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HERZ/1089: Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München (1) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 26. August 2018

Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München
vom 25. bis 29. August 2018

1. Rehabilitations-Programm nach Herzklappen-Implantation (TAVI) verringert die Sterblichkeit
2. Fußballtraining bremst das Altern und ist gut für das Herz
3. Zu viel des Guten: Sehr hohe HDL-Cholesterinwerte können gefährlich sein
4. Herzkranke Schwangere sollten Geburt nach der 40. Schwangerschaftswoche vermeiden
5. Herzinfarkt-Präventionsmaßnahmen: Patienten mit niedriger Schulbildung profitieren am stärksten


1. Rehabilitations-Programm nach Herzklappen-Implantation (TAVI) verringert die Sterblichkeit

Nach einer Herzklappen-Implantation mittels Katheter (TAVI) kann ein kardiales Rehabilitationsprogramm mit körperlicher Aktivität und psychosozialem Training die Sterblichkeit verringern, zeigt eine neue Studie aus Brandenburg

Ein kardiales Rehabilitationsprogramm mit körperlicher Aktivität in Kombination mit psychosozialem Training kann nach einer Herzklappen-Implantation mittels Katheter (Transkatheter-Aortenklappenimplantation, TAVI) die Sterblichkeit verringern. Das Programm präzise auf die Bedürfnisse der Patienten abzustimmen und die Mitwirkung der Patienten zu fördern kann die Ergebnisse weiter verbessern. Das berichtet Prof. Dr. Christian Butter (Herzzentrum Brandenburg) auf dem Europäischen Kardiologiekongress. Auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) kommen in München von 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen.

1.017 von 1.056 Patienten, die eine solche TAVI-Prozedur bis zum Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus überlebt hatten, wurden in zwei Gruppen eingeteilt: In eine Gruppe, deren Teilnehmer keine Rehabilitation wünschten, und eine Gruppe, die sich einem dreiwöchigen kardialen oder geriatrischen Rehabilitations-Programm unterzog. Zu Studienbeginn war der Gesundheitszustand in beiden Gruppen ähnlich, ebenso die Herzfunktion nach sechs Monaten. Nach sechs Monaten war jedoch die Sterblichkeit in der Rehab-Gruppe deutlich niedriger, allerdings nur bei jenen Studienteilnehmern, die ein kardiales Programm absolvierten, nicht bei jenen mit einem geriatrischen Programm.


Quelle:
ESC Abstract Nr. 84773; Butter et al.: The impact of rehabilitation on outcomes after TAVI: a prospective noninterventional registry Poster Session 1: Cardiovascular rehabilitation


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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2. Fußballtraining bremst das Altern und ist gut für das Herz

Fußballtraining setzt auf zellulärer Ebene Mechanismen in Gang, die dem Alterungsprozess entgegen wirken und langfristig positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben können.

Fußballtraining setzt auf zellulärer Ebene Mechanismen in Gang, die dem Alterungsprozess entgegen wirken und langfristig positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben können. Das berichtet PD Dr. Christian Werner (Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg) auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), bei dem in München 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammenkommen.

Der Einfluss des Fußballtrainings auf Marker der so genannten zellulären Seneszenz, einem Fachbegriff für das Altern und die damit verbundenen organischen Prozesse, sei bisher noch nicht untersucht worden, sagen die Studienautoren. Das internationale Forscherteam untersuchte deshalb bei 140 jungen und älteren männlichen Fußballspielern die Telomer-Länge und die Telomerase-Aktivität und verglich diese mit untrainierten Studienteilnehmern. Telomere sind Schutzkappen auf den Enden der Chromosomen, sie werden im Laufe des Lebens mit jeder Zellteilung immer kürzer. Ist zu wenig von ihnen übrig, hört die Zelle auf, sich zu teilen. Die Telomerase ist ein Enzym des Zellkerns, das Telomere wieder herstellt. Die Enzymaktivität der Telomerase lässt sich durch die so genannte TRAP-Methode feststellen.

Im Rahmen der Studie analysierte Blutproben zeigten unter anderem, dass junge Fußballspieler eine höhere Telomerase-Aktivität hatten als die körperlich inaktive Kontrollgruppe. Es zeigte sich auch bei jüngeren und älteren Fußballspielern eine verstärkte Aktivität im Zusammenhang mit dem Telomere stabilisierenden TRF 2 (Telomer Repeat-binding factor 2), als bei der körperlich inaktiven Kontrollgruppe.


