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INFEKTION/1438: Besorgniserregende Zahlen zu multiresistenter Tuberkulose (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 28. Oktober 2015

Welt-Tuberkulose-Bericht:

Besorgniserregende Zahlen zu multiresistenter Tuberkulose erfordern dringendes Handeln


Berlin, 28.10.15. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert angesichts besorgniserregender Zahlen zu multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB) im Welt-Tuberkulose-Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringend mehr Engagement bei Diagnose, Behandlung und Erforschung der Erkrankung. Besonders die Tatsache, dass laut Bericht nur jeder vierte (26%) der geschätzt 480.000 Patienten mit MDR-TB richtig diagnostiziert wird, zeigt eine beunruhigende Entwicklung an. Die Zahl der MDR-TB-Diagnosen ist vom Jahr 2013 auf 2014 von 136.000 auf 123.000 Fälle gesunken, während die geschätzte Anzahl der an MDR-TB erkrankten Menschen gleichgeblieben ist.

Während die Anzahl der Menschen, die gegen multiresistente Formen der Tuberkulose behandelt werden, leicht von 97.000 im Jahr 2013 auf 111.000 im Jahr 2014 gestiegen ist, bleibt die Heilungsrate bei 50 Prozent desolat niedrig.

Statement von Dr. Grania Brigden, Medizinische Leiterin der
Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen:

"Dieses weitere Jahr mit entmutigenden Statistiken, in dem erneut 1,5 Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben sind, sollte ein Weckruf sein. Es ist noch enorm viel zu tun, um die Ausbreitung dieser alten, aber heilbaren Krankheit erfolgreich zu bekämpfen.

Hinsichtlich der tödlicheren Formen der Krankheit, wie der multiresistenten Tuberkulose, sind die aktuellen Zahlen besonders düster. Trotz der Fortschritte durch den Einsatz besserer Diagnostika wie etwa molekularer Schnelltests wurde 2014 bei weniger Menschen multiresistente Tuberkulose diagnostiziert als 2013, obwohl die geschätzte Fallzahl gleichbleibend ist.

Wir verlieren im Kampf um die Kontrolle der resistenten Tuberkulose an Boden. Ohne erhebliche Korrekturmaßnahmen wird bei der großen Mehrheit der Menschen mit multiresistenter Tuberkulose die Erkrankung niemals diagnostiziert, behandelt oder geheilt werden.

Multiresistente Formen der Tuberkulose werden sich weiterhin ausbreiten, bis sich die Lücke zwischen diagnostizierten und tatsächlichen Fällen geschlossen hat. Wir müssen dringend den Zugang zu Diagnosemöglichkeiten für resistente Formen der Tuberkulose durch patientennahe Diagnostika verbessern und erhöhen."

Zur Situation in Deutschland ergänzt Philipp Frisch, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland:

"Diese besorgniserregenden Zahlen zeigen auch den eklatanten Mangel an Forschung und Entwicklung im Bereich der Behandlung und Diagnostik von Tuberkulose. Trotz des offensichtlichen Bedarfs wird nicht ausreichend in öffentliche Forschung investiert. Auch die Bundesrepublik Deutschland ist hier leider keine Ausnahme. Für Tuberkuloseforschung beispielsweise gibt das Forschungsministerium jährlich weniger als fünf Millionen Euro aus. Nicht zuletzt angesichts der historischen Bedeutung der Tuberkuloseforschung in Deutschland ist ein derart niedriger Beitrag nicht hinnehmbar."

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 28. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2015

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