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INFEKTION/1215: MERS-Coronavirus - Das klinische Bild des "Middle East Respiratory Syndrome" (idw)


Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 17.06.2013

Forscher entziffern Genom des MERS-Virus



Ein internationales Forscherteam unter Federführung der Universität Bonn hat nun erstmals umfassend das klinische Bild des neuen "MERS"-Coronavirus beschrieben. Mittlerweile sind 31 Menschen gestorben, die das Virus in sich trugen. Die Infektion kann zu schwerer Lungenentzündung und zum Atemnotsyndrom führen. Von ihren Ergebnissen versprechen sich die Wissenschaftler Ansätze für eine bessere Diagnostik und Therapie. Das Fachjournal "The Lancet" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe.

Im Sommer 2012 wurde das neue "Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus" (MERS-CoV) erstmals festgestellt, das von Jordanien, Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten seinen Ausgang nahm. Später wurden auch Fälle in Deutschland, Großbritannien, Tunesien, Frankreich und Italien diagnostiziert. Symptome der schweren Atemwegserkrankung sind Lungenentzündung und Atemnot. Inzwischen ist bei 51 Patienten die MERS-CoV-Infektion festgestellt worden. 31 Menschen, die das Virus in sich trugen, sind gestorben. "Bislang lagen nur wenige Informationen über den Verlauf der Infektion vor", sagt Prof. Dr. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. "Außerdem konnten wir bisher wegen Datenmangel keine Einschätzungen zur Entstehung und Verbreitung der Infektion wagen."

Der Vergleich des MERS- mit dem SARS-Coronavirus hinkt

Bei einem 73-jährigen Patienten wurde in München das MERS-Coronavirus festgestellt. Der Mann war zunächst mit einer Krebserkrankung des Knochenmarks in Abu Dhabi in Behandlung und wurde wegen grippeähnlicher Symptome von den Vereinigten Arabischen Emiraten ans Klinikum Schwabing verlegt. Dort starb er im März nach 18 Tagen an einer Blutvergiftung. "Wir konnten an diesem Fall erstmals die Verteilung der MERS-CoV-Viruslast auf die verschiedenen Organe beschreiben", berichtet Prof. Drosten. Diese Daten sind außerordentlich wichtig für die Diagnose, die Therapie und die Abschätzung von Infektionsrisiken.

Bislang behalfen sich Ärzte damit, dass sie MERS-CoV-Patienten analog zum Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom (SARS) behandelten. Der SARS-Pandemie in den Jahren 2002 und 2003 fielen fast 1000 Menschen zum Opfer. Aber die Befunde des Münchner MERS-CoV-Patienten unterschieden sich teilweise erheblich von SARS-Fällen. Die größte Belastung mit MERS-Coronaviren stellten die Forscher in den unteren Atemwegen fest, in den Urinproben waren die Virenmengen dagegen gering. "Dieses Ergebnis hat uns überrascht, da im Zusammenhang mit MERS-CoV-Fällen ein frühes Nierenversagen beschrieben wird und sich nach Laborexperimenten diese Viren in der Niere stark vermehren können", sagt Prof. Drosten. Niedrige Virusmengen in den Urin-, Stuhl- und Blutproben deuten außerdem daraufhin, dass die Ansteckungsgefahr über diese Wege gering ist.

MERS nahm offenbar 2011 von der arabischen Halbinsel seinen Weg

Anhand des Münchner Patienten konnten die Wissenschaftler zudem zwei neue Genomsequenzen von MERS-Coronaviren vollständig entschlüsseln und durch Vergleich mit weiteren Fällen auf die Evolution des Erregers schließen. "Nach dieser Abschätzung muss der MERS-CoV-Erreger erstmals 2011 aufgetreten sein", sagt der Virologie des Universitätsklinikums Bonn. Nach seiner Einschätzung ist das Virus seither im Wesentlichen von Mensch zu Mensch übertragbar.


Publikation:
Clinical features and virological analysis of a case of Middle East Respiratory Syndrome coronavirus infection,
The Lancet, DOI: 10.1016/S1473-3099(13)70154-3

Kontakt:
Prof. Dr. Christian Drosten
Direktor des Instituts für Virologie
Universitätsklinikum Bonn
E-Mail: drosten@virology-bonn.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution123

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Johannes Seiler, 17.06.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013