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HERZ/728: Meldungen von der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (3) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 25.-26. April 2014

80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Mannheim, 23.-26. April 2014

→ Herzinsuffizienz: Depressive Patienten haben höheres Sterblichkeitsrisiko
→ Frauen haben höhere Sterblichkeit beim akuten Herzinfarkt
→ Neue Studie: Schulungsprogramme für Herz-Kreislauf-Patienten sind einfach und wirksam
→ Deutsche Studie: Stress-MRT sagt Herzinfarktrisiko verlässlich voraus
→ 80. Kardiologenkongress in Mannheim: Besucherrekord mit 8.700 Teilnehmern



Kakao-Inhaltsstoffe verbessern Arterienfunktion und halten Gefäßalterung auf

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Bestimmte Pflanzeninhaltstoffe des Kakaos, die Flavanole, können die Funktionen (Elastizität?) des arteriellen Systems bei jungen und älteren Menschen verbessern und altersabhängigen Veränderungen der Gefäße entgegenwirken. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die ein Team des Universitätsklinikums Düsseldorf gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Großbritannien durchgeführt und auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim präsentiert hat. Durchgeführt wurde die Untersuchung im Rahmen des EU-geförderten FLAVIOLA Forschungs-Konsortiums.

22 junge Männer (unter 35 Jahren) und 20 ältere Probanden zwischen 50 und 80 Jahren erhielten zwei Wochen lang zweimal täglich entweder ein Kakaoflavonol-reiches (450 mg) oder ein Kakaoflavonol-freies Getränk.

Nach zwei Wochen täglicher Einnahme von 900 mg Kakaoflavonolen waren bei jungen und älteren Probanden die Gefäße durch eine Verbesserung der Funktion der Gefäßinnenwand deutlich erweitert, berichteten in Mannheim PD Dr. Christian Heiß und Dr. Roberto Sansone (Düsseldorf). In beiden Altersgruppen verbesserte sich nach dem täglichen Konsum der Kakaoflavonole die Elastizität der Arterien (gemessen in Form der Pulswellengeschwindigkeit) und der diastolische Blutdruck ging zurück. Nur bei den älteren Probanden nahmen auch der periphere und zentrale systolische Blutdruck ab, ebenso wie der Augmentationsindex, eine weitere Messgröße für die Gefäßelastizität.

Quelle:
DGK Abstract V833: Heiss C. et al, Impact of dietary cocoa flavanol intervention on vascular ageing in healthy individuals: a randomized placebo-controlled double-masked trial. Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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Herzinsuffizienz: Depressive Patienten haben höheres Sterblichkeitsrisiko

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Erhöhte Werte auf einer Depressions-Skala ermöglichen die Vorhersage ("Prädiktion") eines erhöhten Sterblichkeitsrisikos bei Patienten mit Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz), berichtete Dr. Julia Wallenborn (Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg) auf der 80. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Die Forschergruppe hatte 864 Patienten, die mit "dekompensierter Herzinsuffizienz" - wenn also Wasseransammlungen oder Luftnot bereits in Ruhe auftreten - in ein Krankenhaus aufgenommen wurden, mit einem speziellen Fragebogen (PHQ-9) auf eine depressive Stimmungslage hin untersucht. Bei 29 Prozent aller Patienten wurde eine depressive Stimmungslage festgestellt. 28 Prozent dieser Untergruppe hatten eine vorbekannte Depression, wovon nur 50 Prozent antidepressiv behandelt wurden. In der als depressiv diagnostizierten Gruppe waren nach 18 Monaten 27 Prozent der Patienten verstorben, in der als nichtdepressiv klassifizierten Gruppe 14 Prozent.

Frühere depressive Episoden waren, unabhängig vom aktuellen PHQ-Score, mit einer schlechteren Prognose verbunden als die erstmalige Feststellung depressiver Symptome. Die schlechteste Prognose wiesen Patienten mit erhöhtem PHQ-Score trotz antidepressiver Therapie und Patienten mit vorbekannter, aktuell erfolgreich behandelter Depression auf.