Quelle:
ESC Abstract Nr. 89707: Werner et al.: Effects of soccer training on telomere length and telomerase activity in young and aged soccer players Poster Session 1: Sports cardiology


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3. Zu viel des Guten: Sehr hohe HDL-Cholesterinwerte können gefährlich sein

Sehr hohe Werte des "guten" HDL-Cholesterin stehen im Zusammenhang mit einem erhöhten Herzinfarkt- und Sterblichkeits-Risiko, zeigt eine neue Studie aus den USA, die auf dem Europäischen Kardiologiekongress vorgestellt wurde.

Sehr hohe Werte des "guten" HDL-Cholesterin stehen im Zusammenhang mit einem erhöhten Herzinfarkt- und Sterblichkeits-Risiko. Speziell Studienteilnehmer mit HDL-Werten über 60 Milligramm/Deziliter (1,5 mmo/L) hatten ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf Krankheit zu versterben oder einen Herzinfarkt zu erleiden, als Teilnehmer mit Werten zwischen 41 und 60 mg/Deziliter, berichtet Dr. Marc Allard-Ratick (Emory University School of Medicine, Atlanta, USA) auf einer Pressekonferenz des Europäischen Kardiologiekongresses. In München kommen vom 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen - der Kongress der Europäischen Kardiologiegesellschaft (ESC) ist einer der weltweit größten Medizinkongresse.

Die Studie basiert auf der Emory Cardiovascular Biobank und untersuchte die Zusammenhänge zwischen HDL-Cholesterin-Werten und dem Infarkt- und Sterblichkeitsrisiko bei 5.965 Personen mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren, von denen die meisten bereits eine Herzkrankheit hatten.

Diese Studienergebnisse seien bedeutsam, weil sie vorliegende Daten erhärten, dass sehr hohe HDL-Cholesterin-Werte eventuell keine Schutzwirkung haben, und weil diese Studie außerdem - anders als die meisten anderen verfügbaren Daten - in erster Linie mit Patienten mit bestehenden Herzkrankheiten durchgeführt wurde, sagt Dr. Allard-Ratick. Allerdings seien weitere Untersuchungen erforderlich, um diese Mechanismen im Detail zu verstehen: "Eines ist allerdings klar: das Mantra vom HDL-Cholesterin als 'gutem' Cholesterin wird nicht mehr für alle gelten."

HDL wird häufig als "gutes Cholesterin" bezeichnet, weil HDL-Moleküle den Transport von Cholesterin aus der Gefäßwand unterstützen und damit das Risiko von verstopften Arterien und Arteriosklerose senken können.


Quellen:
ESC Abstract "Elevated HDL-C is associated with adverse cardiovascular outcomes"
Pressekonferenz; Is this really good for you? Challenging conventional wisdom.
Session: HDL cholesterol - A moving target


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4. Herzkranke Schwangere sollten Geburt nach der 40. Schwangerschaftswoche vermeiden

Schwangere mit einer Herzkrankheit sollten Geburten nach der 40. Schwangerschaftswoche vermeiden, empfehlen die neuen ESC-Leitlinien zum Management von Herz-Kreislauf-Krankheiten in der Schwangerschaft, die heute auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München vorgestellt und im European Heart Journal veröffentlicht wurden.

"Nach der 40. Woche bringt eine Schwangerschaft dem Baby keinen zusätzlichen Nutzen und kann sogar Nachteile haben", sagt Professor Dr. Jolien Roos-Hesselink, Ko-Vorsitzender der "Guidelines Task Force" und Kardiologe in Rotterdam (NL). "Schwangerschaft ist eine Risikoperiode für herzkranke Frauen, weil sie zusätzlichen Stress für das Herz bedeutet, Die Guideline empfiehlt deshalb eine Geburtseinleitung oder einen Kaiserschnitt in der 40. Woche."

In den westlichen Ländern sind Herzkrankheiten die häufigste Todesursache bei Schwangeren. Im Vergleich zu gesunden Frauen haben herzkranke das 100fache Sterbe- oder Herzschwäche-Risiko. Die meisten Frauen mit Herzkrankheit durchleben eine gesunde Schwangerschaft, haben jedoch ein höheres Risiko von Komplikationen, Krämpfen, vorzeitigen Wehen oder Blutungen nach der Geburt. Bei geschätzten 18 bis 30 Prozent des Nachwuchses treten Komplikationen auf und bis zu 4 Prozent der Neugeborenen sterben.

Die Leitlinie beinhaltet auch Empfehlungen zur In-vitro-Fertilisation (IVF), Empfängnisverhütung und Beendigung der Schwangerschaft bei herzkranken Frauen. Bei IVF werden häufig hohe Hormondosen eingesetzt, die das Risiko einer Thrombose und einer Herzschwäche erhöhen. Frauen mit einer Herzkrankheit benötigen deshalb die Bestätigung eines Kardiologen, dass die gewählte Methode für sie sicher ist. Da das Austragen von mehr als einem Baby für das Herz zusätzlichen Stress bedeutet, wird herzkranken Frauen bei IVF dringend empfohlen, nur einen Embryo auszutragen.

