produkte zu reduzieren, ohne deren Geschmack negativ zu beeinflussen.


Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle, Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher, Berlin)
Christiane Limberg (Pressereferentin, Düsseldorf)
E-Mail: fleck@dhzb.de / limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK)
mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7800 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.


Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 29.08.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2011