"Das Screening nach depressiven Symptomen bzw. einer depressiven Vorgeschichte liefert somit wichtige prognostische Information bei Patienten mit Herzinsuffizienz und sollte als Routinemaßnahme in die Versorgung aufgenommen werden", folgern die Studienautoren.

Quelle:
DGK Abstract V1597: J. Wallenborn et al, Prevalence of depression, frequency of antidepressant pharmacotherapy and mortality in systolic heart failure patients Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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Frauen haben höhere Sterblichkeit beim akuten Herzinfarkt

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Frauen haben ein deutlich höheres Risiko, nach einem akuten Herzinfarkt zu versterben als Männer, und zwar bei beiden Formen des Infarkts: Beim ST-Hebungsinfarkt (STEMI) liegt Sterblichkeitsrate im Krankenhaus bei Frauen bei 16,9 Prozent (Männer: 9,9 Prozent), beim Nicht-Hebungsinfarkt (NSTEMI) beträgt sie bei Frauen (11,7 Prozent), bei Männern 8,7 Prozent. Das zeigt eine Studie des Universitätsklinikums Münster, die bei der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim präsentiert wurde.

Ausgewertet wurden für die Untersuchung die Daten aller stationären Herzinfarkt-Fälle in Deutschland der Jahre 2005, 2007 und 2009, wie sie vom Bundesamt für Statistik erfasst wurden. "Diese die Behandlungsrealität abbildenden Sterblichkeitszahlen liegen deutlich höher als bisher angenommene Schätzungen anhand von Daten randomisierter kontrollierter Studien", so Studienautorin Dr. Eva Freisinger. "Die schlechtere Prognose von Frauen mit akutem Herzinfarkt mag zum Teil auch auf die, zumindest in den unadjustierten Daten, seltenere Verwendung von Standardtherapien wie Koronarangiographien und -intervention zurückzuführen sein."

Die Auswertung von insgesamt 619.272 Patientendaten zeigte, dass im Jahr 2009 Frauen mit STEMI um 14 Prozent seltener eine Koronarangiographie erhielten als Männer; es wurden bei Frauen um 17 Prozent weniger Katheter-Interventionen durchgeführt und um 33 Prozent seltener Bypass-Operationen. Diese Vergleiche basieren auf Durchschnittszahlen und sind nicht nach Alter, Begleiterkrankungen oder dem Schweregrad der Erkrankung gewichtet. "Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Ursachen für Ungleichgewicht analysieren zu können, die sich aus diesem Datensatz nicht ableiten lassen", so DGK-Pressesprecher Prof. Eckart Fleck (Berlin).

Quelle:
DGK Abstract V502: Freisinger E. et al, Women with Acute Myocardial Infarction Remain at Increased Risk of In-Hospital Death - German Nationwide Data. Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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Neue Studie: Schulungsprogramme für Herz-Kreislauf-Patienten sind einfach und wirksam

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Schulungsprogramme verbessern messbar die gesundheitswirksame körperliche Aktivität und die Lebensqualität von Patienten mit Koronarer Herzkrankheit (KHK) und sind deshalb als vorbeugende Maßnahme ("Sekundär-Prävention") gut geeignet. Das berichtete ein Expertenteam um den Kardiologen Dr. Martin Dürsch (Frankfurt am Main) auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Die Studienautoren hatten 367 KHK-Patienten im ambulanten Versorgungsbereich rekrutiert, 181 Patienten wurden Teil der Schulungs- und 186 der Kontrollgruppe. Die Schulungseinheiten wurden mit Unterrichtsmaterialien wie Patientenbroschüre mit Bewegungstagebuch und Unterrichtskärtchen für die schulende Person ausgestattet, die Kontrollgruppe wurde nicht geschult. Alle Studienteilnehmer wurden mittels Aktivitätsfragebogen, Lebensqualitäts-Fragebogen, Ergometrie und BMI-Messungen vor Studienbeginn und nach etwa 6 Monaten verglichen. Fazit: Die geschulte Gruppe zeigte eine Steigerung der gesundheitswirksamen körperlichen Aktivität von 10 MET (metabolisches Äquivalent)/Woche, sie war damit um 31 Prozent aktiver als vor der Intervention. Im Gegensatz dazu betrugen die Werte in der Kontrollgruppe nur 3 MET/Woche bzw. 10 Prozent Zuwachs an körperlicher Aktivität. Im Vergleich der Gruppen zeigte die Schulungsgruppe somit einen um 21 Prozent höheren Zuwachs an körperlicher Qualität.

