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INFEKTION/1457: Schnellere Diagnose multiresistenter Tuberkulose und Verzicht auf Zwangseinweisungen gefordert (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - 2. Dezember 2015

Ärzte ohne Grenzen fordert schnellere Diagnose multiresistenter Tuberkulose und Verzicht auf Zwangseinweisungen


Kapstadt/Berlin, 2. Dezember 2015. Ärzte ohne Grenzen und die internationale Allianz "Stop TB Partnership" fordern anlässlich einer Fachkonferenz in Kapstadt schnellere Tests für resistente Tuberkuloseerreger. Außerdem sollten Zwangseinweisungen und routinemäßige Hospitalisierung von Tuberkulosepatienten beendet werden, fordern die Organisationen. In dem heute in Kapstadt gemeinsam vorgestellten Bericht "Out of Step" haben sie die Behandlungsprogramme in 24 besonders betroffenen Ländern untersucht. In Kapstadt findet in den kommenden fünf Tagen die "Union World Conference on Lung Health" statt, eines der wichtigsten Treffen zur Tuberkulosebekämpfung weltweit. Tuberkulose ist heilbar und dennoch mit 1,5 Millionen Todesopfern jährlich die tödlichste Infektionskrankheit.

"In einem ersten Schritt sollten alle Länder mit vielen Tuberkulosepatienten schnellere Diagnosemethoden einführen, veraltete Behandlungsmethoden abschaffen und auf Zwangseinweisungen verzichten", sagt Dr. Grania Brigden, Tuberkulose-Expertin der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. "Alle Länder müssen die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihre nationalen Programme zur Bekämpfung der Tuberkulose übernehmen und sie in den kommenden drei Jahren umsetzen, um Neuerkrankungen und die Sterblichkeit effektiv zu bekämpfen."

Eine wichtige Maßnahme ist die rasche Einführung molekularer Schnelltests zur Diagnose der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB). Von den 24 untersuchten Ländern hat nur ein Drittel Richtlinien erlassen, nach denen molekulare Schnelltests als Erstdiagnosemittel für alle verwendet werden. Trotz der damit verbundenen finanziellen Herausforderungen sollten die Länder den Zugang zu molekularen Schnelltests zur Früherkennung verbessern. Dadurch können ein früherer Behandlungsbeginn gewährleistet, Infektionsketten gestoppt, langfristig Kosten reduziert und die Entstehung von resistenten Tuberkulosefällen bekämpft werden.

Im Oktober veröffentlichte die WHO Schätzungen, nach denen von 480.000 Menschen, die im Jahr 2014 eine Form von MDR-TB entwickelt haben, lediglich jeder vierte (26%) entsprechend diagnostiziert wurde. Nur 111.000 Personen (23%) begannen eine Behandlung. Die Therapie verlief für weniger als die Hälfte der MDR-TB-Patienten erfolgreich.

Die Untersuchung zeigt auch, dass weiterhin neun der untersuchten Länder Patienten mit resistenten Formen der Tuberkulose ganz oder zeitweise routinemäßig stationär behandeln. "In unseren Projekten haben wir gezeigt, dass eine stationäre Behandlung für viele Patienten mit resistenter Tuberkulose nicht notwendig ist und dass die Patienten selbst in ärmeren Ländern zu Hause behandelt werden können", sagt Dr. Vivian Cox, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Südafrika. "Die ambulante Behandlung resistenter Tuberkulose ist sowohl kostengünstiger als auch medizinisch wirksamer als die stationäre Behandlung, und sie ist deutlich besser für Patienten, ihre Familien und ihr Umfeld."

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 2. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2015

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