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HERZ/536: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongress 2011 in Paris (3) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 31.08.2011

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Kongress der European Society of Cardiology (ESC), der vom 27. - 31. August 2011 in Paris stattfindet


→  EU-Studie: Zigaretten schädigen Arterien von Frauen besonders stark
→  Deutsche Studie zu dicken Kindern: Geschädigte Herzen der Generation XXL
→  Langzeitstudie zu Herzinfarkt-Patienten: Wer sich häufig ärgert stirbt früher


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Studie: Zigaretten schädigen Arterien von Frauen besonders stark

Die schädlichen Auswirkungen des Rauchens auf die Atherosklerose, die wesentliche Ursache von Herz-Kreislauf-Krankheiten, treffen Frauen viel stärker als Männer. Das ist ein Ergebnis der EU-finanzierten internationalen IMPROVE-Studie, die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris vorgestellt wurde.

Die Messung der Wanddicke der Halsschlagader (1694 Männer und 1893 Frauen) mittels Ultraschall zeigte: Die Anzahl der während des bisherigen Lebens konsumierten Zigaretten steht bei Männern und bei Frauen in einem eindeutigen (signifikanten) Zusammenhang mit der Dicke der Wand der Halsschlagader (Carotis). Eine hohe Wanddicke dieses das Gehirn versorgenden Gefäßes weist auf bestehende Atherosklerose hin.

Allerdings waren diese Effekte bei Frauen mehr als doppelt so stark ausgeprägt wie bei Männern. Die Auswirkung der Zahl der täglich gerauchten Zigaretten auf das Fortschreiten der Atherosklerose war bei Frauen sogar fünf Mal stärker als bei Männern. Diese Zusammenhänge waren unabhängig von anderen, die Atherosklerose begünstigenden Faktoren wie Alter, erhöhter Blutdruck, ungünstigen Cholesterinwerten, Übergewicht oder sozialer Klasse.

"Die Ursachen für die stärkere Auswirkung von Tabak auf die Arterien von Frauen sind noch unbekannt", so Studienleiterin Prof. Dr. Elena Tremoli (Universität Mailand). "Einige Hinweise liefert das komplexe Zusammenspiel von Rauch, Entzündung und Atherosklerose."

Diese Befunde haben besondere Bedeutung, da zunehmend ein Trend zu erhöhtem Zigarettenkonsum gerade bei jungen Frauen zu beobachten ist.


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Deutsche Studie zu dicken Kindern - Geschädigte Herzen der Generation XXL

Übergewichtige Kinder haben bereits Veränderungen am Herzen, wie sie bei erwachsenen Patienten mit arteriellem Bluthochdruck, Diabetes mellitus ("Zuckerkrankheit") und Erkrankungen der Herzkranzgefäße (Koronare Herzkrankheit) auftreten. Fettleibigkeit ("Adipositas") ist somit nicht nur ein Risikofaktor für spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern kann bereits im Kindesalter mit einer verschlechterten systolischen und diastolischen Funktion der linken Herzkammer ("linker Ventrikel") einher gehen, berichtet der Kardiologe Dr. Norman Mangner (Universität Leipzig) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris.

Das Forscherteam untersuchte mittels Ultraschall 46 adipöse und 38 normalgewichtige Kinder auf das Vorliegen von Veränderungen des Herzmuskels. Die adipösen Kinder waren im Schnitt 13 Jahre alt und hatten einen BMI von 31 kg/m², die normgewichtigen Kinder waren 14 Jahre alt und wiesen einen BMI von 19 kg/m² auf. Adipöse Kinder hatten im Vergleich zu dem normgewichtigen Kollektiv einen erhöhten systolischen (115 vs. 108 mmHg) und diastolischen Blutdruck (63 vs. 59 mmHg).

Das Auftreten von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ist auf einem erschreckend hohen Niveau: 11,4 Prozent der deutschen Kinder sind übergewichtig, 7,2 Prozent fettleibig. Adipositas geht bei Kindern und Jugendlichen mit Risikofaktoren wie erhöhten Blutdruckwerten, einer gestörten Glukosetoleranz bis hin zum Diabetes mellitus sowie Störungen des Fettstoffwechsels einher. Die Häufigkeit eines metabolischen Syndroms soll epidemiologischen Studien zufolge bei adipösen Kindern 50 Prozent betragen.


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Langzeitstudie zu Herzinfarkt-Patienten - Wer sich häufig ärgert stirbt früher

Herzinfarkt-Patienten die sich häufig ärgern oder gestresst sind haben eine schlechtere Prognose. Das sind die Ergebnisse einer Zehn-Jahres-Studie des Instituts für Klinische Physiologie in Pisa (Italien), die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris vorgestellt wurde. Negative Emotionen wie Feindseligkeit, Wut, Depressionen, Angst und soziale Isolation sind Herz-schädigend, während positive Gefühle wie Phantasie, Mitgefühl und spirituelle Interessen das Herz schützen, berichten die Studienautoren.

Die Studie mit 228 Teilnehmern aus 13 italienischen Herzstationen, die zwischen 1990 und 1995 einen Herzinfarkt erlitten hatten, untersuchte den Einfluss von Verhaltensmustern auf die Prognose von Infarkt-Patienten. Die Patienten wurden zunächst einem Persönlichkeitstest (Cattells Sixteen Personality Factors Questionnaire and Psy Inventory) unterzogen und dann zehn Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit gab es 51 kardiale Ereignisse wie einen neuerlichen Herzinfarkt. Mithilfe eines statistischen Analyseverfahrens (Cox Modell) untersuchten die Studienautoren, welche Faktoren (z.B. Alter, Geschlecht, psychische Faktoren, klinische Daten etc.) eine Vorhersage dieser Ereignisse ermöglichten. Die Ergebnisse zeigten, dass das in besonders hohem Ausmaß auf Ärger- und Stress-bezogene Störungen zutraf. Patienten mit einem hohen Niveau von Ärger und Wut hatten ein 2,3fach höheres Risiko als Patienten die sich wenig ärgerten. Bei Menschen mit einem hohen Stress-Niveau betrug das Risiko das 1,9fache gegenüber jenen mit wenig Stress.

Während unter den Patienten, die sich wenig ärgerten, 78,5 Prozent in zehn Jahren keinen weiteren Herzinfarkt hatten, waren es unter denen mit einem hohen Wut- und Ärger-Niveau nur 57,4 Prozent.

"Diese Zusammenhänge sind bedeutsam für Patienten nach einem akuten Herzinfarkt mit ihrer speziellen Verletzlichkeit und ihrem erhöhten Risiko. Die gute Nachricht ist, dass diese Patienten die Chance haben, ihr Verhalten zu ändern", so Studienleiter Dr. Franco Bonaguidi. "Das ist ein günstiger Zeitpunkt für psychologische Interventionen und Verhaltenstherapie, wenn Patienten dies brauchen."

Diese Ergebnisse, so die Studienautoren, legen die Notwendigkeit eines multidimensionalen therapeutischen Zugangs nahe, der neben körperlicher und medikamentöser Therapie auch eine psychotherapeutische Behandlung einschließt. Diese sollte nicht nur übertriebene Wut und Ärger behandeln, sondern auch tiefer liegenden Schmerz, der sich häufig in Wut und Ärger ausdrückt.


Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle, Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher, Berlin)
Christiane Limberg (Pressereferentin, Düsseldorf)
E-Mail: fleck@dhzb.de / limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK)
mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7800 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 31.08.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2011