Die Auswertung der Daten zur Lebensqualität ergab ebenfalls einen signifikanten Unterschied: Die geschulten Patienten bewerteten die Veränderung ihrer Lebensqualität systematisch höher als die Kontrollgruppe. Darüber hinaus waren die Schulungsteilnehmer signifikant besser über kardiovaskuläre Risikofaktoren informiert und erwiesen sich als notfallkompetenter als die Kontrollgruppe. Bei der maximalen ergometrischen Leistungsfähigkeit und dem BMI zeigten sich keine signifikanten Unterschiede.

Mit einem breit einsetzbaren, relativ einfachen Schulungsprogramm könnte dem anhaltenden Trend zum ungesunden Lebensstil bei KHK-Patienten ein wirksames Mittel entgegengesetzt werden, folgern die Studienautoren.

Quelle:
DGK Abstract V1272: Dürsch M. et al, Wirksamkeit eines Schulungsprogramms für Patienten mit koronarer Herzkrankheit - Ergebnisse einer Interventionsstudie. Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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Deutsche Studie: Stress-MRT sagt Herzinfarktrisiko verlässlich voraus

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Mittels Stress-Magnetresonanztomografie kann das Risiko eines Herzinfarktes verlässlich vorausgesagt werden. Dabei genügt der Nachweis einer mit speziellen Medikamenten (Dobutamin) hervorgerufenen Durchblutungsstörung (Ischämie) in nur einem diese Störungen verursachenden Herzmuskel-Segment, um Patienten mit erhöhtem Risiko eines zukünftigen Herzinfarkts, kardiologischen Eingriffs oder Todes zu erkennen. Das berichten die Studienautoren PD Dr. Sebastian Kelle (Deutsches Herzzentrum Berlin) und Dr. Sorin Giusca (Universitätsklinikum Heidelberg) auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Die Dobutamin-Stress-MRT (DSMR) erlaubt die Darstellung der Funktion des Herzmuskels unter pharmakologischer Belastung, die durch eine die Herztätigkeit oder den Sauerstoffverbrauch steigernde Substanz simuliert wird. "Bisher wurde unzureichend untersucht, welche Rolle das Ausmaß der durch Belastung ausgelösten Durchblutungsstörung zur Abschätzung zukünftiger kardialer Ereignisse spielt", so PD Kelle. "Wir haben deshalb die Rolle des Ischämie-Ausmaßes mittels DSMR zur Erfassung zukünftiger kardialer Ereignisse in einer repräsentativen Patientengruppe von insgesamt 3.166 Patienten über eine Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 3,4 Jahre untersucht. 17 Herzmuskel-Segmente wurden gemäß der aktuellen Leitlinien (AHA/ACC) in Ruhe und unter Hochdosis-DSMR analysiert."

187 Patienten (5,9 Prozent) erlitten ein kardiales Ereignis (kardialer Tod bei 82 Patienten; Herzinfarkt bei 105 Patienten). 2.349 Patienten (74,2 Prozent) zeigten keine durch Belastung ausgelöste Durchblutungsstörung. 189 Patienten (6 Prozent) zeigten eine Durchblutungsstörung in einem Segment, 292 (9,2 Prozent) in 2 und 336 (10,6 Prozent) in 3 oder mehr Segmenten.

