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INFEKTION/1677: Mit der Entwicklung von Krankheitskeimen Schritt halten (idw)


Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - 20.07.2017

Mit der Entwicklung von Krankheitskeimen Schritt halten

Internationales Symposium an der Universität Kiel


Seit dem heutigen Donnerstag, 20. Juli, läuft mit dem "Symposium on Pathogen Evolution" eine hochrangige internationale Tagung zur evolutionären Entwicklung von Krankheitserregern im Zoologischen Museum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Rund 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Europa tauschen sich an zwei Tagen darüber aus, mit welchen Strategien die Forschung auf die enorme Anpassungsfähigkeit verschiedener Krankheitserreger reagieren kann und welche Perspektiven sich daraus für künftige Therapieformen ergeben könnten.

Kernthemen der Tagung sind unter anderem die sich zuspitzende Situation der Antibiotikaresistenzen, von der eine der aktuell größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit ausgeht, und die evolutionären Ursachen chronischer Lungenkrankheiten wie zum Beispiel Tuberkulose, die zu den acht häufigsten nicht-natürlichen Todesursachen weltweit zählen.

Veranstalter des Symposiums sind das "Kiel Evolution Center" (KEC) an der CAU, der Leibniz-WissenschaftsCampus "EvoLUNG" und die Internationale Max Planck Research School für Evolutionsbiologie (IMPRS). Mit diesen Netzwerken sind gleich vier Forschungseinrichtungen Norddeutschlands an der Veranstaltung beteiligt - neben der Kieler Universität das Forschungszentrum Borstel (FZB), das Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön und das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Krankheitserreger haben die Fähigkeit, sich innerhalb kurzer Zeit - im Extremfall im Laufe weniger Stunden - an Veränderungen ihrer Umwelt anzupassen. Diese enorme Wandlungsfähigkeit führt insbesondere zur Entwicklung von Unempfindlichkeiten gegenüber medikamentöser Behandlung. Ursache dafür ist der schnelle Ablauf wechselseitiger evolutionärer Anpassungen der in der Wissenschaft als Pathogene bezeichneten Krankheitserreger und ihrer Wirtsorganismen. Oftmals beschleunigt der Mensch diese Prozesse ungewollt, etwa durch die massive und unspezifische Gabe von Antibiotika im medizinischen Behandlungsalltag oder in der Tierzucht.

Für die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze ist dieses evolutionäre Wettrüsten von Organismus und Pathogenen höchst problematisch. "Das gehäufte Auftreten nicht mehr behandelbarer Erreger, zum Beispiel in Form der gefürchteten multiresistenten Krankenhauskeime, zeigt, dass konventionelle Therapien nicht mehr ausreichen", betont Professor Hinrich Schulenburg, Leiter des "Kiel Evolution Center". Trotz dieser dramatischen Situation spiele die Evolutionsdynamik bei der Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungswege bislang eine wenig beachtete Rolle, so Schulenburg weiter.

Ziel des Symposiums ist daher, die evolutionären Mechanismen der Anpassung von Krankheitserregern und ihre therapeutischen Konsequenzen in den Fokus zu rücken. Während der Veranstaltung präsentieren Forschende verschiedener evolutionswissenschaftlicher Disziplinen eine Auswahl vielversprechender, sich ergänzender Forschungsansätze: In ihren Fachvorträgen geht es zum Beispiel um Evolutionsexperimente zur Erforschung der Resistenzbildung, die genetische Bestandsaufnahme von Krankheitserregern bei Mensch, Tier und Pflanze oder die mathematische Modellierung der Evolutionsdynamik von Pathogenen.

"Die Entwicklung von Strategien gegen die Ausbildung von Behandlungsresistenzen ist eine der wichtigsten Herausforderungen an die heutige Evolutionsforschung. Eine Option könnte sein, dass wir die relevanten Prozesse im Immunsystem kopieren, das ja über Millionen Jahre die Abwehr von Krankheitserregern optimiert hat. Besonders vielversprechend sind hier die vorhandenen Cocktails an antimikrobiellen Peptiden", gibt sich Jens Rolff, Professor für Evolutionsbiologie an der Freien Universität Berlin und Redner beim Kieler Symposium, optimistisch.

In der konsequenten Übertragung evolutionärer Prinzipien auf die Entwicklung neuartiger Therapien liege der Schlüssel, um bedrohliche Infektionskrankheiten auch in Zukunft weiterhin wirksam bekämpfen zu können, ergänzt Rolff.

Die aktuelle Tagung ist Teil der Bestrebungen des KEC, evolutionswissenschaftliche Grundlagenforschung zur Anwendung zu bringen. Neben der exzellenten wissenschaftlichen Arbeit der Kieler Forschenden und ihrer Partnerinnen und Partner sind es Aktivitäten wie diese, mit denen der Wissenschaftsstandort Kiel seine Bedeutung als bundesweit einzigartiger Schwerpunkt in der Evolutionsforschung weiter ausbauen möchte.

• Über das KEC
Das "Kiel Evolution Center" (KEC) als interaktive Wissenschaftsplattform an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) setzt sich zum Ziel, Evolutionsforscherinnen und -forscher in der Region Kiel besser zu koordinieren. Daneben sollen unter dem Schlüsselbegriff "Translationale Evolutionsforschung" gezielt Brücken zwischen Grundlagenforschung und Anwendung geschlagen werden. Neben der Förderung der Wissenschaft stehen ausdrücklich auch Lehre und Öffentlichkeitsarbeit im Fokus des "Kiel Evolution Center". Daran beteiligt sind neben der CAU auch Forschende vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön (MPI EB) und dem Forschungszentrum Borstel (FZB), Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften.


Kontakt:
Prof. Hinrich Schulenburg
Sprecher "Kiel Evolution Center" (KEC), CAU Kiel
E-Mail: hschulenburg@zoologie.uni-kiel.de

Weitere Informationen:

Tagungsprogramm "Symposium on Pathogen Evolution":
http://www.kec.uni-kiel.de/news_events/20170721_KECPathEvolSym.php

Forschungszentrum "Kiel Evolution Center", CAU Kiel:
http://www.kec.uni-kiel.de

Leibniz-WissenschaftsCampus "EvoLUNG", FZ Borstel/CAU Kiel:
http://www.leibniz-gemeinschaft.de/forschung/leibniz-wissenschaftscampi/evolung/

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Presse, Kommunikation und Marketing, Dr. Boris Pawlowski
Postanschrift: D-24098 Kiel
E-Mail: presse@uv.uni-kiel.de
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Instagram: www.instagram.com/kieluni

Text / Redaktion: Christian Urban

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution235

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Dr. Boris Pawlowski, 20.07.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2017

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