Junge Frauen mit angeborenem Herzfehler, so die ESC-Leitlinien, brauchen Empfehlungen zur Geburtenkontrolle, weil einige Methoden für sie nicht geeignet sind. Herzkranke Frauen mit Kinderwunsch bedürfen vorgeburtlicher Risikoabschätzungen und Beratung. Jene mit einem mittleren bis hohen Komplikationsrisiko sollten von einem Schwangerschafts-Herzteam mit Kardiologen, Geburtshelfer, Gynäkologen und Anästhesisten untersucht werden, empfiehlt die ESC-Leitlinie.


Quellen:
2018 ESC Guidelines for the management of cardiovascular diseases during pregnancy. European Heart Journal. 2018. doi: 10.1093/Eurheartj/ehy340 ESC Guidelines auf der ESC website: www.escardio.org/guidelines


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5. Herzinfarkt-Präventionsmaßnahmen: Patienten mit niedriger Schulbildung profitieren am stärksten

Herzinfarkt-Patienten mit niedriger Schulbildung und einem ungünstigen Herz-Kreislauf-Krankheits-Profil profitieren von intensiven Präventionsprogrammen am stärksten, berichten Forscher aus Bremen.


Herzinfarkt-Patienten mit niedriger Schulbildung und einem ungünstigen Herz-Kreislauf-Krankheits-Profil profitieren von Präventionsprogrammen am stärksten, berichtet Dr. Tina Backhaus (Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung) auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München. Ein dreiwöchiges Rehabilitationsprogramm nach dem Herzinfarkt und ein zwölfmonatiges intensives Präventionsprogramm (IPP) verbesserten die Risikofaktoren bei allen Teilnehmer-Gruppen, doch die Patienten mit dem niedrigsten Schulabschluss, die anfänglich die ungünstigsten Risikoprofile hatten, zogen den meisten Nutzen aus dem Programm.

Registerstudien hatten gezeigt, dass ein niedriger Sozialstatus mir einem hohen Herzinfarkt-Risiko in einem Zusammenhang steht. Außerdem ist das Risiko eines neuerlichen Infarkts bei Menschen mit niedrigem Einkommen höher. Ausgangshypothese der Studie von Dr. Backhaus und ihrem Team war, dass der Schulabschluss einen starken Einfluss auf den Erfolg von Sekundärpräventions-Maßnehmen nach einem Herzinfarkt hat. Verglichen wurde die Effektivität eines 12monatigen intensiven Präventionsprogramms (IPP) gegenüber herkömmlicher Betreuung. Primärer Endpunkt war ein Risikoscore, bei dem 0 das höchste und 15 das niedrigste Risiko bedeutete. Die Studienteilnehmer wurden je nach ihrem höchsten errichten Schulabschluss in drei Gruppen eingeteilt.

Bei der Einweisung in ein Krankenhaus waren die Risikofaktoren in den drei Gruppen ungleich verteilt. Patienten mit dem niedrigsten Schulabschluss hatten die signifikant höchsten LDL-Werte und waren am wenigsten körperlich aktiv. Einen Monat nach der Krankenhausentlassung verbesserten sich die Risikofaktoren in beiden Teilnehmergruppen (IPP vs. herkömmliche Betreuung). In den folgenden 12 Monaten sanken die Risikofaktoren signifikant weiter in allen Absolventengruppen, die ein IPP machten. Entgegen den Erwartungen der Studienautoren zeigten jedoch Patienten mit dem niedrigsten Schulabschluss, die ursprünglich ein sehr ungünstiges Risikoprofil hatten, nach zwölf Monaten die stärksten Verbesserungen.

Quellen:
ESC Abstract Nr. 82696; Backhaus et al.: Which role plays the school degree in effectiveness of prevention after myocardial infarction? Session: Refining secondary prevention; 26. August 2018, 10h05


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Über die Europäische Gesellschaft für Kardiologie
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vereinigt Medizinerinnen, Mediziner und Angehörige anderer Gesundheitsberufe aus mehr als 150 Ländern. Sie setzt sich dafür ein, die Herz-Kreislauf-Medizin weiter zu entwickeln und unterstützt die Menschen dabei, länger und gesünder zu leben.

Über den ESC-Kongress 2018
Der ESC-Kongress ist weltweit die größte und einflussreichste wissenschaftliche Veranstaltung im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin. Der ESC-Kongress 2018 findet vom 25. bis 29. August in der Messe München satt. Das wissenschaftliche Programm ist hier zu finden.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Pressemeldungen vom 26. August 2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2018

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