Die Patienten mit nur einem ischämischen Segment hatten eine signifikant höhere Anzahl kardialer Ereignisse (ungefähr 6 Prozent pro Jahr) im Vergleich zu Patienten ohne induzierbare Ischämie (ungefähr 0,6 Prozent pro Jahr). Bei Patienten mit Ischämie in entweder 2 (ungefähr 5,5 Prozent) und in 3 oder mehr (~ 7 Prozent) Herzmuskel-Segmenten war die Rate an harten kardialen Ereignissen ähnlich hoch, wie bei Patienten mit nur einem ischämischen Myokardsegment im DSMR.

Quelle:
DGK Abstract V985: Giusca S., Kelle S. et al, Does the localization of ischemia in patients who undergo dobutamine stress cardiac magnetic resonance imaging influence outcome? Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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80. Kardiologenkongress in Mannheim: Besucherrekord mit 8.700 Teilnehmern

Mannheim, Samstag, 26. April 2014 - "1.908 Vorträge sowie 1.858 Poster-Präsentationen und insgesamt 8.700 aktive Teilnehmer aus 20 Ländern sind bisheriger Rekord für die DGK-Jahrestagungen", zog DGK-Präsident Prof. Dr. Christian Hamm (Gießen/Bad Nauheim) Bilanz zum 80. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Von Mittwoch bis Samstag (23. bis 26. April 2014) wurden in Mannheim aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie behandelt.

"Natürlich ist ein so schöner Erfolg zum 80. Kongressjubiläum sehr erfreulich für eine medizinische Fachgesellschaft. Aber jenseits von Rekordzahlen konnten wir mit den Themen unseres Kongresses einmal mehr verdeutlichen, welchen wichtigen Beitrag die Kardiologie zu den künftigen Herausforderungen für die Gesundheit leistet." Einige Schwerpunktthemen der 80. DGK-Jahrestagung waren die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) und ihre medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten, der Katheter-gestützte Herzklappenersatz (TAVI), die Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten beim Lungenhochdruck und der Stellenwert der Katheter-gestützte Behandlung des medikamentös nicht ausreichend behandelbaren Bluthochdrucks. Diskutiert wurden auch neue Wege zur Senkung des LDL-Cholesterins, die bei Patienten mit Koronarer Herzerkrankung ein optimiertes Überleben erzielen sollen.

"Die erweiterten Möglichkeiten der Herz-Kreislauf-Medizin bieten verbesserte Behandlungsmöglichkeiten und damit längeres Leben und bessere Lebensqualität für die Patienten. Die Häufigkeit und Sterblichkeit von Herzkranken ist in Deutschland konsequent rückläufig", so der DGK-Präsident. Die aktuellen Entwicklungen in der Herzmedizin stellen aber auch erhebliche Herausforderungen an die Kardiologie, sagt Prof. Hamm: "Die DGK trägt dem Rechnung, indem sie Qualitätsstandards definiert, europäische Leitlinien übersetzt und an deutsche Gegebenheiten adaptiert, und intensiv die Entwicklung von Standards zur Aus-, Weiter- und Fortbildung der Kardiologen vorantreibt."

Zu den zentralen Aufgaben der DGK zählt die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, ein Schwerpunkt ist in diesem Zusammenhang die Familienförderung. Bei den Immatrikulationen gibt es bereits mehr als 60 Prozent Studentinnen. Da stellt sich häufig die Frage, wie der Wunsch nach Kindern oder die Betreuung von Kindern mit häufig zwei berufstätigen Eltern und einer oder vielleicht sogar zwei Karrieren in der Kardiologie vereinbart werden soll. "Das ist bei den heutigen Strukturen nicht immer einfach", so Prof. Hamm. "Die DGK-Projektgruppe 'Familie in der Kardiologie' beschäftigt sich mit diesem Thema und verfolgt das Ziel, durch Nachwuchsförderung die kardiologische Versorgung nachhaltig zu sichern."

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 8500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen unter
www.dgk.org

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Prof. Dr. Eckart Fleck, 25.-26.04.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2014